Im Gegentheile ist die zweite Ellipse, welche die von Brad- ley beobachtete Aberration der Sterne enthält, in derselben Figur auf eine ähnliche Weise durch a'b'c'd' dargestellt, wo wieder der Stern in a' und die Erde zu derselben Zeit in a, oder der Stern in b' und die Erde in b ist u. s. w. Hier hat, wie schon der bloße Anblick der Zeichnung zeigt, der Stern seine kleinste Länge in b', wenn die Erde zur Zeit der Conjunction in b ist, und die größte Länge in d', wenn die Erde zur Zeit der Opposition in d ist, während die mittleren Längen in a' und c' in die Zeiten der Quadraturen fallen. Die Breite aber hat ihre größten und klein- sten Werthe in den Punkten a' und c' zur Zeit der Quadraturen und ihre mittleren Werthe in b' und d' zur Zeit der Syzygien, vollkommen mit dem oben aufgestellten Gesetze übereinstimmend. Was endlich diese Ellipse selbst betrifft, so ist der große Durch- messer derselben bei allen Sternen parallel mit der Ecliptik, und für alle Sterne von gleicher Größe, nämlich gleich 40,5 Secunden. Der kleine Durchmesser aber, der senkrecht auf der Ecliptik, oder in dem breiten Kreise des Sterns liegt, wird immer kleiner, je näher die Sterne an der Ecliptik liegen, bis er endlich für Sterne in der Ecliptik gänzlich verschwindet, und hier die ganze Ellipse in eine gerade, der Ecliptik parallele Linie von 40,5 Secunden Länge übergeht.
§. 76. (Entstehung der Aberrations-Ellipse). Um auch die genetische Erklärung dieser zweiten Ellipse a'b'c'd' zu geben, so wollen wir die Bahn der Erde durch den auf die Gesichtslinie S des Sterns senkrechten Durchmesser ac in zwei Hälften theilen, wo wir sodann Folgendes bemerken: Ist die Erde in der von dem Stern abgewendeten Hälfte abc ihrer Bahn, so ist der Stern in dem Bogen a'b'c', in welchem durchaus seine scheinbare Länge kleiner ist als die wahre oder mittlere Länge. Ist aber die Erde in der dem Stern zugekehrten Hälfte cda ihrer Bahn, so ist der Stern in dem Bogen c'd'a', wo die scheinbare Länge desselben überall größer ist, als die mittlere. Da wir also die Länge des Sterns aus der ihm zugekehrten Hälfte der Erdbahn immer grö- ßer, und aus der abgewendeten Hälfte immer kleiner sehen, so folgt daraus, daß die scheinbare Gesichtslinie, in welcher wir den Stern im Laufe des ganzen Jahres durch sehen, gegen die wahre
Aberration der Fixſterne.
Im Gegentheile iſt die zweite Ellipſe, welche die von Brad- ley beobachtete Aberration der Sterne enthält, in derſelben Figur auf eine ähnliche Weiſe durch a'b'c'd' dargeſtellt, wo wieder der Stern in a' und die Erde zu derſelben Zeit in a, oder der Stern in b' und die Erde in b iſt u. ſ. w. Hier hat, wie ſchon der bloße Anblick der Zeichnung zeigt, der Stern ſeine kleinſte Länge in b', wenn die Erde zur Zeit der Conjunction in b iſt, und die größte Länge in d', wenn die Erde zur Zeit der Oppoſition in d iſt, während die mittleren Längen in a' und c' in die Zeiten der Quadraturen fallen. Die Breite aber hat ihre größten und klein- ſten Werthe in den Punkten a' und c' zur Zeit der Quadraturen und ihre mittleren Werthe in b' und d' zur Zeit der Syzygien, vollkommen mit dem oben aufgeſtellten Geſetze übereinſtimmend. Was endlich dieſe Ellipſe ſelbſt betrifft, ſo iſt der große Durch- meſſer derſelben bei allen Sternen parallel mit der Ecliptik, und für alle Sterne von gleicher Größe, nämlich gleich 40,5 Secunden. Der kleine Durchmeſſer aber, der ſenkrecht auf der Ecliptik, oder in dem breiten Kreiſe des Sterns liegt, wird immer kleiner, je näher die Sterne an der Ecliptik liegen, bis er endlich für Sterne in der Ecliptik gänzlich verſchwindet, und hier die ganze Ellipſe in eine gerade, der Ecliptik parallele Linie von 40,5 Secunden Länge übergeht.
