Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835.Der Mond. der Lichtgränze, wo die helle Phase des Mondes sich von der dunklenscheidet, liegen alle die Orte, denen die Sonne eben auf- oder untergeht, und eben hier sind auch die Schatten, welche die Gipfel der Berge, so wie diejenigen, welche die hohen Wälle der Thäler in ihre Höhlungen werfen, durchaus die längsten. Im Gegentheile werden diese Schatten für alle Orte immer kürzer, je tiefer diese Orte selbst in der Lichtseite liegen, weil für sie der Tag schon längst angefangen und die Sonne schon eine größere Höhe über ihrem Horizonte erreicht hat. Zur Zeit des Vollmondes endlich, wo die Bewohner der Mitte der jetzt ganz beleuchteten Scheibe eben Mittag und daher die Sonne in ihrem Zenithe haben, bemerkt man von diesen Schatten beinahe keine Spur mehr, so wenig, als man sie in unserer heißen Zone bei allen senkrechten Gegenständen in dem Mittage desjenigen Ta- ges bemerkt, an welchem die Sonne in dem Scheitel dieser Ge- genstände steht. Aus dieser Ursache ist auch die beste Zeit der Beobachtung, die Zeit, wo man den Mond in seinem günstigsten und auffallendsten Lichte sieht, keineswegs der Vollmond, sondern vielmehr die Tage kurz vor und nach dem Neumonde, wo er nur als ein feiner Silberfaden oder als eine schmale Sichel am Him- mel steht und die Schatten seiner Berge und Schluchten am deut- lichsten und grellsten erscheinen. Ueber die Benennungen dieser Berge und Thäler, wie sie von verschiedenen Astronomen vorge- schlagen wurden, haben wir bereits oben (S. 76) einige Nach- richten mitgetheilt, für das nun Folgende ersuchen wir die Leser, die Mondkarte am Ende des gegenwärtigen Theils aufzuschlagen. §. 134. (Nähere Beschreibung der Mondsberge.) Bemerken Der Mond. der Lichtgränze, wo die helle Phaſe des Mondes ſich von der dunklenſcheidet, liegen alle die Orte, denen die Sonne eben auf- oder untergeht, und eben hier ſind auch die Schatten, welche die Gipfel der Berge, ſo wie diejenigen, welche die hohen Wälle der Thäler in ihre Höhlungen werfen, durchaus die längſten. Im Gegentheile werden dieſe Schatten für alle Orte immer kürzer, je tiefer dieſe Orte ſelbſt in der Lichtſeite liegen, weil für ſie der Tag ſchon längſt angefangen und die Sonne ſchon eine größere Höhe über ihrem Horizonte erreicht hat. Zur Zeit des Vollmondes endlich, wo die Bewohner der Mitte der jetzt ganz beleuchteten Scheibe eben Mittag und daher die Sonne in ihrem Zenithe haben, bemerkt man von dieſen Schatten beinahe keine Spur mehr, ſo wenig, als man ſie in unſerer heißen Zone bei allen ſenkrechten Gegenſtänden in dem Mittage desjenigen Ta- ges bemerkt, an welchem die Sonne in dem Scheitel dieſer Ge- genſtände ſteht. Aus dieſer Urſache iſt auch die beſte Zeit der Beobachtung, die Zeit, wo man den Mond in ſeinem günſtigſten und auffallendſten Lichte ſieht, keineswegs der Vollmond, ſondern vielmehr die Tage kurz vor und nach dem Neumonde, wo er nur als ein feiner Silberfaden oder als eine ſchmale Sichel am Him- mel ſteht und die Schatten ſeiner Berge und Schluchten am deut- lichſten und grellſten erſcheinen. Ueber die Benennungen dieſer Berge und Thäler, wie ſie von verſchiedenen Aſtronomen vorge- ſchlagen wurden, haben wir bereits oben (S. 76) einige Nach- richten mitgetheilt, für das nun Folgende erſuchen wir die Leſer, die Mondkarte am Ende des gegenwärtigen Theils aufzuſchlagen. §. 134. (Nähere Beſchreibung der Mondsberge.) Bemerken <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0198" n="188"/><fw place="top" type="header">Der Mond.</fw><lb/> der Lichtgränze, wo die helle Phaſe des Mondes ſich von der dunklen<lb/> ſcheidet, liegen alle die Orte, denen die Sonne eben auf- oder untergeht,<lb/> und eben hier ſind auch die Schatten, welche die Gipfel der Berge, ſo<lb/> wie diejenigen, welche die hohen Wälle der Thäler in ihre Höhlungen<lb/> werfen, durchaus die längſten. 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Der Mond.
der Lichtgränze, wo die helle Phaſe des Mondes ſich von der dunklen
ſcheidet, liegen alle die Orte, denen die Sonne eben auf- oder untergeht,
und eben hier ſind auch die Schatten, welche die Gipfel der Berge, ſo
wie diejenigen, welche die hohen Wälle der Thäler in ihre Höhlungen
werfen, durchaus die längſten. Im Gegentheile werden dieſe Schatten
für alle Orte immer kürzer, je tiefer dieſe Orte ſelbſt in der Lichtſeite
liegen, weil für ſie der Tag ſchon längſt angefangen und die Sonne
ſchon eine größere Höhe über ihrem Horizonte erreicht hat. Zur Zeit
des Vollmondes endlich, wo die Bewohner der Mitte der jetzt
ganz beleuchteten Scheibe eben Mittag und daher die Sonne in
ihrem Zenithe haben, bemerkt man von dieſen Schatten beinahe
keine Spur mehr, ſo wenig, als man ſie in unſerer heißen Zone
bei allen ſenkrechten Gegenſtänden in dem Mittage desjenigen Ta-
ges bemerkt, an welchem die Sonne in dem Scheitel dieſer Ge-
genſtände ſteht. Aus dieſer Urſache iſt auch die beſte Zeit der
Beobachtung, die Zeit, wo man den Mond in ſeinem günſtigſten
und auffallendſten Lichte ſieht, keineswegs der Vollmond, ſondern
vielmehr die Tage kurz vor und nach dem Neumonde, wo er nur
als ein feiner Silberfaden oder als eine ſchmale Sichel am Him-
mel ſteht und die Schatten ſeiner Berge und Schluchten am deut-
lichſten und grellſten erſcheinen. Ueber die Benennungen dieſer
Berge und Thäler, wie ſie von verſchiedenen Aſtronomen vorge-
ſchlagen wurden, haben wir bereits oben (S. 76) einige Nach-
richten mitgetheilt, für das nun Folgende erſuchen wir die Leſer,
die Mondkarte am Ende des gegenwärtigen Theils aufzuſchlagen.
§. 134. (Nähere Beſchreibung der Mondsberge.) Bemerken
wir zuerſt von dieſen Bergen die wahrhaft ungeheuere Höhe der-
ſelben. Der Chimboraſſo, der ſonſt immer als der höchſte Berg
der Erde angegeben wurde, hat eine Höhe von 19320 Par. Fuß
über der Meeresfläche und beträgt daher nur den 1017ten Theil
des Erdhalbmeſſers. Der Dhawalagiri im Himalaja-Gebirge ſoll
24150 P. Fuß Höhe haben, und würde daher den 812ten Theil
des Halbmeſſers der Erde betragen. Ein Globus, auf welchem der
letzte Berg in der Höhe eines Zolles erſcheinen ſollte, müßte da-
her gegen 180 Fuß im Durchmeſſer haben. Allein Schröter hat
Berge im Mond gefunden, deren Höhe 25000 P. Fuß beträgt,
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