mels, kann in der äußern Erscheinung selbst nichts gefunden wer- den, was uns für die Annahme der einen oder der andern dieser beiden Hypothesen vorzugsweise bestimmen könnte, und es muß daher wieder anderen, inneren Gründen überlassen bleiben, zu ent- scheiden, welche von den beiden Voraussetzungen die wahre ist.
Die Fixsterne, mit welchen wir oben die Bewegung der Sonne verglichen haben, um daraus die Bahn der letztern abzuleiten, dienen uns, als die einzigen fixen Punkte des Himmels, die wir kennen, gleichsam nur als Gränzsteine, mit welchen wir die Sonne, den Mond und andere uns nähere und daher auch näher ange- bende Himmelskörper zu vergleichen, und durch welche wir, als durch bekannte und unveränderliche Punkte, die Orte dieser Him- melskörper zu bestimmen pflegen. Wir denken uns in der Mitte dieser großen Rotunde, auf deren Gewölbe die Sterne befestigt sind, und sehen in einiger Entfernung von uns einen Körper, die Sonne, der den links oder östlich von ihm stehenden Sternen im- mer näher rückt und einen nach dem andern auf seinem Wege mit dem Lichte bedeckt, das er nach allen Seiten ausstrahlt. Allein ganz dasselbe werden wir auch zu sehen glauben, wenn dieser leuchtende Körper selbst im Mittelpunkte jener Rotunde ruhte und wir, oder unsere Erde dafür in derselben östlichen Richtung um ihn liefe. Der Punkt der Rotunde, den uns die Sonne verdeckt, wird eben so, wie dort, nach der linken Seite laufen, die Sonne wird auch hier den von ihr östlich liegenden Fixsternen immer näher rücken und die ganze Erscheinung wird die- selbe seyn. Wenn man in der Mitte eines großen runden Saa- les ein Licht auf den Tisch stellt und nahe um diesen Tisch herum geht, so wird man das Licht ganz auf dieselbe Art an der Wand herum rücken sehen, als wenn man selbst in der Mitte des Saa- les still steht und das Licht in derselben Nähe und in derselben Richtung um sich herum tragen läßt.
Denken wir uns die Erde S (Fig. 8) im Mittelpunkte des gestirnten Himmels und lassen wir um sie die Sonne sich jährlich in dem Kreise a b c d in der Richtung von a nach b bewegen. Die Sonne sey
9 *
Jährliche Bewegung der Erde.
mels, kann in der äußern Erſcheinung ſelbſt nichts gefunden wer- den, was uns für die Annahme der einen oder der andern dieſer beiden Hypotheſen vorzugsweiſe beſtimmen könnte, und es muß daher wieder anderen, inneren Gründen überlaſſen bleiben, zu ent- ſcheiden, welche von den beiden Vorausſetzungen die wahre iſt.
Die Fixſterne, mit welchen wir oben die Bewegung der Sonne verglichen haben, um daraus die Bahn der letztern abzuleiten, dienen uns, als die einzigen fixen Punkte des Himmels, die wir kennen, gleichſam nur als Gränzſteine, mit welchen wir die Sonne, den Mond und andere uns nähere und daher auch näher ange- bende Himmelskörper zu vergleichen, und durch welche wir, als durch bekannte und unveränderliche Punkte, die Orte dieſer Him- melskörper zu beſtimmen pflegen. Wir denken uns in der Mitte dieſer großen Rotunde, auf deren Gewölbe die Sterne befeſtigt ſind, und ſehen in einiger Entfernung von uns einen Körper, die Sonne, der den links oder öſtlich von ihm ſtehenden Sternen im- mer näher rückt und einen nach dem andern auf ſeinem Wege mit dem Lichte bedeckt, das er nach allen Seiten ausſtrahlt. Allein ganz daſſelbe werden wir auch zu ſehen glauben, wenn dieſer leuchtende Körper ſelbſt im Mittelpunkte jener Rotunde ruhte und wir, oder unſere Erde dafür in derſelben öſtlichen Richtung um ihn liefe. Der Punkt der Rotunde, den uns die Sonne verdeckt, wird eben ſo, wie dort, nach der linken Seite laufen, die Sonne wird auch hier den von ihr öſtlich liegenden Fixſternen immer näher rücken und die ganze Erſcheinung wird die- ſelbe ſeyn. Wenn man in der Mitte eines großen runden Saa- les ein Licht auf den Tiſch ſtellt und nahe um dieſen Tiſch herum geht, ſo wird man das Licht ganz auf dieſelbe Art an der Wand herum rücken ſehen, als wenn man ſelbſt in der Mitte des Saa- les ſtill ſteht und das Licht in derſelben Nähe und in derſelben Richtung um ſich herum tragen läßt.