§. 76. (Entſtehung der Aberrations-Ellipſe). Um auch die genetiſche Erklärung dieſer zweiten Ellipſe a'b'c'd' zu geben, ſo wollen wir die Bahn der Erde durch den auf die Geſichtslinie S♑ des Sterns ſenkrechten Durchmeſſer ac in zwei Hälften theilen, wo wir ſodann Folgendes bemerken: Iſt die Erde in der von dem Stern abgewendeten Hälfte abc ihrer Bahn, ſo iſt der Stern in dem Bogen a'b'c', in welchem durchaus ſeine ſcheinbare Länge kleiner iſt als die wahre oder mittlere Länge. Iſt aber die Erde in der dem Stern zugekehrten Hälfte cda ihrer Bahn, ſo iſt der Stern in dem Bogen c'd'a', wo die ſcheinbare Länge deſſelben überall größer iſt, als die mittlere. Da wir alſo die Länge des Sterns aus der ihm zugekehrten Hälfte der Erdbahn immer grö- ßer, und aus der abgewendeten Hälfte immer kleiner ſehen, ſo folgt daraus, daß die ſcheinbare Geſichtslinie, in welcher wir den Stern im Laufe des ganzen Jahres durch ſehen, gegen die wahre
<TEI><text><body><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0188"n="176"/><fwplace="top"type="header">Aberration der Fixſterne.</fw><lb/><p>Im Gegentheile iſt die zweite Ellipſe, welche die von <hirendition="#aq">Brad-<lb/>
ley</hi> beobachtete Aberration der Sterne enthält, in derſelben Figur<lb/>
auf eine ähnliche Weiſe durch <hirendition="#aq">a'b'c'd'</hi> dargeſtellt, wo wieder der<lb/>
Stern in <hirendition="#aq">a'</hi> und die Erde zu derſelben Zeit in <hirendition="#aq">a</hi>, oder der Stern in<lb/><hirendition="#aq">b'</hi> und die Erde in <hirendition="#aq">b</hi> iſt u. ſ. w. Hier hat, wie ſchon der bloße<lb/>
Anblick der Zeichnung zeigt, der Stern ſeine kleinſte Länge in<lb/><hirendition="#aq">b'</hi>, wenn die Erde zur Zeit der Conjunction in <hirendition="#aq">b</hi> iſt, und die<lb/>
größte Länge in <hirendition="#aq">d'</hi>, wenn die Erde zur Zeit der Oppoſition in <hirendition="#aq">d</hi><lb/>
iſt, während die mittleren Längen in <hirendition="#aq">a'</hi> und <hirendition="#aq">c'</hi> in die Zeiten der<lb/>
Quadraturen fallen. Die Breite aber hat ihre größten und klein-<lb/>ſten Werthe in den Punkten <hirendition="#aq">a'</hi> und <hirendition="#aq">c'</hi> zur Zeit der Quadraturen<lb/>
und ihre mittleren Werthe in <hirendition="#aq">b'</hi> und <hirendition="#aq">d'</hi> zur Zeit der Syzygien,<lb/>
vollkommen mit dem oben aufgeſtellten Geſetze übereinſtimmend.<lb/>
Was endlich dieſe Ellipſe ſelbſt betrifft, ſo iſt der große Durch-<lb/>
meſſer derſelben bei allen Sternen parallel mit der Ecliptik, und<lb/>
für alle Sterne von gleicher Größe, nämlich gleich 40,<hirendition="#sub">5</hi> Secunden.<lb/>
Der kleine Durchmeſſer aber, der ſenkrecht auf der Ecliptik, oder<lb/>
in dem breiten Kreiſe des Sterns liegt, wird immer kleiner, je<lb/>
näher die Sterne an der Ecliptik liegen, bis er endlich für Sterne<lb/>
in der Ecliptik gänzlich verſchwindet, und hier die ganze Ellipſe<lb/>
in eine gerade, der Ecliptik parallele Linie von 40,<hirendition="#sub">5</hi> Secunden<lb/>
Länge übergeht.</p><lb/><p>§. 76. (Entſtehung der Aberrations-Ellipſe). Um auch die<lb/>
genetiſche Erklärung dieſer zweiten Ellipſe <hirendition="#aq">a'b'c'd'</hi> zu geben, ſo<lb/>
wollen wir die Bahn der Erde durch den auf die Geſichtslinie<lb/><hirendition="#aq">S</hi>♑ des Sterns ſenkrechten Durchmeſſer <hirendition="#aq">ac</hi> in zwei Hälften theilen,<lb/>
