daß wir alle Genüsse, die sie uns, den Menschen und den Thie- ren, anbietet, durch jene fünf Kanäle in uns aufnehmen können. Allein ein anderer Planet, eine andere Natur wird vielleicht auch andere Sinne voraussetzen, und wir haben keinen Grund zu be- haupten, daß auf jedem Planeten nur die Erscheinungen unserer Erde immer wieder kommen werden.
Obschon es also wohl am klügsten wäre, über diese Dinge, von welchen wir nichts wissen und nichts wissen können, auch wei- ter nichts zu sprechen, so haben es, wie gesagt, doch mehrere schätz- bare Astronomen sich erlaubt, einige ihrer Nebenstunden einem Ausfluge in jene unbekannten Gegenden zu widmen, und so wird es auch uns gegönnt seyn, die Ausbeute, die jene von ihren Ex- cursionen zurück gebracht haben, etwas näher anzusehen.
Auf diese Weise hat sich also auch Huygens mit den bereits angeführten, allgemeinen Bemerkungen über jene Weltkörper nicht begnügt, sondern er versuchte es, auf jeden einzelnen dersel- ben herabzusteigen und uns einige nähere Nachrichten von ihm mitzutheilen.
Auf dem Merkur, sagt er, wo die Sonnenscheibe siebenmal größer, als bei uns erscheint, herrscht eine so intensive Hitze, daß alle unsere Pflanzen verdorren und wir selbst in kurzer Zeit zu Grunde gehen müßten. Die Pflanzen und Thiere sind daher dort so eingerichtet, daß sie diese höhere Temperatur sehr gut ertragen, und daß sie sich in einem Zustande wohl befinden können, den wir für das größte Unglück ansehen müßten. Die Bewohner dieses Planeten glauben, daß wir vor Kälte schon längst alle erstarrt sind, wie wir wohl dasselbe von den Leuten im Uranus glauben, wäh- rend wir alle, jeder in seiner Welt, uns recht wohl befinden. Da aber, fährt Huygens weiter fort, mit der Wärme das Leben des Körpers sowohl, als auch die Kraft und Lebhaftigkeit des Geistes so innig zusammenhängt, so ist nicht zu zweifeln, daß die Hermo- politen uns armen Erdbewohnern an geistigen Fähigkeiten weit überlegen sind. Warum aber, fragt er sich selbst, warum gilt nicht dasselbe auch von den Bewohnern Afrika's oder Südamerika's, die es doch auch viel heißer haben, als wir und die demungeachtet an Geisteskraft den Europäern so weit nachstehen? Dazu kömmt,
Uranus.
daß wir alle Genüſſe, die ſie uns, den Menſchen und den Thie- ren, anbietet, durch jene fünf Kanäle in uns aufnehmen können. Allein ein anderer Planet, eine andere Natur wird vielleicht auch andere Sinne vorausſetzen, und wir haben keinen Grund zu be- haupten, daß auf jedem Planeten nur die Erſcheinungen unſerer Erde immer wieder kommen werden.
Obſchon es alſo wohl am klügſten wäre, über dieſe Dinge, von welchen wir nichts wiſſen und nichts wiſſen können, auch wei- ter nichts zu ſprechen, ſo haben es, wie geſagt, doch mehrere ſchätz- bare Aſtronomen ſich erlaubt, einige ihrer Nebenſtunden einem Ausfluge in jene unbekannten Gegenden zu widmen, und ſo wird es auch uns gegönnt ſeyn, die Ausbeute, die jene von ihren Ex- curſionen zurück gebracht haben, etwas näher anzuſehen.
Auf dieſe Weiſe hat ſich alſo auch Huygens mit den bereits angeführten, allgemeinen Bemerkungen über jene Weltkörper nicht begnügt, ſondern er verſuchte es, auf jeden einzelnen derſel- ben herabzuſteigen und uns einige nähere Nachrichten von ihm mitzutheilen.
