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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834.

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Tägliche Bewegung der Erde.
befinden, und ohne auf- und unterzugehen (24. IV.) täglich ihre
kreisförmige Bahn um einen festen Punkt, der dem Polarstern
sehr nahe ist, zurücklegen. So sieht man z. B. von dem oben
erwähnten Sternbilde des Wagens zur Zeit, wo es senkrecht unter
dem Polarsterne steht, die Deichsel nahe horizontal und gegen
West gerichtet. Nach sechs Stunden aber steht der Wagen östlich
in gleicher Höhe mit dem Polarsterne, und die Deichsel senkrecht
abwärts. Nach sechs weiteren Stunden ist der Wagen senkrecht
über dem Sterne, und die horizontale Deichsel richtet sich nach
Osten. Wieder nach sechs Stunden steht der Wagen wieder
westlich vom Sterne, und seine Deichsel erscheint senkrecht aufwärts
gestellt, bis endlich, wenn volle vier und zwanzig Stunden seit
dem ersten Zeitpunkte verflossen sind, das ganze Gestirn wieder
seine erste Lage unter dem Polarsterne einnimmt. Während dieser
Zeit hat jedes einzelne Gestirn dieses Sternbildes seinen ganzen
Kreis um jenen festen Punkt, um den Pol des Himmels, zurück-
gelegt, und dieser Kreis ist in demselben Verhältnisse größer (24),
in welchem die Entfernung des Sternes von jenem festen Punkte
wächst.

Wenn diese Entfernung noch weiter zunimmt, und endlich
größer wird, als die Höhe des Polarsternes über unserem Hori-
zonte, so werden uns die unteren Theile dieser Kreise von dem
Horizont bedeckt, und daher für uns unsichtbar. Allein wir haben
bereits oben bemerkt, daß man nur von Süd nach Nord reisen
darf, um den Polarstern immer in einer größeren Höhe zu er-
blicken, so daß also für die nördlicheren Gegenden unserer Erde
immer mehr Sterne in allen Punkten ihrer Bahn sichtbar blei-
ben, zum Beweise, daß auch diejenigen Sterne, welche für süd-
lichere Gegenden nur den oberen Theil ihres Kreises sichtbar
haben, den unteren Theil desselben, der von unserer Erde verdeckt
wird, unter dem Horizont zurücklegen. Könnte man, wie Parry
und Rase in unseren Tagen versuchten, so weit gegen Norden vor-
dringen, daß der Polarstern endlich senkrecht über uns oder in
unserem Zenithe stünde, so würden wir alle Sterne des uns
dort sichtbaren Himmels ohne Ausnahme ganze Kreise beschreiben
sehen, die dort sämmtlich dem Horizont parallel, und immer
größer seyn würden, je näher sie dem Horizont selbst kommen.

Tägliche Bewegung der Erde.
befinden, und ohne auf- und unterzugehen (24. IV.) täglich ihre
kreisförmige Bahn um einen feſten Punkt, der dem Polarſtern
ſehr nahe iſt, zurücklegen. So ſieht man z. B. von dem oben
erwähnten Sternbilde des Wagens zur Zeit, wo es ſenkrecht unter
dem Polarſterne ſteht, die Deichſel nahe horizontal und gegen
Weſt gerichtet. Nach ſechs Stunden aber ſteht der Wagen öſtlich
in gleicher Höhe mit dem Polarſterne, und die Deichſel ſenkrecht
abwärts. Nach ſechs weiteren Stunden iſt der Wagen ſenkrecht
über dem Sterne, und die horizontale Deichſel richtet ſich nach
Oſten. Wieder nach ſechs Stunden ſteht der Wagen wieder
weſtlich vom Sterne, und ſeine Deichſel erſcheint ſenkrecht aufwärts
geſtellt, bis endlich, wenn volle vier und zwanzig Stunden ſeit
dem erſten Zeitpunkte verfloſſen ſind, das ganze Geſtirn wieder
ſeine erſte Lage unter dem Polarſterne einnimmt. Während dieſer
Zeit hat jedes einzelne Geſtirn dieſes Sternbildes ſeinen ganzen
Kreis um jenen feſten Punkt, um den Pol des Himmels, zurück-
gelegt, und dieſer Kreis iſt in demſelben Verhältniſſe größer (24),
in welchem die Entfernung des Sternes von jenem feſten Punkte
wächst.

