gelten, wenn derselbe Astronom nicht hinzugesetzt hätte, daß die Distanz der beiden Spitzen des Halbmonds in derjenigen geraden Linie gelegen wäre, welche die Sonne mit dem Kometen ver- band, da doch jene Distanz auf dieser Linie senkrecht stehen müßte, wenn das, was er sah, eine wahre Phase gewesen wäre.
Uebrigens mag es schwer seyn, bei einem mit so vielen Dünsten umhüllten Körper deutliche Lichtphasen zu bemerken, besonders wenn, wie es nicht unwahrscheinlich ist, diese Dünste selbst ein eigenes, phosphorescirendes Licht haben sollten. Die neuere Physik hat ein anderes Mittel gefunden, wodurch diese Frage vielleicht beantwortet werden kann. Man weiß, daß das Licht, wenn es von andern Körpern unter gewissen Winkeln zurückgeworfen wird, mehrere Eigenschaften äußert, die es erkennen lassen, ob dieses Licht ein direktes oder selbst nur ein reflektirtes Licht ist. Allein die Versuche, die Arago in dieser Beziehung an demselben Kome- ten von 1819 auf der Sternwarte in Paris gemacht hat, haben den Gegenstand noch nicht zur Entscheidung bringen können.
§. 161. (Masse der Kometen.) Es ist bereits oben gesagt worden, daß die Materie, der Stoff, aus welchen die Kometen gewebt sind, äußerst fein und so wenig dicht ist, daß er nicht mehr mit unsern Wolken, und kaum mit unseren Nebeln vergli- chen werden kann. Es ist möglich, daß diese ganzen Massen, so groß auch ihr Volum seyn mag, von den Sonnenstrahlen völlig durchdrungen werden, und daß daher nicht bloß die Oberfläche, sondern auch die inneren Theile derselben noch das Licht der Sonne reflektiren, so daß es nicht nothwendig ist, ein eigenes schwaches Licht dieser Massen anzunehmen. Vielleicht ist selbst ihr Kern nichts anderes, als ein etwas mehr verdichteter Dunst und ein ganzer großer Komet enthält nicht mehr eigentliche Masse, als einer der größeren Meteorsteine, die so oft aus den oberen Räu- men der Atmosphäre auf unsere Erde fallen und die wohl eben solche, nur viel kleinere kosmische Körper sind, als die Planeten selbst. Der bloße Anblick dieser Himmelskörper zeigt schon, daß sie mit den uns bekannten festen Körpern durchaus keine Aehn- lichkeit haben. Sie erscheinen selbst in den besten Fernröhren immer nur als leichte Wolken oder vielmehr als schwache, matt
Littrow's Himmel u. s. Wunder. II. 16
Kometen.
gelten, wenn derſelbe Aſtronom nicht hinzugeſetzt hätte, daß die Diſtanz der beiden Spitzen des Halbmonds in derjenigen geraden Linie gelegen wäre, welche die Sonne mit dem Kometen ver- band, da doch jene Diſtanz auf dieſer Linie ſenkrecht ſtehen müßte, wenn das, was er ſah, eine wahre Phaſe geweſen wäre.
Uebrigens mag es ſchwer ſeyn, bei einem mit ſo vielen Dünſten umhüllten Körper deutliche Lichtphaſen zu bemerken, beſonders wenn, wie es nicht unwahrſcheinlich iſt, dieſe Dünſte ſelbſt ein eigenes, phosphoreſcirendes Licht haben ſollten. Die neuere Phyſik hat ein anderes Mittel gefunden, wodurch dieſe Frage vielleicht beantwortet werden kann. Man weiß, daß das Licht, wenn es von andern Körpern unter gewiſſen Winkeln zurückgeworfen wird, mehrere Eigenſchaften äußert, die es erkennen laſſen, ob dieſes Licht ein direktes oder ſelbſt nur ein reflektirtes Licht iſt. Allein die Verſuche, die Arago in dieſer Beziehung an demſelben Kome- ten von 1819 auf der Sternwarte in Paris gemacht hat, haben den Gegenſtand noch nicht zur Entſcheidung bringen können.