Auf dem Merkur, ſagt er, wo die Sonnenſcheibe ſiebenmal größer, als bei uns erſcheint, herrſcht eine ſo intenſive Hitze, daß alle unſere Pflanzen verdorren und wir ſelbſt in kurzer Zeit zu Grunde gehen müßten. Die Pflanzen und Thiere ſind daher dort ſo eingerichtet, daß ſie dieſe höhere Temperatur ſehr gut ertragen, und daß ſie ſich in einem Zuſtande wohl befinden können, den wir für das größte Unglück anſehen müßten. Die Bewohner dieſes Planeten glauben, daß wir vor Kälte ſchon längſt alle erſtarrt ſind, wie wir wohl daſſelbe von den Leuten im Uranus glauben, wäh- rend wir alle, jeder in ſeiner Welt, uns recht wohl befinden. Da aber, fährt Huygens weiter fort, mit der Wärme das Leben des Körpers ſowohl, als auch die Kraft und Lebhaftigkeit des Geiſtes ſo innig zuſammenhängt, ſo iſt nicht zu zweifeln, daß die Hermo- politen uns armen Erdbewohnern an geiſtigen Fähigkeiten weit überlegen ſind. Warum aber, fragt er ſich ſelbſt, warum gilt nicht daſſelbe auch von den Bewohnern Afrika’s oder Südamerika’s, die es doch auch viel heißer haben, als wir und die demungeachtet an Geiſteskraft den Europäern ſo weit nachſtehen? Dazu kömmt,
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Uranus.
daß wir alle Genüſſe, die ſie uns, den Menſchen und den Thie-
ren, anbietet, durch jene fünf Kanäle in uns aufnehmen können.
Allein ein anderer Planet, eine andere Natur wird vielleicht auch
andere Sinne vorausſetzen, und wir haben keinen Grund zu be-
haupten, daß auf jedem Planeten nur die Erſcheinungen unſerer
Erde immer wieder kommen werden.
Obſchon es alſo wohl am klügſten wäre, über dieſe Dinge,
von welchen wir nichts wiſſen und nichts wiſſen können, auch wei-
ter nichts zu ſprechen, ſo haben es, wie geſagt, doch mehrere ſchätz-
bare Aſtronomen ſich erlaubt, einige ihrer Nebenſtunden einem
Ausfluge in jene unbekannten Gegenden zu widmen, und ſo wird
es auch uns gegönnt ſeyn, die Ausbeute, die jene von ihren Ex-
curſionen zurück gebracht haben, etwas näher anzuſehen.
Auf dieſe Weiſe hat ſich alſo auch Huygens mit den bereits
angeführten, allgemeinen Bemerkungen über jene Weltkörper
nicht begnügt, ſondern er verſuchte es, auf jeden einzelnen derſel-
ben herabzuſteigen und uns einige nähere Nachrichten von ihm
mitzutheilen.
Auf dem Merkur, ſagt er, wo die Sonnenſcheibe ſiebenmal
größer, als bei uns erſcheint, herrſcht eine ſo intenſive Hitze, daß
alle unſere Pflanzen verdorren und wir ſelbſt in kurzer Zeit zu
Grunde gehen müßten. Die Pflanzen und Thiere ſind daher dort
ſo eingerichtet, daß ſie dieſe höhere Temperatur ſehr gut ertragen,
und daß ſie ſich in einem Zuſtande wohl befinden können, den wir
für das größte Unglück anſehen müßten. Die Bewohner dieſes
Planeten glauben, daß wir vor Kälte ſchon längſt alle erſtarrt ſind,
wie wir wohl daſſelbe von den Leuten im Uranus glauben, wäh-
rend wir alle, jeder in ſeiner Welt, uns recht wohl befinden. Da
aber, fährt Huygens weiter fort, mit der Wärme das Leben des
Körpers ſowohl, als auch die Kraft und Lebhaftigkeit des Geiſtes
ſo innig zuſammenhängt, ſo iſt nicht zu zweifeln, daß die Hermo-
politen uns armen Erdbewohnern an geiſtigen Fähigkeiten weit
überlegen ſind. Warum aber, fragt er ſich ſelbſt, warum gilt nicht
daſſelbe auch von den Bewohnern Afrika’s oder Südamerika’s,
die es doch auch viel heißer haben, als wir und die demungeachtet
an Geiſteskraft den Europäern ſo weit nachſtehen? Dazu kömmt,
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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 2. Stuttgart, 1835, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem02_1835/175>, abgerufen am 16.02.2025.
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