Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Planetensysteme.
einen Augenblick gegeben haben, wo die beiden, nach derselben
Seite gerichteten wahren Bewegungen der Erde und des Planeten
gleich groß waren, und dieß war der Augenblick des Stillstan-
des
, wo der Planet, von der Erde gesehen, sich am Himmel gar
nicht zu bewegen scheint.

Nach der Opposition fängt die Bewegung der Erde an,
sich wieder allmählig von der des Planeten weg zu krümmen,
wodurch die scheinbare retrograde Bewegung des Planeten immer
mehr verringert wird, bis endlich wieder beide wahre Bewegungen
einander aufheben, und der Planet, von der Erde gesehen, zum
zweitenmale stille steht. Von da wird seine scheinbare Bewegung
wieder direct, und immer größer. Zur Zeit der zweiten Quadra-
tur, wo die Erde in IV und der Planet in 4 ist, erscheint der
letzte in 4' etwas weiter gegen Ost vorgerückt, und hier ist wieder,
wie in der ersten Quadratur, seine scheinbare Bewegung gleich der
wahren, weil die der Erde, die gerade auf den Planeten gerichtet
ist, keinen Einfluß auf sie äußern kann. Nach dieser Quadratur
wächst die directe scheinbare Bewegung noch mehr, daher er auch,
wenn die Erde in V und der Planet in 5 ist, noch weiter gen
Ost in 5' vorgerückt erscheint, bis er endlich wieder, wenn die Erde
in der Mitte der von dem Planeten abgewendeten Hälfte ihrer Bahn
oder in Conjunction ist, die größte scheinbare directe Bewegung
erhält, und von da eine zweite, der eben angeführten ganz ähn-
liche, Periode seiner Bewegungen beginnt.

Es wird kaum nothwendig seyn, dieselbe Erläuterung auch
für die unteren Planeten zu wiederholen. Man wird sehr leicht,
die hier vorkommenden Erscheinungen durch zwei ähnliche con-
centrische Kreise darstellen, von welchen der äußere die Bahn der
Erde, und der kleinere innere die des Planeten bezeichnet. Zur
Zeit ihrer obern Conjunction (§. 108), wo die Sonne zwischen
ihnen und der Erde ist, sind die wahren Bewegungen des Pla-
neten und der Erde nach entgegengesetzten Seiten gerichtet, daher
hier die von der Erde gesehene oder scheinbare Bewegung direct,
und am größten ist. Nach der obern Conjunction neigt sich die
Richtung der wahren Bewegung des Planeten immer mehr gegen
die Erde hin, oder seine scheinbare directe Bewegung wird lang-
samer. Zur Zeit der größten östlichen Digression geht die Richtung

Planetenſyſteme.
einen Augenblick gegeben haben, wo die beiden, nach derſelben
Seite gerichteten wahren Bewegungen der Erde und des Planeten
gleich groß waren, und dieß war der Augenblick des Stillſtan-
des
, wo der Planet, von der Erde geſehen, ſich am Himmel gar
nicht zu bewegen ſcheint.

Nach der Oppoſition fängt die Bewegung der Erde an,
ſich wieder allmählig von der des Planeten weg zu krümmen,
wodurch die ſcheinbare retrograde Bewegung des Planeten immer
mehr verringert wird, bis endlich wieder beide wahre Bewegungen
einander aufheben, und der Planet, von der Erde geſehen, zum
zweitenmale ſtille ſteht. Von da wird ſeine ſcheinbare Bewegung
wieder direct, und immer größer. Zur Zeit der zweiten Quadra-
tur, wo die Erde in IV und der Planet in 4 iſt, erſcheint der
letzte in 4′ etwas weiter gegen Oſt vorgerückt, und hier iſt wieder,
wie in der erſten Quadratur, ſeine ſcheinbare Bewegung gleich der
wahren, weil die der Erde, die gerade auf den Planeten gerichtet
iſt, keinen Einfluß auf ſie äußern kann. Nach dieſer Quadratur
wächst die directe ſcheinbare Bewegung noch mehr, daher er auch,
wenn die Erde in V und der Planet in 5 iſt, noch weiter gen
Oſt in 5′ vorgerückt erſcheint, bis er endlich wieder, wenn die Erde
in der Mitte der von dem Planeten abgewendeten Hälfte ihrer Bahn
oder in Conjunction iſt, die größte ſcheinbare directe Bewegung
erhält, und von da eine zweite, der eben angeführten ganz ähn-
liche, Periode ſeiner Bewegungen beginnt.

