Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Kometen.
Cromerus, wußte sich schnell zu helfen, indem er den Kometen
Christianis laetum nuntium clade Turcica et turpi fuga
Mahomedis
nannte. Andere suchten dem Kometen, der nun ein-
mal nichts als Unglück vorhersagen sollte, sein altes Ansehen zu
wahren, und bezogen seine Erscheinung, nicht auf die Flucht der
Türken, sondern auf den bald darauf erfolgten Tod des Helden
jener Tage, Johannes Corvinus Hunjady, an welchem das Chri-
stenthum eine mächtige Stütze verlor.

§. 170. (Zweite Erscheinung.) Die zweite verläßliche
Wiedererscheinung unseres Kometen traf in das Jahr 1531. Er
war dießmal weniger groß und glänzend, auch genoß zu derselben
Zeit ganz Europa eines allgemeinen Friedens. Peter Bienewitz,
oder wie er sich dem damaligen Gebrauche zufolge nannte, Apianus,
kaiserlicher Astronom zu Ingolstadt unter Carl V. und Ferdinand I.
lieferte uns die besten Beobachtungen von diesem Kometen, wie
sie denn zugleich überhaupt die ersten eigentlich astronomischen Beob-
achtungen sind, die wir von diesem Kometen erhalten haben. Er stellte
auch der erste die im Allgemeinen sehr wichtige Bemerkung auf, daß
der Schweif der Kometen der Sonne immer gegenüber stehe, was noth-
wendig auf einen Zusammenhang dieser Himmelskörper mit der
Sonne leiten mußte. Auch in dieser Erscheinung sah man den Kometen
zuerst Morgens am östlichen und später Abends am westlichen Himmel
und obschon auch jetzt noch einige von zwei Kometen sprechen wollten,
so hatte sich doch schon die oben erwähnte richtige Ansicht so sehr
befestiget, daß einer der Astronomen jener Zeit die Vertheidiger
der Duplicität des Kometen ohne weitere Umstände für ein im-
peritum vulgus
erklärte. Desto mehr hingen aber dafür beinahe
alle Astronomen jener Zeit noch an der Meinung, daß diese Him-
melskörper Vorzeichen von herannahenden Unglücksfällen seyn sol-
len. Zwar regte sich bereits da und dort die so lange verborgen
gebliebene Wahrheit, daß diese Körper, den Planeten ähnliche We-
sen, sich so, wie diese, am Himmel bewegen und mit den Schick-
salen der Menschen nichts gemein haben. Aber diese Aeußerungen,
so bescheiden und furchtsam sie auch vorgetragen wurden, hatten
doch das Schicksal, selbst unter den ersten Gelehrten jener Zeit
Gegner zu finden und allgemein für unrichtig, wohl auch für irre-

17 *

Kometen.
Cromerus, wußte ſich ſchnell zu helfen, indem er den Kometen
Christianis laetum nuntium clade Turcica et turpi fuga
Mahomedis
nannte. Andere ſuchten dem Kometen, der nun ein-
mal nichts als Unglück vorherſagen ſollte, ſein altes Anſehen zu
wahren, und bezogen ſeine Erſcheinung, nicht auf die Flucht der
Türken, ſondern auf den bald darauf erfolgten Tod des Helden
jener Tage, Johannes Corvinus Hunjady, an welchem das Chri-
ſtenthum eine mächtige Stütze verlor.

