Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Mond.
und der Krater dieses nun schon vielleicht seit Jahrtausenden erlo-
schenen Vulkans hat sieben Meilen im Durchmesser! Der Krater
des Aetna in Sicilien hat nur 4000 Fuß oder 1/5 Meile im
Durchmesser. Die Flächen und Thäler, welche diese Ringgebirge
einschließen, haben öfter eine Ausdehnung von acht bis neun hun-
dert Quadratmeilen. Die von den Wallgebirgen eingeschlossenen
Räume sind als Einsenkungen unter der Kugelfläche des Monds,
als leere, trockene Kraterbecken zu betrachten, die weiter keine
Aehnlichkeit mit unseren von Bergrücken eingeschlossenen Ländern,
wie z. B. Böhmen u. dgl. haben, und deren Tiefe, nach Schrö-
ters Messungen, oft bis zu 18000 Fuß geht, die also zuweilen so
tief sind, als unser Chimborasso hoch ist. Einen solchen Krater
findet man z. B. bei Cleomedes, an der Nordseite des Mare Cri-
sium,
nahe an dem westlichen Rande der Karte; er hat 31/2 Mei-
len in seinem obersten Durchmesser und über 15000 Fuß Tiefe.
Welch' ein Anblick für ein menschliches Auge, in einen Kessel
von 31/2 Meilen im Durchmesser und von der Tiefe unserer höch-
sten Berge hinab zu schauen.

Die Ringgebirge, welche diese Krater umgeben, haben das
Merkwürdige, daß die Masse dieser Berge immer sehr nahe so
groß ist, als eben hinreichen würde, den Krater auszufüllen, den
sie umgeben. Schröter hat sich Modelle von diesen Gegenständen
gemacht und diese Bemerkung immer bestätiget gefunden. Dieser
Ring scheint daher dieselbe Masse zu seyn, die den Krater vor
seiner Entstehung ausgefüllt hat, zum Zeichen, daß diese Krater,
womit die Oberfläche des Mondes gleichsam übersäet ist, nicht durch
Einsturz, sondern durch Eruption entstanden sind. Auch scheint
daraus zu folgen, daß die durch innere Gährung an die Ober-
fläche geschleuderte Masse des Mondes zu jener Zeit sich in keinem
flüssigen Zustande befunden hat, weil sie nicht, wie die Lava un-
serer Vulkane, am Rande des Kraters stromartig abgeflossen ist,
sondern nur in der Nähe der Oeffnung sich rings um dieselbe
wallförmig angelegt hat. Uebrigens zeigt das Innere dieser un-
geheuern Höhlungen, mit starken Fernröhren betrachtet, ganz den-
selben vulkanischen Charakter, wie man ihn bei unserm Vesuv und
auf der Karte der Campi Phlegraei von Breislak, oder auf der

Der Mond.
und der Krater dieſes nun ſchon vielleicht ſeit Jahrtauſenden erlo-
ſchenen Vulkans hat ſieben Meilen im Durchmeſſer! Der Krater
des Aetna in Sicilien hat nur 4000 Fuß oder ⅕ Meile im
Durchmeſſer. Die Flächen und Thäler, welche dieſe Ringgebirge
einſchließen, haben öfter eine Ausdehnung von acht bis neun hun-
dert Quadratmeilen. Die von den Wallgebirgen eingeſchloſſenen
Räume ſind als Einſenkungen unter der Kugelfläche des Monds,
als leere, trockene Kraterbecken zu betrachten, die weiter keine
Aehnlichkeit mit unſeren von Bergrücken eingeſchloſſenen Ländern,
wie z. B. Böhmen u. dgl. haben, und deren Tiefe, nach Schrö-
ters Meſſungen, oft bis zu 18000 Fuß geht, die alſo zuweilen ſo
tief ſind, als unſer Chimboraſſo hoch iſt. Einen ſolchen Krater
findet man z. B. bei Cleomedes, an der Nordſeite des Mare Cri-
sium,
nahe an dem weſtlichen Rande der Karte; er hat 3½ Mei-
len in ſeinem oberſten Durchmeſſer und über 15000 Fuß Tiefe.
Welch’ ein Anblick für ein menſchliches Auge, in einen Keſſel
von 3½ Meilen im Durchmeſſer und von der Tiefe unſerer höch-
ſten Berge hinab zu ſchauen.