Es wird kaum nothwendig ſeyn, dieſelbe Erläuterung auch
für die unteren Planeten zu wiederholen. Man wird ſehr leicht,
die hier vorkommenden Erſcheinungen durch zwei ähnliche con-
centriſche Kreiſe darſtellen, von welchen der äußere die Bahn der
Erde, und der kleinere innere die des Planeten bezeichnet. Zur
Zeit ihrer obern Conjunction (§. 108), wo die Sonne zwiſchen
ihnen und der Erde iſt, ſind die wahren Bewegungen des Pla-
neten und der Erde nach entgegengeſetzten Seiten gerichtet, daher
hier die von der Erde geſehene oder ſcheinbare Bewegung direct,
und am größten iſt. Nach der obern Conjunction neigt ſich die
Richtung der wahren Bewegung des Planeten immer mehr gegen
die Erde hin, oder ſeine ſcheinbare directe Bewegung wird lang-
ſamer. Zur Zeit der größten öſtlichen Digreſſion geht die Richtung

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0252" n="240"/><fw place="top" type="header">Planeten&#x017F;y&#x017F;teme.</fw><lb/>
einen Augenblick gegeben haben, wo die beiden, nach der&#x017F;elben<lb/>
Seite gerichteten wahren Bewegungen der Erde und des Planeten<lb/>
gleich groß waren, und dieß war der Augenblick des <hi rendition="#g">Still&#x017F;tan-<lb/>
des</hi>, wo der Planet, von der Erde ge&#x017F;ehen, &#x017F;ich am Himmel gar<lb/>
nicht zu bewegen &#x017F;cheint.</p><lb/>
          <p>Nach der Oppo&#x017F;ition fängt die Bewegung der Erde an,<lb/>
&#x017F;ich wieder allmählig von der des Planeten weg zu krümmen,<lb/>
wodurch die &#x017F;cheinbare retrograde Bewegung des Planeten immer<lb/>
mehr verringert wird, bis endlich wieder beide wahre Bewegungen<lb/>
einander aufheben, und der Planet, von der Erde ge&#x017F;ehen, zum<lb/>
zweitenmale &#x017F;tille &#x017F;teht. Von da wird &#x017F;eine &#x017F;cheinbare Bewegung<lb/>
wieder direct, und immer größer. Zur Zeit der zweiten Quadra-<lb/>
tur, wo die Erde in <hi rendition="#aq">IV</hi> und der Planet in 4 i&#x017F;t, er&#x017F;cheint der<lb/>
letzte in 4&#x2032; etwas weiter gegen O&#x017F;t vorgerückt, und hier i&#x017F;t wieder,<lb/>
wie in der er&#x017F;ten Quadratur, &#x017F;eine &#x017F;cheinbare Bewegung gleich der<lb/>
wahren, weil die der Erde, die gerade auf den Planeten gerichtet<lb/>
i&#x017F;t, keinen Einfluß auf &#x017F;ie äußern kann. Nach die&#x017F;er Quadratur<lb/>
wächst die directe &#x017F;cheinbare Bewegung noch mehr, daher er auch,<lb/>
wenn die Erde in <hi rendition="#aq">V</hi> und der Planet in 5 i&#x017F;t, noch weiter gen<lb/>
O&#x017F;t in 5&#x2032; vorgerückt er&#x017F;cheint, bis er endlich wieder, wenn die Erde<lb/>
in der Mitte der von dem Planeten abgewendeten Hälfte ihrer Bahn<lb/>
oder in Conjunction i&#x017F;t, die größte &#x017F;cheinbare directe Bewegung<lb/>
erhält, und von da eine zweite, der eben angeführten ganz ähn-<lb/>
liche, Periode &#x017F;einer Bewegungen beginnt.</p><lb/>
          <p>Es wird kaum nothwendig &#x017F;eyn, die&#x017F;elbe Erläuterung auch<lb/>
für die unteren Planeten zu wiederholen. Man wird &#x017F;ehr leicht,<lb/>
die hier vorkommenden Er&#x017F;cheinungen durch zwei ähnliche con-<lb/>
centri&#x017F;che Krei&#x017F;e dar&#x017F;tellen, von welchen der äußere die Bahn der<lb/>