Denken wir uns die Erde S (Fig. 8) im Mittelpunkte des geſtirnten Himmels und laſſen wir um ſie die Sonne ſich jährlich in dem Kreiſe a b c d in der Richtung von a nach b bewegen. Die Sonne ſey
9 *
<TEI><text><body><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0143"n="131"/><fwplace="top"type="header">Jährliche Bewegung der Erde.</fw><lb/>
mels, kann in der äußern Erſcheinung ſelbſt nichts gefunden wer-<lb/>
den, was uns für die Annahme der einen oder der andern dieſer<lb/>
beiden Hypotheſen vorzugsweiſe beſtimmen könnte, und es muß<lb/>
daher wieder anderen, inneren Gründen überlaſſen bleiben, zu ent-<lb/>ſcheiden, welche von den beiden Vorausſetzungen die wahre iſt.</p><lb/><p>Die Fixſterne, mit welchen wir oben die Bewegung der Sonne<lb/>
verglichen haben, um daraus die Bahn der letztern abzuleiten,<lb/>
dienen uns, als die einzigen fixen Punkte des Himmels, die wir<lb/>
kennen, gleichſam nur als Gränzſteine, mit welchen wir die Sonne,<lb/>
den Mond und andere uns nähere und daher auch näher ange-<lb/>
bende Himmelskörper zu vergleichen, und durch welche wir, als<lb/>
durch bekannte und unveränderliche Punkte, die Orte dieſer Him-<lb/>
melskörper zu beſtimmen pflegen. Wir denken uns in der Mitte<lb/>
dieſer großen Rotunde, auf deren Gewölbe die Sterne befeſtigt<lb/>ſind, und ſehen in einiger Entfernung von uns einen Körper, die<lb/>
Sonne, der den links oder öſtlich von ihm ſtehenden Sternen im-<lb/>
mer näher rückt und einen nach dem andern auf ſeinem Wege<lb/>
mit dem Lichte bedeckt, das er nach allen Seiten ausſtrahlt.<lb/>
Allein ganz daſſelbe werden wir auch zu ſehen glauben, wenn<lb/>
dieſer leuchtende Körper ſelbſt im Mittelpunkte jener Rotunde<lb/>
ruhte und wir, oder unſere Erde dafür in derſelben öſtlichen<lb/>
Richtung um ihn liefe. Der Punkt der Rotunde, den uns die<lb/>
Sonne verdeckt, wird eben ſo, wie dort, nach der linken Seite<lb/>
laufen, die Sonne wird auch hier den von ihr öſtlich liegenden<lb/>
Fixſternen immer näher rücken und die ganze Erſcheinung wird die-<lb/>ſelbe ſeyn. Wenn man in der Mitte eines großen runden Saa-<lb/>
les ein Licht auf den Tiſch ſtellt und nahe um dieſen Tiſch herum<lb/>
geht, ſo wird man das Licht ganz auf dieſelbe Art an der Wand<lb/>
herum rücken ſehen, als wenn man ſelbſt in der Mitte des Saa-<lb/>
les ſtill ſteht und das Licht in derſelben Nähe und in derſelben<lb/>
Richtung um ſich herum tragen läßt.</p><lb/><p>Denken wir uns die Erde <hirendition="#aq">S</hi> (Fig. 8) im Mittelpunkte des<lb/>
geſtirnten Himmels und laſſen wir um ſie die Sonne ſich jährlich<lb/>
in dem Kreiſe <hirendition="#aq">a b c d</hi> in der Richtung von <hirendition="#aq">a</hi> nach <hirendition="#aq">b</hi> bewegen.<lb/>
Die Sonne ſey</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">9 *</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[131/0143]
Jährliche Bewegung der Erde.
mels, kann in der äußern Erſcheinung ſelbſt nichts gefunden wer-
den, was uns für die Annahme der einen oder der andern dieſer
beiden Hypotheſen vorzugsweiſe beſtimmen könnte, und es muß
daher wieder anderen, inneren Gründen überlaſſen bleiben, zu ent-
ſcheiden, welche von den beiden Vorausſetzungen die wahre iſt.
Die Fixſterne, mit welchen wir oben die Bewegung der Sonne
verglichen haben, um daraus die Bahn der letztern abzuleiten,
dienen uns, als die einzigen fixen Punkte des Himmels, die wir
kennen, gleichſam nur als Gränzſteine, mit welchen wir die Sonne,
den Mond und andere uns nähere und daher auch näher ange-
bende Himmelskörper zu vergleichen, und durch welche wir, als
durch bekannte und unveränderliche Punkte, die Orte dieſer Him-
melskörper zu beſtimmen pflegen. Wir denken uns in der Mitte
dieſer großen Rotunde, auf deren Gewölbe die Sterne befeſtigt
ſind, und ſehen in einiger Entfernung von uns einen Körper, die
Sonne, der den links oder öſtlich von ihm ſtehenden Sternen im-
mer näher rückt und einen nach dem andern auf ſeinem Wege
mit dem Lichte bedeckt, das er nach allen Seiten ausſtrahlt.
Allein ganz daſſelbe werden wir auch zu ſehen glauben, wenn
dieſer leuchtende Körper ſelbſt im Mittelpunkte jener Rotunde
ruhte und wir, oder unſere Erde dafür in derſelben öſtlichen
Richtung um ihn liefe. Der Punkt der Rotunde, den uns die
Sonne verdeckt, wird eben ſo, wie dort, nach der linken Seite
laufen, die Sonne wird auch hier den von ihr öſtlich liegenden
Fixſternen immer näher rücken und die ganze Erſcheinung wird die-
ſelbe ſeyn. Wenn man in der Mitte eines großen runden Saa-
les ein Licht auf den Tiſch ſtellt und nahe um dieſen Tiſch herum
geht, ſo wird man das Licht ganz auf dieſelbe Art an der Wand
herum rücken ſehen, als wenn man ſelbſt in der Mitte des Saa-
les ſtill ſteht und das Licht in derſelben Nähe und in derſelben
Richtung um ſich herum tragen läßt.
Denken wir uns die Erde S (Fig. 8) im Mittelpunkte des
geſtirnten Himmels und laſſen wir um ſie die Sonne ſich jährlich
in dem Kreiſe a b c d in der Richtung von a nach b bewegen.
Die Sonne ſey
9 *
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/143>, abgerufen am 18.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.