Der Mond d. Erde u. die Satelliten d. übrig. Planeten.
daß er sich nämlich nicht um seine Axe drehe, eben weil er uns immer dieselbe Seite zuwendet.
Ohne uns hier bei der Geschichte jener Discussionen länger aufzuhalten, wollen wir nur bemerken, daß die Sache in letzter Instanz sich mit einem Wortstreite endet, und daß man, je nach- dem man das Wort Drehen in dem einen oder dem andern Sinne nimmt, eben so gut sagen kann, der Mond drehe sich, als er drehe sich nicht. Etwa so, wie man von dem Tische, auf dem man schreibt, ganz mit demselben Rechte sagen kann, er habe eine, und er habe keine Bewegung. Er hat keine, weil er seinen Ort gegen die nächsten Umgebungen, gegen die Wände des Zim- mers, nicht ändert; und er hat eine, weil er auf der Erde ist, die, wie Jeder weiß, sich um die Sonne und um sich selbst be- wegt, und mit der sich daher auch der Tisch bewegen muß.
Das Mißverständniß bei dem Monde kam daher, weil wir denselben aus der Erde, aus dem eigentlichen Mittelpunkte seiner Bewegung, betrachten. Denken wir uns aber ein Auge außer der Mondsbahn, z. B. in der Sonne S (Fig. 26), so wird das- selbe zur Zeit unseres Neumonds in A die uns immer verbor- gene Seite, zur Zeit des Vollmonds in C aber, zugleich mit uns, die uns immer sichtbare Seite des Mondes sehen, und für einen solchen Beobachter in der Sonne würde es daher keinem weitern Zweifel unterliegen, daß der Mond sich in der That, und zwar in derselben Zeit um seine Axe dreht, in welcher er um die Erde geht, oder daß die Rotation desselben seiner Revolution, sein Jahr seinem Tage gleich ist.
§. 167. (Jahreszeiten des Mondes.) Die Jahreszeiten der Erde hängen, wie wir im siebenten Capitel gesehen haben, von dem Winkel, welchen der Aequator der Erde mit der Ebene ihrer Bahn um die Sonne macht, oder von der Schiefe der Ecliptik ab. Je kleiner dieser Winkel ist, desto weniger sind die Jahres- zeiten von einander verschieden, und wenn diese beiden Ebenen ganz zusammenfallen, so würde ein immerwährender Frühling auf der ganzen Erde herrschen.
Nun ist die Bahn des Mondes, die er um die Erde be- schreibt, gegen den Aequator dieses Satelliten nur um den kleinen
Der Mond d. Erde u. die Satelliten d. übrig. Planeten.
daß er ſich nämlich nicht um ſeine Axe drehe, eben weil er uns immer dieſelbe Seite zuwendet.
Ohne uns hier bei der Geſchichte jener Discuſſionen länger aufzuhalten, wollen wir nur bemerken, daß die Sache in letzter Inſtanz ſich mit einem Wortſtreite endet, und daß man, je nach- dem man das Wort Drehen in dem einen oder dem andern Sinne nimmt, eben ſo gut ſagen kann, der Mond drehe ſich, als er drehe ſich nicht. Etwa ſo, wie man von dem Tiſche, auf dem man ſchreibt, ganz mit demſelben Rechte ſagen kann, er habe eine, und er habe keine Bewegung. Er hat keine, weil er ſeinen Ort gegen die nächſten Umgebungen, gegen die Wände des Zim- mers, nicht ändert; und er hat eine, weil er auf der Erde iſt, die, wie Jeder weiß, ſich um die Sonne und um ſich ſelbſt be- wegt, und mit der ſich daher auch der Tiſch bewegen muß.
