Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Jährliche Bewegung der Sonne.
worden. Er bestimmte überdieß die Länge der Sonne zur Zeit
der Solstitien und die Länge des Jahres zu 365,2425 Tagen, ge-
nau mit unserem Gregorianischen Jahre übereinstimmend.

Ibn-Junis, einer der ausgezeichnetsten Astronomen der Ara-
ber, beobachtete in Kahira gegen das Jahr 1000 nach Chr. unter
dem ägyptischen Kalifen Hakem. Sein Werk über Astronomie
wurde erst zu Ende des letzten Jahrhunderts in einer Bibliothek
zu Leyden gefunden, und ein Theil desselben von Caussin über-
setzt. Seine in diesem Werke gegebenen Sonnen- und Planeten-
tafeln werden im Oriente wegen ihrer großen Genauigkeit gerühmt,
und es enthält überdieß viele sehr schätzbare Nachrichten über die
astronomischen Arbeiten der Araber und eine große Anzahl von
Beobachtungen seit der Zeit des Kalifen Almanzar in der Mitte
des achten Jahrhunderts bis auf die Zeit des Verfassers.

In Persien endlich erhob sich die Astronomie in der Mitte
des eilften Jahrhunderts, wo die Einwohner dieses Landes das
Joch der Araber abgeworfen hatten, unter Omar-Cheian, der eine
sehr sinnreiche Einrichtung des Kalenders einführte, welche in ei-
nem Cyclus von 33 Jahren zu 365 Tagen acht Schaltjahre zu
366 Tagen enthält, wodurch die Länge des Jahres auf 365,242424
Tage gebracht wird, die daher nur 0,000169 Tage oder 14,6 Se-
cunden zu groß ist. Im dreizehnten Jahrhunderte versammelte
der bereits erwähnte König Holaku-Hekukan die besten Astrono-
men seines Reiches in Maragha, wo er eine prächtige Sternwarte
erbaute, die der Leitung des berühmten Nassireddin anvertraut
wurde. Noch mehr endlich zeichnete sich Ulug-Beigh unter den
Fürsten dieses Landes als eifriger Beschützer und Selbstkenner der
Astronomie aus, der i. J. 1430 in Samerkand, der Hauptstadt
seines Reiches, eine Sternwarte erbaute und sie mit den besten
Instrumenten seiner Zeit versah. Er war selbst einer der geschick-
testen Beobachter, und man verdankt ihm, nebst der oben ange-
führten Bestimmung der Schiefe der Ekliptik, auch noch einen
neuen Sternkatalog und die besten Tafeln der Sonne, des Mon-
des und der Planeten, die man bis zur Zeit von Tycho-Brahe
erhalten hat.

§. 51. (Bestimmung der Nachtgleichenpunkte durch Beobach-
tungen.) Indem wir nach dieser Digression zu unserem Gegen-

Jährliche Bewegung der Sonne.
worden. Er beſtimmte überdieß die Länge der Sonne zur Zeit
der Solſtitien und die Länge des Jahres zu 365,2425 Tagen, ge-
nau mit unſerem Gregorianiſchen Jahre übereinſtimmend.

Ibn-Junis, einer der ausgezeichnetſten Aſtronomen der Ara-
ber, beobachtete in Kahira gegen das Jahr 1000 nach Chr. unter
dem ägyptiſchen Kalifen Hakem. Sein Werk über Aſtronomie
wurde erſt zu Ende des letzten Jahrhunderts in einer Bibliothek
zu Leyden gefunden, und ein Theil deſſelben von Caussin über-
ſetzt. Seine in dieſem Werke gegebenen Sonnen- und Planeten-
tafeln werden im Oriente wegen ihrer großen Genauigkeit gerühmt,
und es enthält überdieß viele ſehr ſchätzbare Nachrichten über die
aſtronomiſchen Arbeiten der Araber und eine große Anzahl von
Beobachtungen ſeit der Zeit des Kalifen Almanzar in der Mitte
des achten Jahrhunderts bis auf die Zeit des Verfaſſers.