Wenn dieſe Entfernung noch weiter zunimmt, und endlich
größer wird, als die Höhe des Polarſternes über unſerem Hori-
zonte, ſo werden uns die unteren Theile dieſer Kreiſe von dem
Horizont bedeckt, und daher für uns unſichtbar. Allein wir haben
bereits oben bemerkt, daß man nur von Süd nach Nord reiſen
darf, um den Polarſtern immer in einer größeren Höhe zu er-
blicken, ſo daß alſo für die nördlicheren Gegenden unſerer Erde
immer mehr Sterne in allen Punkten ihrer Bahn ſichtbar blei-
ben, zum Beweiſe, daß auch diejenigen Sterne, welche für ſüd-
lichere Gegenden nur den oberen Theil ihres Kreiſes ſichtbar
haben, den unteren Theil deſſelben, der von unſerer Erde verdeckt
wird, unter dem Horizont zurücklegen. Könnte man, wie Parry
und Raſe in unſeren Tagen verſuchten, ſo weit gegen Norden vor-
dringen, daß der Polarſtern endlich ſenkrecht über uns oder in
unſerem Zenithe ſtünde, ſo würden wir alle Sterne des uns
dort ſichtbaren Himmels ohne Ausnahme ganze Kreiſe beſchreiben
ſehen, die dort ſämmtlich dem Horizont parallel, und immer
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[57/0069] Tägliche Bewegung der Erde. befinden, und ohne auf- und unterzugehen (24. IV.) täglich ihre kreisförmige Bahn um einen feſten Punkt, der dem Polarſtern ſehr nahe iſt, zurücklegen. So ſieht man z. B. von dem oben erwähnten Sternbilde des Wagens zur Zeit, wo es ſenkrecht unter dem Polarſterne ſteht, die Deichſel nahe horizontal und gegen Weſt gerichtet. Nach ſechs Stunden aber ſteht der Wagen öſtlich in gleicher Höhe mit dem Polarſterne, und die Deichſel ſenkrecht abwärts. Nach ſechs weiteren Stunden iſt der Wagen ſenkrecht über dem Sterne, und die horizontale Deichſel richtet ſich nach Oſten. Wieder nach ſechs Stunden ſteht der Wagen wieder weſtlich vom Sterne, und ſeine Deichſel erſcheint ſenkrecht aufwärts geſtellt, bis endlich, wenn volle vier und zwanzig Stunden ſeit dem erſten Zeitpunkte verfloſſen ſind, das ganze Geſtirn wieder ſeine erſte Lage unter dem Polarſterne einnimmt. Während dieſer Zeit hat jedes einzelne Geſtirn dieſes Sternbildes ſeinen ganzen Kreis um jenen feſten Punkt, um den Pol des Himmels, zurück- gelegt, und dieſer Kreis iſt in demſelben Verhältniſſe größer (24), in welchem die Entfernung des Sternes von jenem feſten Punkte wächst. Wenn dieſe Entfernung noch weiter zunimmt, und endlich größer wird, als die Höhe des Polarſternes über unſerem Hori- zonte, ſo werden uns die unteren Theile dieſer Kreiſe von dem Horizont bedeckt, und daher für uns unſichtbar. Allein wir haben bereits oben bemerkt, daß man nur von Süd nach Nord reiſen darf, um den Polarſtern immer in einer größeren Höhe zu er- blicken, ſo daß alſo für die nördlicheren Gegenden unſerer Erde immer mehr Sterne in allen Punkten ihrer Bahn ſichtbar blei- ben, zum Beweiſe, daß auch diejenigen Sterne, welche für ſüd- lichere Gegenden nur den oberen Theil ihres Kreiſes ſichtbar haben, den unteren Theil deſſelben, der von unſerer Erde verdeckt wird, unter dem Horizont zurücklegen. Könnte man, wie Parry und Raſe in unſeren Tagen verſuchten, ſo weit gegen Norden vor- dringen, daß der Polarſtern endlich ſenkrecht über uns oder in unſerem Zenithe ſtünde, ſo würden wir alle Sterne des uns dort ſichtbaren Himmels ohne Ausnahme ganze Kreiſe beſchreiben ſehen, die dort ſämmtlich dem Horizont parallel, und immer größer ſeyn würden, je näher ſie dem Horizont ſelbſt kommen.

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/69>, abgerufen am 24.11.2024.