wo wir ſodann Folgendes bemerken: Iſt die Erde in der von<lb/>
dem Stern abgewendeten Hälfte <hirendition="#aq">abc</hi> ihrer Bahn, ſo iſt der Stern<lb/>
in dem Bogen <hirendition="#aq">a'b'c'</hi>, in welchem durchaus ſeine ſcheinbare Länge<lb/>
kleiner iſt als die wahre oder mittlere Länge. Iſt aber die Erde<lb/>
in der dem Stern zugekehrten Hälfte <hirendition="#aq">cda</hi> ihrer Bahn, ſo iſt der<lb/>
Stern in dem Bogen <hirendition="#aq">c'd'a'</hi>, wo die ſcheinbare Länge deſſelben<lb/>
überall größer iſt, als die mittlere. Da wir alſo die Länge des<lb/>
Sterns aus der ihm zugekehrten Hälfte der Erdbahn immer grö-<lb/>
ßer, und aus der abgewendeten Hälfte immer kleiner ſehen, ſo<lb/>
folgt daraus, daß die ſcheinbare Geſichtslinie, in welcher wir den<lb/>
Stern im Laufe des ganzen Jahres durch ſehen, gegen die wahre<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[176/0188]
Aberration der Fixſterne.
Im Gegentheile iſt die zweite Ellipſe, welche die von Brad-
ley beobachtete Aberration der Sterne enthält, in derſelben Figur
auf eine ähnliche Weiſe durch a'b'c'd' dargeſtellt, wo wieder der
Stern in a' und die Erde zu derſelben Zeit in a, oder der Stern in
b' und die Erde in b iſt u. ſ. w. Hier hat, wie ſchon der bloße
Anblick der Zeichnung zeigt, der Stern ſeine kleinſte Länge in
b', wenn die Erde zur Zeit der Conjunction in b iſt, und die
größte Länge in d', wenn die Erde zur Zeit der Oppoſition in d
iſt, während die mittleren Längen in a' und c' in die Zeiten der
Quadraturen fallen. Die Breite aber hat ihre größten und klein-
ſten Werthe in den Punkten a' und c' zur Zeit der Quadraturen
und ihre mittleren Werthe in b' und d' zur Zeit der Syzygien,
vollkommen mit dem oben aufgeſtellten Geſetze übereinſtimmend.
Was endlich dieſe Ellipſe ſelbſt betrifft, ſo iſt der große Durch-
meſſer derſelben bei allen Sternen parallel mit der Ecliptik, und
für alle Sterne von gleicher Größe, nämlich gleich 40,5 Secunden.
Der kleine Durchmeſſer aber, der ſenkrecht auf der Ecliptik, oder
in dem breiten Kreiſe des Sterns liegt, wird immer kleiner, je
näher die Sterne an der Ecliptik liegen, bis er endlich für Sterne
in der Ecliptik gänzlich verſchwindet, und hier die ganze Ellipſe
in eine gerade, der Ecliptik parallele Linie von 40,5 Secunden
Länge übergeht.
§. 76. (Entſtehung der Aberrations-Ellipſe). Um auch die
genetiſche Erklärung dieſer zweiten Ellipſe a'b'c'd' zu geben, ſo
wollen wir die Bahn der Erde durch den auf die Geſichtslinie
S♑ des Sterns ſenkrechten Durchmeſſer ac in zwei Hälften theilen,
wo wir ſodann Folgendes bemerken: Iſt die Erde in der von
dem Stern abgewendeten Hälfte abc ihrer Bahn, ſo iſt der Stern
in dem Bogen a'b'c', in welchem durchaus ſeine ſcheinbare Länge
kleiner iſt als die wahre oder mittlere Länge. Iſt aber die Erde
in der dem Stern zugekehrten Hälfte cda ihrer Bahn, ſo iſt der
Stern in dem Bogen c'd'a', wo die ſcheinbare Länge deſſelben
überall größer iſt, als die mittlere. Da wir alſo die Länge des
Sterns aus der ihm zugekehrten Hälfte der Erdbahn immer grö-
ßer, und aus der abgewendeten Hälfte immer kleiner ſehen, ſo
folgt daraus, daß die ſcheinbare Geſichtslinie, in welcher wir den
Stern im Laufe des ganzen Jahres durch ſehen, gegen die wahre
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/188>, abgerufen am 17.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.