§. 170. (Zweite Erſcheinung.) Die zweite verläßliche
Wiedererſcheinung unſeres Kometen traf in das Jahr 1531. Er
war dießmal weniger groß und glänzend, auch genoß zu derſelben
Zeit ganz Europa eines allgemeinen Friedens. Peter Bienewitz,
oder wie er ſich dem damaligen Gebrauche zufolge nannte, Apianus,
kaiſerlicher Aſtronom zu Ingolſtadt unter Carl V. und Ferdinand I.
lieferte uns die beſten Beobachtungen von dieſem Kometen, wie
ſie denn zugleich überhaupt die erſten eigentlich aſtronomiſchen Beob-
achtungen ſind, die wir von dieſem Kometen erhalten haben. Er ſtellte
auch der erſte die im Allgemeinen ſehr wichtige Bemerkung auf, daß
der Schweif der Kometen der Sonne immer gegenüber ſtehe, was noth-
wendig auf einen Zuſammenhang dieſer Himmelskörper mit der
Sonne leiten mußte. Auch in dieſer Erſcheinung ſah man den Kometen
zuerſt Morgens am öſtlichen und ſpäter Abends am weſtlichen Himmel
und obſchon auch jetzt noch einige von zwei Kometen ſprechen wollten,
ſo hatte ſich doch ſchon die oben erwähnte richtige Anſicht ſo ſehr
befeſtiget, daß einer der Aſtronomen jener Zeit die Vertheidiger
der Duplicität des Kometen ohne weitere Umſtände für ein im-
peritum vulgus
erklärte. Deſto mehr hingen aber dafür beinahe
alle Aſtronomen jener Zeit noch an der Meinung, daß dieſe Him-
melskörper Vorzeichen von herannahenden Unglücksfällen ſeyn ſol-
len. Zwar regte ſich bereits da und dort die ſo lange verborgen
gebliebene Wahrheit, daß dieſe Körper, den Planeten ähnliche We-
ſen, ſich ſo, wie dieſe, am Himmel bewegen und mit den Schick-
ſalen der Menſchen nichts gemein haben. Aber dieſe Aeußerungen,
ſo beſcheiden und furchtſam ſie auch vorgetragen wurden, hatten
doch das Schickſal, ſelbſt unter den erſten Gelehrten jener Zeit
Gegner zu finden und allgemein für unrichtig, wohl auch für irre-