In Perſien endlich erhob ſich die Aſtronomie in der Mitte
des eilften Jahrhunderts, wo die Einwohner dieſes Landes das
Joch der Araber abgeworfen hatten, unter Omar-Cheian, der eine
ſehr ſinnreiche Einrichtung des Kalenders einführte, welche in ei-
nem Cyclus von 33 Jahren zu 365 Tagen acht Schaltjahre zu
366 Tagen enthält, wodurch die Länge des Jahres auf 365,242424
Tage gebracht wird, die daher nur 0,000169 Tage oder 14,6 Se-
cunden zu groß iſt. Im dreizehnten Jahrhunderte verſammelte
der bereits erwähnte König Holaku-Hekukan die beſten Aſtrono-
men ſeines Reiches in Maragha, wo er eine prächtige Sternwarte
erbaute, die der Leitung des berühmten Nassireddin anvertraut
wurde. Noch mehr endlich zeichnete ſich Ulug-Beigh unter den
Fürſten dieſes Landes als eifriger Beſchützer und Selbſtkenner der
Aſtronomie aus, der i. J. 1430 in Samerkand, der Hauptſtadt
ſeines Reiches, eine Sternwarte erbaute und ſie mit den beſten
Inſtrumenten ſeiner Zeit verſah. Er war ſelbſt einer der geſchick-
teſten Beobachter, und man verdankt ihm, nebſt der oben ange-
führten Beſtimmung der Schiefe der Ekliptik, auch noch einen
neuen Sternkatalog und die beſten Tafeln der Sonne, des Mon-
des und der Planeten, die man bis zur Zeit von Tycho-Brahe
erhalten hat.

