§. 73. (Erste hierher gehörende Erscheinungen). Wir haben bereits zu Ende des vorhergehenden Kapitels der Beobachtungen erwähnt, die James Bradley zur Auffindung der Parallaxe der Fixsterne angestellt hatte. Er begann sie zu Ende des Jahrs 1725 in Verbindung mit Samuel Molineux, mit welchem er zu Kew, in der Grafschaft Essex, vorzüglich den Stern g im Kopfe des Drachen, der nahe durch das Zenith dieser Stadt geht, durch mehre Jahre mit großer Aufmerksamkeit verfolgte. Sein treffli- ches Instrument, ein Zenithsector von Graham, setzte ihn bald in den Stand, Aenderungen in der Lage dieses Sterns zu bemerken, die zwar nur sehr klein, aber auch zugleich sehr regelmäßig waren, und deren Ursache zu erforschen ihm daher sehr angelegen seyn mußte.
Er fand zuerst, daß die Veränderungen der Länge und der Breite dieses Sterns eine Periode haben, deren Länge gleich der Länge des Jahres ist. Da dieß zugleich die Periode ist, in wel- cher die jährliche Parallaxe des Fixsterns, wenn sie überhaupt existirt, eingeschlossen seyn muß, so mochte er, auf den ersten An- blick dieses Gegenstandes, wohl geglaubt haben, die so lang ge- suchte Parallaxe endlich einmal gefunden zu haben. Allein eine nähere Betrachtung dieser jährlichen Veränderung des Sterns mußte ihn bald von dieser Vermuthung zurückbringen. Er fand,
KapitelVI. Aberration der Fixſterne.
§. 73. (Erſte hierher gehörende Erſcheinungen). Wir haben bereits zu Ende des vorhergehenden Kapitels der Beobachtungen erwähnt, die James Bradley zur Auffindung der Parallaxe der Fixſterne angeſtellt hatte. Er begann ſie zu Ende des Jahrs 1725 in Verbindung mit Samuel Molineux, mit welchem er zu Kew, in der Grafſchaft Essex, vorzüglich den Stern γ im Kopfe des Drachen, der nahe durch das Zenith dieſer Stadt geht, durch mehre Jahre mit großer Aufmerkſamkeit verfolgte. Sein treffli- ches Inſtrument, ein Zenithſector von Graham, ſetzte ihn bald in den Stand, Aenderungen in der Lage dieſes Sterns zu bemerken, die zwar nur ſehr klein, aber auch zugleich ſehr regelmäßig waren, und deren Urſache zu erforſchen ihm daher ſehr angelegen ſeyn mußte.
Er fand zuerſt, daß die Veränderungen der Länge und der Breite dieſes Sterns eine Periode haben, deren Länge gleich der Länge des Jahres iſt. Da dieß zugleich die Periode iſt, in wel- cher die jährliche Parallaxe des Fixſterns, wenn ſie überhaupt exiſtirt, eingeſchloſſen ſeyn muß, ſo mochte er, auf den erſten An- blick dieſes Gegenſtandes, wohl geglaubt haben, die ſo lang ge- ſuchte Parallaxe endlich einmal gefunden zu haben. Allein eine nähere Betrachtung dieſer jährlichen Veränderung des Sterns mußte ihn bald von dieſer Vermuthung zurückbringen. Er fand,
<TEI><text><body><divn="2"><pbfacs="#f0184"n="[172]"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Kapitel</hi><hirendition="#aq">VI.</hi><lb/><hirendition="#g">Aberration der Fixſterne</hi>.</hi></head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>§. 73. (Erſte hierher gehörende Erſcheinungen). Wir haben<lb/>
bereits zu Ende des vorhergehenden Kapitels der Beobachtungen<lb/>
erwähnt, die <hirendition="#aq">James Bradley</hi> zur Auffindung der Parallaxe der<lb/>
Fixſterne angeſtellt hatte. Er begann ſie zu Ende des Jahrs 1725<lb/>
in Verbindung mit <hirendition="#aq">Samuel Molineux,</hi> mit welchem er zu <hirendition="#aq">Kew,</hi><lb/>
in der Grafſchaft <hirendition="#aq">Essex,</hi> vorzüglich den Stern γ im Kopfe des<lb/>
Drachen, der nahe durch das Zenith dieſer Stadt geht, durch<lb/>
mehre Jahre mit großer Aufmerkſamkeit verfolgte. Sein treffli-<lb/>
ches Inſtrument, ein Zenithſector von <hirendition="#aq">Graham,</hi>ſetzte ihn bald in<lb/>
den Stand, Aenderungen in der Lage dieſes Sterns zu bemerken,<lb/>
die zwar nur ſehr klein, aber auch zugleich ſehr regelmäßig waren,<lb/>
und deren Urſache zu erforſchen ihm daher ſehr angelegen ſeyn<lb/>
mußte.</p><lb/><p>Er fand zuerſt, daß die Veränderungen der Länge und der<lb/>
Breite dieſes Sterns eine Periode haben, deren Länge gleich der<lb/>
Länge des Jahres iſt. Da dieß zugleich die Periode iſt, in wel-<lb/>
cher die jährliche Parallaxe des Fixſterns, wenn ſie überhaupt<lb/>
exiſtirt, eingeſchloſſen ſeyn muß, ſo mochte er, auf den erſten An-<lb/>
blick dieſes Gegenſtandes, wohl geglaubt haben, die ſo lang ge-<lb/>ſuchte Parallaxe endlich einmal gefunden zu haben. Allein eine<lb/>
nähere Betrachtung dieſer jährlichen Veränderung des Sterns<lb/>
mußte ihn bald von dieſer Vermuthung zurückbringen. Er fand,<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[[172]/0184]
Kapitel VI.
Aberration der Fixſterne.
§. 73. (Erſte hierher gehörende Erſcheinungen). Wir haben
bereits zu Ende des vorhergehenden Kapitels der Beobachtungen
erwähnt, die James Bradley zur Auffindung der Parallaxe der
Fixſterne angeſtellt hatte. Er begann ſie zu Ende des Jahrs 1725
in Verbindung mit Samuel Molineux, mit welchem er zu Kew,
in der Grafſchaft Essex, vorzüglich den Stern γ im Kopfe des
Drachen, der nahe durch das Zenith dieſer Stadt geht, durch
mehre Jahre mit großer Aufmerkſamkeit verfolgte. Sein treffli-
ches Inſtrument, ein Zenithſector von Graham, ſetzte ihn bald in
den Stand, Aenderungen in der Lage dieſes Sterns zu bemerken,
die zwar nur ſehr klein, aber auch zugleich ſehr regelmäßig waren,
und deren Urſache zu erforſchen ihm daher ſehr angelegen ſeyn
mußte.
Er fand zuerſt, daß die Veränderungen der Länge und der
Breite dieſes Sterns eine Periode haben, deren Länge gleich der
Länge des Jahres iſt. Da dieß zugleich die Periode iſt, in wel-
cher die jährliche Parallaxe des Fixſterns, wenn ſie überhaupt
exiſtirt, eingeſchloſſen ſeyn muß, ſo mochte er, auf den erſten An-
blick dieſes Gegenſtandes, wohl geglaubt haben, die ſo lang ge-
ſuchte Parallaxe endlich einmal gefunden zu haben. Allein eine
nähere Betrachtung dieſer jährlichen Veränderung des Sterns
mußte ihn bald von dieſer Vermuthung zurückbringen. Er fand,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. [172]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/184>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.