Die Ringgebirge, welche dieſe Krater umgeben, haben das
Merkwürdige, daß die Maſſe dieſer Berge immer ſehr nahe ſo
groß iſt, als eben hinreichen würde, den Krater auszufüllen, den
ſie umgeben. Schröter hat ſich Modelle von dieſen Gegenſtänden
gemacht und dieſe Bemerkung immer beſtätiget gefunden. Dieſer
Ring ſcheint daher dieſelbe Maſſe zu ſeyn, die den Krater vor
ſeiner Entſtehung ausgefüllt hat, zum Zeichen, daß dieſe Krater,
womit die Oberfläche des Mondes gleichſam überſäet iſt, nicht durch
Einſturz, ſondern durch Eruption entſtanden ſind. Auch ſcheint
daraus zu folgen, daß die durch innere Gährung an die Ober-
fläche geſchleuderte Maſſe des Mondes zu jener Zeit ſich in keinem
flüſſigen Zuſtande befunden hat, weil ſie nicht, wie die Lava un-
ſerer Vulkane, am Rande des Kraters ſtromartig abgefloſſen iſt,
ſondern nur in der Nähe der Oeffnung ſich rings um dieſelbe
wallförmig angelegt hat. Uebrigens zeigt das Innere dieſer un-
geheuern Höhlungen, mit ſtarken Fernröhren betrachtet, ganz den-
ſelben vulkaniſchen Charakter, wie man ihn bei unſerm Veſuv und
auf der Karte der Campi Phlegraei von Breislak, oder auf der

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0201" n="191"/><fw place="top" type="header">Der Mond.</fw><lb/>
und der Krater die&#x017F;es nun &#x017F;chon vielleicht &#x017F;eit Jahrtau&#x017F;enden erlo-<lb/>
&#x017F;chenen Vulkans hat &#x017F;ieben Meilen im Durchme&#x017F;&#x017F;er! Der Krater<lb/>
des Aetna in Sicilien hat nur 4000 Fuß oder &#x2155; Meile im<lb/>
Durchme&#x017F;&#x017F;er. Die Flächen und Thäler, welche die&#x017F;e Ringgebirge<lb/>
ein&#x017F;chließen, haben öfter eine Ausdehnung von acht bis neun hun-<lb/>
dert Quadratmeilen. Die von den Wallgebirgen einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen<lb/>
Räume &#x017F;ind als Ein&#x017F;enkungen unter der Kugelfläche des Monds,<lb/>
als leere, trockene Kraterbecken zu betrachten, die weiter keine<lb/>
Aehnlichkeit mit un&#x017F;eren von Bergrücken einge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Ländern,<lb/>
wie z. B. Böhmen u. dgl. haben, und deren Tiefe, nach Schrö-<lb/>
ters Me&#x017F;&#x017F;ungen, oft bis zu 18000 Fuß geht, die al&#x017F;o zuweilen &#x017F;o<lb/>
tief &#x017F;ind, als un&#x017F;er Chimbora&#x017F;&#x017F;o hoch i&#x017F;t. Einen &#x017F;olchen Krater<lb/>
findet man z. B. bei Cleomedes, an der Nord&#x017F;eite des <hi rendition="#aq">Mare Cri-<lb/>
sium,</hi> nahe an dem we&#x017F;tlichen Rande der Karte; er hat 3½ Mei-<lb/>
len in &#x017F;einem ober&#x017F;ten Durchme&#x017F;&#x017F;er und über 15000 Fuß Tiefe.<lb/>
Welch&#x2019; ein Anblick für ein men&#x017F;chliches Auge, in einen Ke&#x017F;&#x017F;el<lb/>
von 3½ Meilen im Durchme&#x017F;&#x017F;er und von der Tiefe un&#x017F;erer höch-<lb/>
&#x017F;ten Berge hinab zu &#x017F;chauen.</p><lb/>
            <p>Die Ringgebirge, welche die&#x017F;e Krater umgeben, haben das<lb/>
Merkwürdige, daß die Ma&#x017F;&#x017F;e die&#x017F;er Berge immer &#x017F;ehr nahe &#x017F;o<lb/>
groß i&#x017F;t, als eben hinreichen würde, den Krater auszufüllen, den<lb/>
&#x017F;ie umgeben. Schröter hat &#x017F;ich Modelle von die&#x017F;en Gegen&#x017F;tänden<lb/>
gemacht und die&#x017F;e Bemerkung immer be&#x017F;tätiget gefunden. Die&#x017F;er<lb/>
Ring &#x017F;cheint daher die&#x017F;elbe Ma&#x017F;&#x017F;e zu &#x017F;eyn, die den Krater vor<lb/>
&#x017F;einer Ent&#x017F;tehung ausgefüllt hat, zum Zeichen, daß die&#x017F;e Krater,<lb/>