Erde, und der kleinere innere die des Planeten bezeichnet. Zur<lb/>
Zeit ihrer obern Conjunction (§. 108), wo die Sonne zwi&#x017F;chen<lb/>
ihnen und der Erde i&#x017F;t, &#x017F;ind die wahren Bewegungen des Pla-<lb/>
neten und der Erde nach entgegenge&#x017F;etzten Seiten gerichtet, daher<lb/>
hier die von der Erde ge&#x017F;ehene oder &#x017F;cheinbare Bewegung direct,<lb/>
und am größten i&#x017F;t. Nach der obern Conjunction neigt &#x017F;ich die<lb/>
Richtung der wahren Bewegung des Planeten immer mehr gegen<lb/>
die Erde hin, oder &#x017F;eine &#x017F;cheinbare directe Bewegung wird lang-<lb/>
&#x017F;amer. Zur Zeit der größten ö&#x017F;tlichen Digre&#x017F;&#x017F;ion geht die Richtung<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[240/0252] Planetenſyſteme. einen Augenblick gegeben haben, wo die beiden, nach derſelben Seite gerichteten wahren Bewegungen der Erde und des Planeten gleich groß waren, und dieß war der Augenblick des Stillſtan- des, wo der Planet, von der Erde geſehen, ſich am Himmel gar nicht zu bewegen ſcheint. Nach der Oppoſition fängt die Bewegung der Erde an, ſich wieder allmählig von der des Planeten weg zu krümmen, wodurch die ſcheinbare retrograde Bewegung des Planeten immer mehr verringert wird, bis endlich wieder beide wahre Bewegungen einander aufheben, und der Planet, von der Erde geſehen, zum zweitenmale ſtille ſteht. Von da wird ſeine ſcheinbare Bewegung wieder direct, und immer größer. Zur Zeit der zweiten Quadra- tur, wo die Erde in IV und der Planet in 4 iſt, erſcheint der letzte in 4′ etwas weiter gegen Oſt vorgerückt, und hier iſt wieder, wie in der erſten Quadratur, ſeine ſcheinbare Bewegung gleich der wahren, weil die der Erde, die gerade auf den Planeten gerichtet iſt, keinen Einfluß auf ſie äußern kann. Nach dieſer Quadratur wächst die directe ſcheinbare Bewegung noch mehr, daher er auch, wenn die Erde in V und der Planet in 5 iſt, noch weiter gen Oſt in 5′ vorgerückt erſcheint, bis er endlich wieder, wenn die Erde in der Mitte der von dem Planeten abgewendeten Hälfte ihrer Bahn oder in Conjunction iſt, die größte ſcheinbare directe Bewegung erhält, und von da eine zweite, der eben angeführten ganz ähn- liche, Periode ſeiner Bewegungen beginnt. Es wird kaum nothwendig ſeyn, dieſelbe Erläuterung auch für die unteren Planeten zu wiederholen. Man wird ſehr leicht, die hier vorkommenden Erſcheinungen durch zwei ähnliche con- centriſche Kreiſe darſtellen, von welchen der äußere die Bahn der Erde, und der kleinere innere die des Planeten bezeichnet. Zur Zeit ihrer obern Conjunction (§. 108), wo die Sonne zwiſchen ihnen und der Erde iſt, ſind die wahren Bewegungen des Pla- neten und der Erde nach entgegengeſetzten Seiten gerichtet, daher hier die von der Erde geſehene oder ſcheinbare Bewegung direct, und am größten iſt. Nach der obern Conjunction neigt ſich die Richtung der wahren Bewegung des Planeten immer mehr gegen die Erde hin, oder ſeine ſcheinbare directe Bewegung wird lang- ſamer. Zur Zeit der größten öſtlichen Digreſſion geht die Richtung

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/252
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/252>, abgerufen am 24.11.2024.