Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898.§ 13. Das Auswärtige Amt und die völkerrechtlichen Agenten. II. Unter der Leitung des Auswärtigen Amtes wird der völkerrecht- Man unterscheidet: 1. ständige Agenten; und zwar: a) Gesandte, die den Absendestaat in allen seinen völkerrechtlichen Beziehungen vertreten, mithin "diplomatischen Charakter" be- sitzen, und b) Konsuln, die den Absendestaat, von besonderen Aufträgen abge- sehen, nur in den handelspolitischen Beziehungen zum Empfangs- staat vertreten; 2. nichtständige (ausserordentliche) Agenten; und zwar: a) solche, die "mit diplomatischem Charakter", d. h. mit den Vor- rechten der Gesandten, bei besonderen Anlässen den Absende- staat vertreten; und b) Agenten ohne diplomatischen Charakter oder Kommissarien, die zur Erledigung einzelner Staatsgeschäfte, insbesondere tech- nischer Fragen (Grenzregulierungen, Verkehrsinteressen, In- dustrieausstellungen u. s. w.), entsendet werden. Sie ge- niessen während ihres amtlichen Aufenthaltes in dem Empfangs- staate nur diejenigen Vorrechte, ohne welche die Erledigung ihrer Aufgabe nicht möglich wäre; dahin gehört die Unver- letzlichkeit ihrer Person und ihrer Papiere (anerkannt vom Reichskanzler Fürsten Bismarck, aus Anlass des Falles Schnäbele, durch Erklärung vom 28. April 1887); nicht aber die Befreiung von der Gerichtsbarkeit des Empfangsstaates. Vgl. v. Holtzendorff, R. J. XX 217. Eine lehrreiche Anwendung dieses Grundsatzes enthält ferner § 13. Das Auswärtige Amt und die völkerrechtlichen Agenten. II. Unter der Leitung des Auswärtigen Amtes wird der völkerrecht- Man unterscheidet: 1. ständige Agenten; und zwar: a) Gesandte, die den Absendestaat in allen seinen völkerrechtlichen Beziehungen vertreten, mithin „diplomatischen Charakter“ be- sitzen, und b) Konsuln, die den Absendestaat, von besonderen Aufträgen abge- sehen, nur in den handelspolitischen Beziehungen zum Empfangs- staat vertreten; 2. nichtständige (auſserordentliche) Agenten; und zwar: a) solche, die „mit diplomatischem Charakter“, d. h. mit den Vor- rechten der Gesandten, bei besonderen Anlässen den Absende- staat vertreten; und b) Agenten ohne diplomatischen Charakter oder Kommissarien, die zur Erledigung einzelner Staatsgeschäfte, insbesondere tech- nischer Fragen (Grenzregulierungen, Verkehrsinteressen, In- dustrieausstellungen u. s. w.), entsendet werden. Sie ge- nieſsen während ihres amtlichen Aufenthaltes in dem Empfangs- staate nur diejenigen Vorrechte, ohne welche die Erledigung ihrer Aufgabe nicht möglich wäre; dahin gehört die Unver- letzlichkeit ihrer Person und ihrer Papiere (anerkannt vom Reichskanzler Fürsten Bismarck, aus Anlaſs des Falles Schnäbele, durch Erklärung vom 28. April 1887); nicht aber die Befreiung von der Gerichtsbarkeit des Empfangsstaates. Vgl. v. Holtzendorff, R. J. XX 217. Eine lehrreiche Anwendung dieses Grundsatzes enthält ferner <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0093" n="71"/> <fw place="top" type="header">§ 13. Das Auswärtige Amt und die völkerrechtlichen Agenten.</fw><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">II.</hi> </head> <p> <hi rendition="#b">Unter der Leitung des Auswärtigen Amtes wird der völkerrecht-<lb/> liche Verkehr mit dem Ausland unterhalten durch die völkerrechtlichen<lb/> Agenten, die kraft besonderer Vollmacht den auftraggebenden Staat<lb/> vertreten.