womit die Oberfläche des Mondes gleich&#x017F;am über&#x017F;äet i&#x017F;t, nicht durch<lb/>
Ein&#x017F;turz, &#x017F;ondern durch Eruption ent&#x017F;tanden &#x017F;ind. Auch &#x017F;cheint<lb/>
daraus zu folgen, daß die durch innere Gährung an die Ober-<lb/>
fläche ge&#x017F;chleuderte Ma&#x017F;&#x017F;e des Mondes zu jener Zeit &#x017F;ich in keinem<lb/>
flü&#x017F;&#x017F;igen Zu&#x017F;tande befunden hat, weil &#x017F;ie nicht, wie die Lava un-<lb/>
&#x017F;erer Vulkane, am Rande des Kraters &#x017F;tromartig abgeflo&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t,<lb/>
&#x017F;ondern nur in der Nähe der Oeffnung &#x017F;ich rings um die&#x017F;elbe<lb/>
wallförmig angelegt hat. Uebrigens zeigt das Innere die&#x017F;er un-<lb/>
geheuern Höhlungen, mit &#x017F;tarken Fernröhren betrachtet, ganz den-<lb/>
&#x017F;elben vulkani&#x017F;chen Charakter, wie man ihn bei un&#x017F;erm Ve&#x017F;uv und<lb/>
auf der Karte der <hi rendition="#aq">Campi Phlegraei</hi> von <hi rendition="#aq">Breislak,</hi> oder auf der<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[191/0201] Der Mond. und der Krater dieſes nun ſchon vielleicht ſeit Jahrtauſenden erlo- ſchenen Vulkans hat ſieben Meilen im Durchmeſſer! Der Krater des Aetna in Sicilien hat nur 4000 Fuß oder ⅕ Meile im Durchmeſſer. Die Flächen und Thäler, welche dieſe Ringgebirge einſchließen, haben öfter eine Ausdehnung von acht bis neun hun- dert Quadratmeilen. Die von den Wallgebirgen eingeſchloſſenen Räume ſind als Einſenkungen unter der Kugelfläche des Monds, als leere, trockene Kraterbecken zu betrachten, die weiter keine Aehnlichkeit mit unſeren von Bergrücken eingeſchloſſenen Ländern, wie z. B. Böhmen u. dgl. haben, und deren Tiefe, nach Schrö- ters Meſſungen, oft bis zu 18000 Fuß geht, die alſo zuweilen ſo tief ſind, als unſer Chimboraſſo hoch iſt. Einen ſolchen Krater findet man z. B. bei Cleomedes, an der Nordſeite des Mare Cri- sium, nahe an dem weſtlichen Rande der Karte; er hat 3½ Mei- len in ſeinem oberſten Durchmeſſer und über 15000 Fuß Tiefe. Welch’ ein Anblick für ein menſchliches Auge, in einen Keſſel von 3½ Meilen im Durchmeſſer und von der Tiefe unſerer höch- ſten Berge hinab zu ſchauen. Die Ringgebirge, welche dieſe Krater umgeben, haben das Merkwürdige, daß die Maſſe dieſer Berge immer ſehr nahe ſo groß iſt, als eben hinreichen würde, den Krater auszufüllen, den ſie umgeben. Schröter hat ſich Modelle von dieſen Gegenſtänden gemacht und dieſe Bemerkung immer beſtätiget gefunden. Dieſer Ring ſcheint daher dieſelbe Maſſe zu ſeyn, die den Krater vor ſeiner Entſtehung ausgefüllt hat, zum Zeichen, daß dieſe Krater, womit die Oberfläche des Mondes gleichſam überſäet iſt, nicht durch Einſturz, ſondern durch Eruption entſtanden ſind. Auch ſcheint daraus zu folgen, daß die durch innere Gährung an die Ober- fläche geſchleuderte Maſſe des Mondes zu jener Zeit ſich in keinem flüſſigen Zuſtande befunden hat, weil ſie nicht, wie die Lava un- ſerer Vulkane, am Rande des Kraters ſtromartig abgefloſſen iſt, ſondern nur in der Nähe der Oeffnung ſich rings um dieſelbe wallförmig angelegt hat. Uebrigens zeigt das Innere dieſer un- geheuern Höhlungen, mit ſtarken Fernröhren betrachtet, ganz den- ſelben vulkaniſchen Charakter, wie man ihn bei unſerm Veſuv und auf der Karte der Campi Phlegraei von Breislak, oder auf der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/201
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/201>, abgerufen am 21.11.2024.