§. 51. (Beſtimmung der Nachtgleichenpunkte durch Beobach-
tungen.) Indem wir nach dieſer Digreſſion zu unſerem Gegen-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="2">
        <div n="3">
          <p><pb facs="#f0128" n="116"/><fw place="top" type="header">Jährliche Bewegung der Sonne.</fw><lb/>
worden. Er be&#x017F;timmte überdieß die Länge der Sonne zur Zeit<lb/>
der Sol&#x017F;titien und die Länge des Jahres zu 365,<hi rendition="#sub">2425</hi> Tagen, ge-<lb/>
nau mit un&#x017F;erem Gregoriani&#x017F;chen Jahre überein&#x017F;timmend.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">Ibn-Junis,</hi> einer der ausgezeichnet&#x017F;ten A&#x017F;tronomen der Ara-<lb/>
ber, beobachtete in <hi rendition="#aq">Kahira</hi> gegen das Jahr 1000 nach Chr. unter<lb/>
dem ägypti&#x017F;chen Kalifen <hi rendition="#aq">Hakem</hi>. Sein Werk über A&#x017F;tronomie<lb/>
wurde er&#x017F;t zu Ende des letzten Jahrhunderts in einer Bibliothek<lb/>
zu Leyden gefunden, und ein Theil de&#x017F;&#x017F;elben von <hi rendition="#aq">Caussin</hi> über-<lb/>
&#x017F;etzt. Seine in die&#x017F;em Werke gegebenen Sonnen- und Planeten-<lb/>
tafeln werden im Oriente wegen ihrer großen Genauigkeit gerühmt,<lb/>
und es enthält überdieß viele &#x017F;ehr &#x017F;chätzbare Nachrichten über die<lb/>
a&#x017F;tronomi&#x017F;chen Arbeiten der Araber und eine große Anzahl von<lb/>
Beobachtungen &#x017F;eit der Zeit des Kalifen <hi rendition="#aq">Almanzar</hi> in der Mitte<lb/>
des achten Jahrhunderts bis auf die Zeit des Verfa&#x017F;&#x017F;ers.</p><lb/>
          <p>In Per&#x017F;ien endlich erhob &#x017F;ich die A&#x017F;tronomie in der Mitte<lb/>
des eilften Jahrhunderts, wo die Einwohner die&#x017F;es Landes das<lb/>
Joch der Araber abgeworfen hatten, unter <hi rendition="#aq">Omar-Cheian,</hi> der eine<lb/>
&#x017F;ehr &#x017F;innreiche Einrichtung des Kalenders einführte, welche in ei-<lb/>
nem Cyclus von 33 Jahren zu 365 Tagen acht Schaltjahre zu<lb/>
366 Tagen enthält, wodurch die Länge des Jahres auf 365,<hi rendition="#sub">242424</hi><lb/>
Tage gebracht wird, die daher nur 0,<hi rendition="#sub">000169</hi> Tage oder 14,<hi rendition="#sub">6</hi> Se-<lb/>
cunden zu groß i&#x017F;t. Im dreizehnten Jahrhunderte ver&#x017F;ammelte<lb/>
der bereits erwähnte König <hi rendition="#aq">Holaku-Hekukan</hi> die be&#x017F;ten A&#x017F;trono-<lb/>
men &#x017F;eines Reiches in <hi rendition="#aq">Maragha,</hi> wo er eine prächtige Sternwarte<lb/>
erbaute, die der Leitung des berühmten <hi rendition="#aq">Nassireddin</hi> anvertraut<lb/>
wurde. Noch mehr endlich zeichnete &#x017F;ich <hi rendition="#aq">Ulug-Beigh</hi> unter den<lb/>
Für&#x017F;ten die&#x017F;es Landes als eifriger Be&#x017F;chützer und Selb&#x017F;tkenner der<lb/>
A&#x017F;tronomie aus, der i. J. 1430 in Samerkand, der Haupt&#x017F;tadt<lb/>
&#x017F;eines Reiches, eine Sternwarte erbaute und &#x017F;ie mit den be&#x017F;ten<lb/>
In&#x017F;trumenten &#x017F;einer Zeit ver&#x017F;ah. Er war &#x017F;elb&#x017F;t einer der ge&#x017F;chick-<lb/>
te&#x017F;ten Beobachter, und man verdankt ihm, neb&#x017F;t der oben ange-<lb/>
führten Be&#x017F;timmung der Schiefe der Ekliptik, auch noch einen<lb/>
neuen Sternkatalog und die be&#x017F;ten Tafeln der Sonne, des Mon-<lb/>
des und der Planeten, die man bis zur Zeit von Tycho-Brahe<lb/>
erhalten hat.</p><lb/>
          <p>§. 51. (Be&#x017F;timmung der Nachtgleichenpunkte durch Beobach-<lb/>
tungen.) Indem wir nach die&#x017F;er Digre&#x017F;&#x017F;ion zu un&#x017F;erem Gegen-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[116/0128] Jährliche Bewegung der Sonne. worden. Er beſtimmte überdieß die Länge der Sonne zur Zeit der Solſtitien und die Länge des Jahres zu 365,2425 Tagen, ge- nau mit unſerem Gregorianiſchen Jahre übereinſtimmend. Ibn-Junis, einer der ausgezeichnetſten Aſtronomen der Ara- ber, beobachtete in Kahira gegen das Jahr 1000 nach Chr. unter dem ägyptiſchen Kalifen Hakem. Sein Werk über Aſtronomie wurde erſt zu Ende des letzten Jahrhunderts in einer Bibliothek zu Leyden gefunden, und ein Theil deſſelben von Caussin über- ſetzt. Seine in dieſem Werke gegebenen Sonnen- und Planeten- tafeln werden im Oriente wegen ihrer großen Genauigkeit gerühmt, und es enthält überdieß viele ſehr ſchätzbare Nachrichten über die aſtronomiſchen Arbeiten der Araber und eine große Anzahl von Beobachtungen ſeit der Zeit des Kalifen Almanzar in der Mitte des achten Jahrhunderts bis auf die Zeit des Verfaſſers. In Perſien endlich erhob ſich die Aſtronomie in der Mitte des eilften Jahrhunderts, wo die Einwohner dieſes Landes das Joch der Araber abgeworfen hatten, unter Omar-Cheian, der eine ſehr ſinnreiche Einrichtung des Kalenders einführte, welche in ei- nem Cyclus von 33 Jahren zu 365 Tagen acht Schaltjahre zu 366 Tagen enthält, wodurch die Länge des Jahres auf 365,242424 Tage gebracht wird, die daher nur 0,000169 Tage oder 14,6 Se- cunden zu groß iſt. Im dreizehnten Jahrhunderte verſammelte der bereits erwähnte König Holaku-Hekukan die beſten Aſtrono- men ſeines Reiches in Maragha, wo er eine prächtige Sternwarte erbaute, die der Leitung des berühmten Nassireddin anvertraut wurde. Noch mehr endlich zeichnete ſich Ulug-Beigh unter den Fürſten dieſes Landes als eifriger Beſchützer und Selbſtkenner der Aſtronomie aus, der i. J. 1430 in Samerkand, der Hauptſtadt ſeines Reiches, eine Sternwarte erbaute und ſie mit den beſten Inſtrumenten ſeiner Zeit verſah. Er war ſelbſt einer der geſchick- teſten Beobachter, und man verdankt ihm, nebſt der oben ange- führten Beſtimmung der Schiefe der Ekliptik, auch noch einen neuen Sternkatalog und die beſten Tafeln der Sonne, des Mon- des und der Planeten, die man bis zur Zeit von Tycho-Brahe erhalten hat. §. 51. (Beſtimmung der Nachtgleichenpunkte durch Beobach- tungen.) Indem wir nach dieſer Digreſſion zu unſerem Gegen-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/128
Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/128>, abgerufen am 24.11.2024.