</hi> </p><lb/> <p> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#b">Man unterscheidet:</hi> </hi> </p><lb/> <list> <item> <hi rendition="#b">1. ständige Agenten; und zwar:</hi><lb/> <list> <item><hi rendition="#b">a) Gesandte, die den Absendestaat in allen seinen völkerrechtlichen<lb/> Beziehungen vertreten, mithin „diplomatischen Charakter“ be-<lb/> sitzen,</hi> und</item><lb/> <item> <hi rendition="#b">b) Konsuln, die den Absendestaat, von besonderen Aufträgen abge-<lb/> sehen, nur in den handelspolitischen Beziehungen zum Empfangs-<lb/> staat vertreten;</hi> </item> </list> </item><lb/> <item> <hi rendition="#b">2. nichtständige (auſserordentliche) Agenten; und zwar:</hi><lb/> <list> <item> <hi rendition="#b">a) solche, die „mit diplomatischem Charakter“, d. h. mit den Vor-<lb/> rechten der Gesandten, bei besonderen Anlässen den Absende-<lb/> staat vertreten; und</hi> </item><lb/> <item><hi rendition="#b">b) Agenten ohne diplomatischen Charakter oder Kommissarien,</hi> die<lb/> zur Erledigung einzelner Staatsgeschäfte, insbesondere tech-<lb/> nischer Fragen (Grenzregulierungen, Verkehrsinteressen, In-<lb/> dustrieausstellungen u. s. w.), entsendet werden. Sie ge-<lb/> nieſsen während ihres amtlichen Aufenthaltes in dem Empfangs-<lb/> staate nur diejenigen Vorrechte, ohne welche die Erledigung<lb/> ihrer Aufgabe nicht möglich wäre; dahin gehört die Unver-<lb/> letzlichkeit ihrer Person und ihrer Papiere (anerkannt vom<lb/> Reichskanzler Fürsten Bismarck, aus Anlaſs des Falles<lb/> Schnäbele, durch Erklärung vom 28. April 1887); nicht aber<lb/> die Befreiung von der Gerichtsbarkeit des Empfangsstaates.</item> </list> </item> </list><lb/> <p> <hi rendition="#et">Vgl. v. <hi rendition="#g">Holtzendorff</hi>, R. J. XX 217.</hi> </p><lb/> <p>Eine lehrreiche Anwendung dieses Grundsatzes enthält ferner<lb/> der deutsch-schweizerische Vertrag vom 5. Dezember 1896 (R. G. Bl.<lb/> 1897 S. 195) betreffend die Einrichtung schweizerischer Neben-<lb/> zollämter auf badischem Gebiet in Artikel VI: „Während seines in<lb/> Gemäſsheit der vorstehenden Bestimmungen auf deutschem Gebiet<lb/> erfolgenden Aufenthalts ist das schweizerische Zollpersonal den<lb/> deutschen Gesetzen, sowie der deutschen Gerichtsbarkeit und Polizei-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [71/0093]
§ 13. Das Auswärtige Amt und die völkerrechtlichen Agenten.
II. Unter der Leitung des Auswärtigen Amtes wird der völkerrecht-
liche Verkehr mit dem Ausland unterhalten durch die völkerrechtlichen
Agenten, die kraft besonderer Vollmacht den auftraggebenden Staat
vertreten.
Man unterscheidet:
1. ständige Agenten; und zwar:
a) Gesandte, die den Absendestaat in allen seinen völkerrechtlichen
Beziehungen vertreten, mithin „diplomatischen Charakter“ be-
sitzen, und
b) Konsuln, die den Absendestaat, von besonderen Aufträgen abge-
sehen, nur in den handelspolitischen Beziehungen zum Empfangs-
staat vertreten;
2. nichtständige (auſserordentliche) Agenten; und zwar:
a) solche, die „mit diplomatischem Charakter“, d. h. mit den Vor-
rechten der Gesandten, bei besonderen Anlässen den Absende-
staat vertreten; und
b) Agenten ohne diplomatischen Charakter oder Kommissarien, die
zur Erledigung einzelner Staatsgeschäfte, insbesondere tech-
nischer Fragen (Grenzregulierungen, Verkehrsinteressen, In-
dustrieausstellungen u. s. w.), entsendet werden. Sie ge-
nieſsen während ihres amtlichen Aufenthaltes in dem Empfangs-
staate nur diejenigen Vorrechte, ohne welche die Erledigung
ihrer Aufgabe nicht möglich wäre; dahin gehört die Unver-
letzlichkeit ihrer Person und ihrer Papiere (anerkannt vom
Reichskanzler Fürsten Bismarck, aus Anlaſs des Falles
Schnäbele, durch Erklärung vom 28. April 1887); nicht aber
die Befreiung von der Gerichtsbarkeit des Empfangsstaates.
Vgl. v. Holtzendorff, R. J. XX 217.
Eine lehrreiche Anwendung dieses Grundsatzes enthält ferner
der deutsch-schweizerische Vertrag vom 5. Dezember 1896 (R. G. Bl.
1897 S. 195) betreffend die Einrichtung schweizerischer Neben-
zollämter auf badischem Gebiet in Artikel VI: „Während seines in
Gemäſsheit der vorstehenden Bestimmungen auf deutschem Gebiet
erfolgenden Aufenthalts ist das schweizerische Zollpersonal den
deutschen Gesetzen, sowie der deutschen Gerichtsbarkeit und Polizei-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |