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Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834.

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Jährliche Bewegung der Sonne.
daran angebrachten Correction (wegen des Halbmessers der Sonne
und der Refraction) 1,54 chinesische Fuß im Sommer- und 13,12
Fuß im Wintersolstitium. Ohne die wahre Größe des chinesischen
Fußes zu kennen, kann man mit diesen Zahlen nach dem so eben
Erwähnten verfahren, wodurch man für die Solstitialhöhe der
Sonne im Sommer 79° 6' 20" und im Winter 31° 22' 20"
finden wird. Daraus folgt sofort (nach §. 48), daß die halbe Dif-
ferenz dieser beiden Zahlen, oder 23° 52' 0" die Schiefe der
Ecliptik, und die halbe Summe derselben, oder 55° 14' 20" die
Aequatorhöhe des Beobachtungsortes, also auch dessen Comple-
ment zu 90 Graden oder 34° 45' 40" die Polhöhe von Honan-
Fu
ist.

§. 50. (Säculäre Abnahme der Schiefe der Ecliptik). Man
hat gegen diese Nachricht des P. Ganbil und gegen die Authen-
ticität dieser altergrauen Beobachtung Zweifel erhoben, weil die
von Tschu-Kong gefundene Schiefe der Ecliptik viel größer ist,
als die, welche wir in unsern Tagen beobachten. Allein außer-
dem, daß die Polhöhe der Stadt Honan-Fu nach den neuern
Beobachtungen derselben Missionäre sehr gut mit der von Tschu-
Kong
übereinstimmt, ist es auch jetzt sehr gut bekannt, daß die
Schiefe der Ecliptik seit beinahe drei Jahrtausenden immer ab-
nimmt. Die folgende Tafel zeigt diese Schiefe, wie sie von den
verschiedenen aufeinanderfolgenden Beobachtern gefunden wurde.

Schiefe der Ecliptik.
Tschu-Kong in China, 1100 vor Chr. G.   23° 52' 0"
Der Grieche Pytheas in Marseille, 350 v. Chr.   23° 49' 20"
Der Araber Ibn-Iunis in Aegypten, 1000 nach Ch. 23° 34' 26"
Coschu-King in China, 1280   23° 32' 2"
Ulug-Beigh in Samarkand, 1437   23° 31' 48"
Bradley in England, 1750   23° 18' 18"
In unsern Zeiten, 1830   23° 27' 40"

Man sieht die mit der Zeit fortgehende Abnahme der Schiefe
und wenn die Regelmäßigkeit derselben nicht immer genau der
Zwischenzeit proportionirt ist, so mag dieses der Unvollkommenheit
jener älteren Beobachtungen zuzuschreiben seyn. In unsern Tagen
ist die Verfertigung der Instrumente, und die Beobachtungskunst
selbst so weit vorgerückt, daß man diese der Zeit proportionale

Jährliche Bewegung der Sonne.
daran angebrachten Correction (wegen des Halbmeſſers der Sonne
und der Refraction) 1,54 chineſiſche Fuß im Sommer- und 13,12
Fuß im Winterſolſtitium. Ohne die wahre Größe des chineſiſchen
Fußes zu kennen, kann man mit dieſen Zahlen nach dem ſo eben
Erwähnten verfahren, wodurch man für die Solſtitialhöhe der
Sonne im Sommer 79° 6′ 20″ und im Winter 31° 22′ 20″
finden wird. Daraus folgt ſofort (nach §. 48), daß die halbe Dif-
ferenz dieſer beiden Zahlen, oder 23° 52′ 0″ die Schiefe der
Ecliptik, und die halbe Summe derſelben, oder 55° 14′ 20″ die
Aequatorhöhe des Beobachtungsortes, alſo auch deſſen Comple-
ment zu 90 Graden oder 34° 45′ 40″ die Polhöhe von Honan-
Fu
iſt.

§. 50. (Säculäre Abnahme der Schiefe der Ecliptik). Man
hat gegen dieſe Nachricht des P. Ganbil und gegen die Authen-
ticität dieſer altergrauen Beobachtung Zweifel erhoben, weil die
von Tschu-Kong gefundene Schiefe der Ecliptik viel größer iſt,
als die, welche wir in unſern Tagen beobachten. Allein außer-
dem, daß die Polhöhe der Stadt Honan-Fu nach den neuern
Beobachtungen derſelben Miſſionäre ſehr gut mit der von Tschu-
Kong
übereinſtimmt, iſt es auch jetzt ſehr gut bekannt, daß die
Schiefe der Ecliptik ſeit beinahe drei Jahrtauſenden immer ab-
nimmt. Die folgende Tafel zeigt dieſe Schiefe, wie ſie von den
verſchiedenen aufeinanderfolgenden Beobachtern gefunden wurde.