§. 161. (Maſſe der Kometen.) Es iſt bereits oben geſagt worden, daß die Materie, der Stoff, aus welchen die Kometen gewebt ſind, äußerſt fein und ſo wenig dicht iſt, daß er nicht mehr mit unſern Wolken, und kaum mit unſeren Nebeln vergli- chen werden kann. Es iſt möglich, daß dieſe ganzen Maſſen, ſo groß auch ihr Volum ſeyn mag, von den Sonnenſtrahlen völlig durchdrungen werden, und daß daher nicht bloß die Oberfläche, ſondern auch die inneren Theile derſelben noch das Licht der Sonne reflektiren, ſo daß es nicht nothwendig iſt, ein eigenes ſchwaches Licht dieſer Maſſen anzunehmen. Vielleicht iſt ſelbſt ihr Kern nichts anderes, als ein etwas mehr verdichteter Dunſt und ein ganzer großer Komet enthält nicht mehr eigentliche Maſſe, als einer der größeren Meteorſteine, die ſo oft aus den oberen Räu- men der Atmoſphäre auf unſere Erde fallen und die wohl eben ſolche, nur viel kleinere kosmiſche Körper ſind, als die Planeten ſelbſt. Der bloße Anblick dieſer Himmelskörper zeigt ſchon, daß ſie mit den uns bekannten feſten Körpern durchaus keine Aehn- lichkeit haben. Sie erſcheinen ſelbſt in den beſten Fernröhren immer nur als leichte Wolken oder vielmehr als ſchwache, matt
Littrow’s Himmel u. ſ. Wunder. II. 16
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Kometen.
gelten, wenn derſelbe Aſtronom nicht hinzugeſetzt hätte, daß die
Diſtanz der beiden Spitzen des Halbmonds in derjenigen geraden
Linie gelegen wäre, welche die Sonne mit dem Kometen ver-
band, da doch jene Diſtanz auf dieſer Linie ſenkrecht ſtehen müßte,
wenn das, was er ſah, eine wahre Phaſe geweſen wäre.
Uebrigens mag es ſchwer ſeyn, bei einem mit ſo vielen Dünſten
umhüllten Körper deutliche Lichtphaſen zu bemerken, beſonders
wenn, wie es nicht unwahrſcheinlich iſt, dieſe Dünſte ſelbſt ein
eigenes, phosphoreſcirendes Licht haben ſollten. Die neuere Phyſik
hat ein anderes Mittel gefunden, wodurch dieſe Frage vielleicht
beantwortet werden kann. Man weiß, daß das Licht, wenn es
von andern Körpern unter gewiſſen Winkeln zurückgeworfen wird,
mehrere Eigenſchaften äußert, die es erkennen laſſen, ob dieſes
Licht ein direktes oder ſelbſt nur ein reflektirtes Licht iſt. Allein
die Verſuche, die Arago in dieſer Beziehung an demſelben Kome-
ten von 1819 auf der Sternwarte in Paris gemacht hat, haben
den Gegenſtand noch nicht zur Entſcheidung bringen können.
§. 161. (Maſſe der Kometen.) Es iſt bereits oben geſagt
worden, daß die Materie, der Stoff, aus welchen die Kometen
gewebt ſind, äußerſt fein und ſo wenig dicht iſt, daß er nicht
mehr mit unſern Wolken, und kaum mit unſeren Nebeln vergli-
chen werden kann. Es iſt möglich, daß dieſe ganzen Maſſen, ſo
groß auch ihr Volum ſeyn mag, von den Sonnenſtrahlen völlig
durchdrungen werden, und daß daher nicht bloß die Oberfläche,
ſondern auch die inneren Theile derſelben noch das Licht der Sonne
reflektiren, ſo daß es nicht nothwendig iſt, ein eigenes ſchwaches
Licht dieſer Maſſen anzunehmen. Vielleicht iſt ſelbſt ihr Kern
nichts anderes, als ein etwas mehr verdichteter Dunſt und ein
ganzer großer Komet enthält nicht mehr eigentliche Maſſe, als
einer der größeren Meteorſteine, die ſo oft aus den oberen Räu-
men der Atmoſphäre auf unſere Erde fallen und die wohl eben
ſolche, nur viel kleinere kosmiſche Körper ſind, als die Planeten
ſelbſt. Der bloße Anblick dieſer Himmelskörper zeigt ſchon, daß
ſie mit den uns bekannten feſten Körpern durchaus keine Aehn-
lichkeit haben. Sie erſcheinen ſelbſt in den beſten Fernröhren
immer nur als leichte Wolken oder vielmehr als ſchwache, matt
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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/251>, abgerufen am 16.02.2025.
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