Das Mißverſtändniß bei dem Monde kam daher, weil wir denſelben aus der Erde, aus dem eigentlichen Mittelpunkte ſeiner Bewegung, betrachten. Denken wir uns aber ein Auge außer der Mondsbahn, z. B. in der Sonne S (Fig. 26), ſo wird daſ- ſelbe zur Zeit unſeres Neumonds in A die uns immer verbor- gene Seite, zur Zeit des Vollmonds in C aber, zugleich mit uns, die uns immer ſichtbare Seite des Mondes ſehen, und für einen ſolchen Beobachter in der Sonne würde es daher keinem weitern Zweifel unterliegen, daß der Mond ſich in der That, und zwar in derſelben Zeit um ſeine Axe dreht, in welcher er um die Erde geht, oder daß die Rotation deſſelben ſeiner Revolution, ſein Jahr ſeinem Tage gleich iſt.
§. 167. (Jahreszeiten des Mondes.) Die Jahreszeiten der Erde hängen, wie wir im ſiebenten Capitel geſehen haben, von dem Winkel, welchen der Aequator der Erde mit der Ebene ihrer Bahn um die Sonne macht, oder von der Schiefe der Ecliptik ab. Je kleiner dieſer Winkel iſt, deſto weniger ſind die Jahres- zeiten von einander verſchieden, und wenn dieſe beiden Ebenen ganz zuſammenfallen, ſo würde ein immerwährender Frühling auf der ganzen Erde herrſchen.
Nun iſt die Bahn des Mondes, die er um die Erde be- ſchreibt, gegen den Aequator dieſes Satelliten nur um den kleinen
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Der Mond d. Erde u. die Satelliten d. übrig. Planeten.
daß er ſich nämlich nicht um ſeine Axe drehe, eben weil er uns
immer dieſelbe Seite zuwendet.
Ohne uns hier bei der Geſchichte jener Discuſſionen länger
aufzuhalten, wollen wir nur bemerken, daß die Sache in letzter
Inſtanz ſich mit einem Wortſtreite endet, und daß man, je nach-
dem man das Wort Drehen in dem einen oder dem andern
Sinne nimmt, eben ſo gut ſagen kann, der Mond drehe ſich, als
er drehe ſich nicht. Etwa ſo, wie man von dem Tiſche, auf dem
man ſchreibt, ganz mit demſelben Rechte ſagen kann, er habe
eine, und er habe keine Bewegung. Er hat keine, weil er ſeinen
Ort gegen die nächſten Umgebungen, gegen die Wände des Zim-
mers, nicht ändert; und er hat eine, weil er auf der Erde iſt,
die, wie Jeder weiß, ſich um die Sonne und um ſich ſelbſt be-
wegt, und mit der ſich daher auch der Tiſch bewegen muß.
Das Mißverſtändniß bei dem Monde kam daher, weil wir
denſelben aus der Erde, aus dem eigentlichen Mittelpunkte ſeiner
Bewegung, betrachten. Denken wir uns aber ein Auge außer
der Mondsbahn, z. B. in der Sonne S (Fig. 26), ſo wird daſ-
ſelbe zur Zeit unſeres Neumonds in A die uns immer verbor-
gene Seite, zur Zeit des Vollmonds in C aber, zugleich mit uns,
die uns immer ſichtbare Seite des Mondes ſehen, und für einen
ſolchen Beobachter in der Sonne würde es daher keinem weitern
Zweifel unterliegen, daß der Mond ſich in der That, und zwar
in derſelben Zeit um ſeine Axe dreht, in welcher er um die Erde
geht, oder daß die Rotation deſſelben ſeiner Revolution, ſein
Jahr ſeinem Tage gleich iſt.
§. 167. (Jahreszeiten des Mondes.) Die Jahreszeiten der
Erde hängen, wie wir im ſiebenten Capitel geſehen haben, von
dem Winkel, welchen der Aequator der Erde mit der Ebene ihrer
Bahn um die Sonne macht, oder von der Schiefe der Ecliptik
ab. Je kleiner dieſer Winkel iſt, deſto weniger ſind die Jahres-
zeiten von einander verſchieden, und wenn dieſe beiden Ebenen
ganz zuſammenfallen, ſo würde ein immerwährender Frühling
auf der ganzen Erde herrſchen.
Nun iſt die Bahn des Mondes, die er um die Erde be-
ſchreibt, gegen den Aequator dieſes Satelliten nur um den kleinen
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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/339>, abgerufen am 16.02.2025.
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