Schiefe der Ecliptik.
Tschu-Kong in China, 1100 vor Chr. G.   23° 52′ 0″
Der Grieche Pytheas in Marſeille, 350 v. Chr.   23° 49′ 20″
Der Araber Ibn-Iunis in Aegypten, 1000 nach Ch. 23° 34′ 26″
Coschu-King in China, 1280   23° 32′ 2″
Ulug-Beigh in Samarkand, 1437   23° 31′ 48″
Bradley in England, 1750   23° 18′ 18″
In unſern Zeiten, 1830   23° 27′ 40″

Man ſieht die mit der Zeit fortgehende Abnahme der Schiefe
und wenn die Regelmäßigkeit derſelben nicht immer genau der
Zwiſchenzeit proportionirt iſt, ſo mag dieſes der Unvollkommenheit
jener älteren Beobachtungen zuzuſchreiben ſeyn. In unſern Tagen
iſt die Verfertigung der Inſtrumente, und die Beobachtungskunſt
ſelbſt ſo weit vorgerückt, daß man dieſe der Zeit proportionale

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[112/0124] Jährliche Bewegung der Sonne. daran angebrachten Correction (wegen des Halbmeſſers der Sonne und der Refraction) 1,54 chineſiſche Fuß im Sommer- und 13,12 Fuß im Winterſolſtitium. Ohne die wahre Größe des chineſiſchen Fußes zu kennen, kann man mit dieſen Zahlen nach dem ſo eben Erwähnten verfahren, wodurch man für die Solſtitialhöhe der Sonne im Sommer 79° 6′ 20″ und im Winter 31° 22′ 20″ finden wird. Daraus folgt ſofort (nach §. 48), daß die halbe Dif- ferenz dieſer beiden Zahlen, oder 23° 52′ 0″ die Schiefe der Ecliptik, und die halbe Summe derſelben, oder 55° 14′ 20″ die Aequatorhöhe des Beobachtungsortes, alſo auch deſſen Comple- ment zu 90 Graden oder 34° 45′ 40″ die Polhöhe von Honan- Fu iſt. §. 50. (Säculäre Abnahme der Schiefe der Ecliptik). Man hat gegen dieſe Nachricht des P. Ganbil und gegen die Authen- ticität dieſer altergrauen Beobachtung Zweifel erhoben, weil die von Tschu-Kong gefundene Schiefe der Ecliptik viel größer iſt, als die, welche wir in unſern Tagen beobachten. Allein außer- dem, daß die Polhöhe der Stadt Honan-Fu nach den neuern Beobachtungen derſelben Miſſionäre ſehr gut mit der von Tschu- Kong übereinſtimmt, iſt es auch jetzt ſehr gut bekannt, daß die Schiefe der Ecliptik ſeit beinahe drei Jahrtauſenden immer ab- nimmt. Die folgende Tafel zeigt dieſe Schiefe, wie ſie von den verſchiedenen aufeinanderfolgenden Beobachtern gefunden wurde. Schiefe der Ecliptik. Tschu-Kong in China, 1100 vor Chr. G. 23° 52′ 0″ Der Grieche Pytheas in Marſeille, 350 v. Chr. 23° 49′ 20″ Der Araber Ibn-Iunis in Aegypten, 1000 nach Ch. 23° 34′ 26″ Coschu-King in China, 1280 23° 32′ 2″ Ulug-Beigh in Samarkand, 1437 23° 31′ 48″ Bradley in England, 1750 23° 18′ 18″ In unſern Zeiten, 1830 23° 27′ 40″ Man ſieht die mit der Zeit fortgehende Abnahme der Schiefe und wenn die Regelmäßigkeit derſelben nicht immer genau der Zwiſchenzeit proportionirt iſt, ſo mag dieſes der Unvollkommenheit jener älteren Beobachtungen zuzuſchreiben ſeyn. In unſern Tagen iſt die Verfertigung der Inſtrumente, und die Beobachtungskunſt ſelbſt ſo weit vorgerückt, daß man dieſe der Zeit proportionale

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Zitationshilfe: Littrow, Joseph Johann von: Die Wunder des Himmels, oder gemeinfaßliche Darstellung des Weltsystems. Bd. 1. Stuttgart, 1834, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/littrow_weltsystem01_1834/124>, abgerufen am 27.11.2024.