17 *
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0269" n="259"/><fw place="top" type="header">Kometen.</fw><lb/>
Cromerus, wußte &#x017F;ich &#x017F;chnell zu helfen, indem er den Kometen<lb/><hi rendition="#aq">Christianis laetum nuntium clade Turcica et turpi fuga<lb/>
Mahomedis</hi> nannte. Andere &#x017F;uchten dem Kometen, der nun ein-<lb/>
mal nichts als Unglück vorher&#x017F;agen &#x017F;ollte, &#x017F;ein altes An&#x017F;ehen zu<lb/>
wahren, und bezogen &#x017F;eine Er&#x017F;cheinung, nicht auf die Flucht der<lb/>
Türken, &#x017F;ondern auf den bald darauf erfolgten Tod des Helden<lb/>
jener Tage, Johannes Corvinus Hunjady, an welchem das Chri-<lb/>
&#x017F;tenthum eine mächtige Stütze verlor.</p><lb/>
            <p>§. 170. (Zweite Er&#x017F;cheinung.) Die <hi rendition="#g">zweite</hi> verläßliche<lb/>
Wiederer&#x017F;cheinung un&#x017F;eres Kometen traf in das Jahr 1531. Er<lb/>
war dießmal weniger groß und glänzend, auch genoß zu der&#x017F;elben<lb/>
Zeit ganz Europa eines allgemeinen Friedens. Peter Bienewitz,<lb/>
oder wie er &#x017F;ich dem damaligen Gebrauche zufolge nannte, Apianus,<lb/>
kai&#x017F;erlicher A&#x017F;tronom zu Ingol&#x017F;tadt unter Carl <hi rendition="#aq">V.</hi> und Ferdinand <hi rendition="#aq">I.</hi><lb/>
lieferte uns die be&#x017F;ten Beobachtungen von die&#x017F;em Kometen, wie<lb/>
&#x017F;ie denn zugleich überhaupt die er&#x017F;ten eigentlich a&#x017F;tronomi&#x017F;chen Beob-<lb/>
achtungen &#x017F;ind, die wir von die&#x017F;em Kometen erhalten haben. Er &#x017F;tellte<lb/>
auch der er&#x017F;te die im Allgemeinen &#x017F;ehr wichtige Bemerkung auf, daß<lb/>
der Schweif der Kometen der Sonne immer gegenüber &#x017F;tehe, was noth-<lb/>
wendig auf einen Zu&#x017F;ammenhang die&#x017F;er Himmelskörper mit der<lb/>
Sonne leiten mußte. Auch in die&#x017F;er Er&#x017F;cheinung &#x017F;ah man den Kometen<lb/>
zuer&#x017F;t Morgens am ö&#x017F;tlichen und &#x017F;päter Abends am we&#x017F;tlichen Himmel<lb/>
und ob&#x017F;chon auch jetzt noch einige von zwei Kometen &#x017F;prechen wollten,<lb/>
&#x017F;o hatte &#x017F;ich doch &#x017F;chon die oben erwähnte richtige An&#x017F;icht &#x017F;o &#x017F;ehr<lb/>
befe&#x017F;tiget, daß einer der A&#x017F;tronomen jener Zeit die Vertheidiger<lb/>
der Duplicität des Kometen ohne weitere Um&#x017F;tände für ein <hi rendition="#aq">im-<lb/>
peritum vulgus</hi> erklärte. De&#x017F;to mehr hingen aber dafür beinahe<lb/>
alle A&#x017F;tronomen jener Zeit noch an der Meinung, daß die&#x017F;e Him-<lb/>
melskörper Vorzeichen von herannahenden Unglücksfällen &#x017F;eyn &#x017F;ol-<lb/>
len. Zwar regte &#x017F;ich bereits da und dort die &#x017F;o lange verborgen<lb/>
gebliebene Wahrheit, daß die&#x017F;e Körper, den Planeten ähnliche We-<lb/>
&#x017F;en, &#x017F;ich &#x017F;o, wie die&#x017F;e, am Himmel bewegen und mit den Schick-<lb/>
&#x017F;alen der Men&#x017F;chen nichts gemein haben. Aber die&#x017F;e Aeußerungen,<lb/>
&#x017F;o be&#x017F;cheiden und furcht&#x017F;am &#x017F;ie auch vorgetragen wurden, hatten<lb/>
doch das Schick&#x017F;al, &#x017F;elb&#x017F;t unter den er&#x017F;ten Gelehrten jener Zeit<lb/>
Gegner zu finden und allgemein für unrichtig, wohl auch für irre-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">17 *</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[259/0269] Kometen. Cromerus, wußte ſich ſchnell zu helfen, indem er den Kometen Christianis laetum nuntium clade Turcica et turpi fuga Mahomedis nannte. Andere ſuchten dem Kometen, der nun ein- mal nichts als Unglück vorherſagen ſollte, ſein altes Anſehen zu wahren, und bezogen ſeine Erſcheinung, nicht auf die Flucht der Türken, ſondern auf den bald darauf erfolgten Tod des Helden jener Tage, Johannes Corvinus Hunjady, an welchem das Chri- ſtenthum eine mächtige Stütze verlor. §. 170. (Zweite Erſcheinung.) Die zweite verläßliche Wiedererſcheinung unſeres Kometen traf in das Jahr 1531. Er war dießmal weniger groß und glänzend, auch genoß zu derſelben Zeit ganz Europa eines allgemeinen Friedens. Peter Bienewitz, oder wie er ſich dem damaligen Gebrauche zufolge nannte, Apianus, kaiſerlicher Aſtronom zu Ingolſtadt unter Carl V. und Ferdinand I. lieferte uns die beſten Beobachtungen von dieſem Kometen, wie ſie denn zugleich überhaupt die erſten eigentlich aſtronomiſchen Beob- achtungen ſind, die wir von dieſem Kometen erhalten haben. Er ſtellte auch der erſte die im Allgemeinen ſehr wichtige Bemerkung auf, daß der Schweif der Kometen der Sonne immer gegenüber ſtehe, was noth- wendig auf einen Zuſammenhang dieſer Himmelskörper mit der Sonne leiten mußte. Auch in dieſer Erſcheinung ſah man den Kometen zuerſt Morgens am öſtlichen und ſpäter Abends am weſtlichen Himmel und obſchon auch jetzt noch einige von zwei Kometen ſprechen wollten, ſo hatte ſich doch ſchon die oben erwähnte richtige Anſicht ſo ſehr befeſtiget, daß einer der Aſtronomen jener Zeit die Vertheidiger der Duplicität des Kometen ohne weitere Umſtände für ein im- peritum vulgus erklärte. Deſto mehr hingen aber dafür beinahe alle Aſtronomen jener Zeit noch an der Meinung, daß dieſe Him- melskörper Vorzeichen von herannahenden Unglücksfällen ſeyn ſol- len. Zwar regte ſich bereits da und dort die ſo lange verborgen gebliebene Wahrheit, daß dieſe Körper, den Planeten ähnliche We- ſen, ſich ſo, wie dieſe, am Himmel bewegen und mit den Schick- ſalen der Menſchen nichts gemein haben. Aber dieſe Aeußerungen, ſo beſcheiden und furchtſam ſie auch vorgetragen wurden, hatten doch das Schickſal, ſelbſt unter den erſten Gelehrten jener Zeit Gegner zu finden und allgemein für unrichtig, wohl auch für irre- 17 *

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/269
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/269>, abgerufen am 22.11.2024.