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Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898.

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IV. Buch. Die Staatenstreitigkeiten und deren Austragung.
Absatz 1), dass der Landsturm bei Verwendung gegen den Feind
militärische, auf Schussweite erkennbare Abzeichen erhalte. In
der Litteratur ist die Frage sehr bestritten. Die Brüssler Dekla-
ration von 1874 und das Handbuch von 1880 hatten ohne weiteres
auch der Massenerhebung die Vorrechte der Soldaten zugestanden;
und das war gerade einer derjenigen Punkte, die den ganzen Ent-
wurf eines internationalen Gesetzbuchs für den Landkrieg zum
Scheitern brachten, da insbesondere die kleineren Mächte erklärten,
niemals auf das Recht einer Massenerhebung des Volkes verzichten
zu können. Für die richtige Ansicht unter andern Rivier II 252.

2. Zur Seemacht gehören an sich auch diejenigen Handelsschiffe,
die in Kriegszeiten mit besonderer Ermächtigung der kriegführenden
Regierung Jagd auf gegnerische Handelsschiffe unternehmen.

Sie heissen Kaper (corsaires oder armateurs), stehen unter
dem Kommando der Admiralität, von der sie die Erlaubnis zur
Wegnahme der guten Prisen (lettres de marque oder commission
de guerre, Kommissionen) erhalten haben und führen die Kriegs-
flagge. Ausstellung von Kaperbriefen an Schiffe, die nicht der
Handelsmarine des Kriegführenden angehören, gilt als völkerrechts-
widrig.

Nach vielfachen vergeblichen Versuchen (z. B. preussisch-ameri-
kanischer Vertrag von 1785), durch Verträge zwischen einzelnen
Staaten zu einer Beseitigung der Kaperei zu gelangen, ist endlich
durch die Pariser Seerechtsdeklaration vom 16. April 1856 die Kaperei
zwischen den Signatarmächten abgeschafft worden
("La course est et
demeure abolie").

Die meisten Seemächte sind dieser Vereinbarung beigetreten,
nicht aber die Vereinigten Staaten, Spanien, Mexiko, Bolivia, Neu-
granada, Uruguay, Venezuela. Die Vereinigten Staaten verweigerten
den Beitritt, weil sie die vollständige Freiheit des Privateigentums
auch im Seekrieg, also die vollständige Aufgabe des Prisenrechts,
forderten. Im Kriege von 1898 haben jedoch sowohl die Vereinigten
Staaten als auch Spanien auf die Verwendung von Kapern verzichtet.
Die Vereinbarung verpflichtet nur die Signatarmächte und auch
diese nur in den zwischen ihnen geführten Kriegen. Der gegen die

IV. Buch. Die Staatenstreitigkeiten und deren Austragung.
Absatz 1), daſs der Landsturm bei Verwendung gegen den Feind
militärische, auf Schuſsweite erkennbare Abzeichen erhalte. In
der Litteratur ist die Frage sehr bestritten. Die Brüssler Dekla-
ration von 1874 und das Handbuch von 1880 hatten ohne weiteres
auch der Massenerhebung die Vorrechte der Soldaten zugestanden;
und das war gerade einer derjenigen Punkte, die den ganzen Ent-
wurf eines internationalen Gesetzbuchs für den Landkrieg zum
Scheitern brachten, da insbesondere die kleineren Mächte erklärten,
niemals auf das Recht einer Massenerhebung des Volkes verzichten
zu können. Für die richtige Ansicht unter andern Rivier II 252.

2. Zur Seemacht gehören an sich auch diejenigen Handelsschiffe,
die in Kriegszeiten mit besonderer Ermächtigung der kriegführenden
Regierung Jagd auf gegnerische Handelsschiffe unternehmen.

Sie heiſsen Kaper (corsaires oder armateurs), stehen unter
dem Kommando der Admiralität, von der sie die Erlaubnis zur
Wegnahme der guten Prisen (lettres de marque oder commission
de guerre, Kommissionen) erhalten haben und führen die Kriegs-
flagge. Ausstellung von Kaperbriefen an Schiffe, die nicht der
Handelsmarine des Kriegführenden angehören, gilt als völkerrechts-
widrig.

Nach vielfachen vergeblichen Versuchen (z. B. preuſsisch-ameri-
kanischer Vertrag von 1785), durch Verträge zwischen einzelnen
Staaten zu einer Beseitigung der Kaperei zu gelangen, ist endlich
durch die Pariser Seerechtsdeklaration vom 16. April 1856 die Kaperei
zwischen den Signatarmächten abgeschafft worden
(„La course est et
demeure abolie“).

Die meisten Seemächte sind dieser Vereinbarung beigetreten,
nicht aber die Vereinigten Staaten, Spanien, Mexiko, Bolivia, Neu-
granada, Uruguay, Venezuela. Die Vereinigten Staaten verweigerten
den Beitritt, weil sie die vollständige Freiheit des Privateigentums
auch im Seekrieg, also die vollständige Aufgabe des Prisenrechts,
forderten. Im Kriege von 1898 haben jedoch sowohl die Vereinigten
Staaten als auch Spanien auf die Verwendung von Kapern verzichtet.
Die Vereinbarung verpflichtet nur die Signatarmächte und auch
diese nur in den zwischen ihnen geführten Kriegen. Der gegen die

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[220/0242] IV. Buch. Die Staatenstreitigkeiten und deren Austragung. Absatz 1), daſs der Landsturm bei Verwendung gegen den Feind militärische, auf Schuſsweite erkennbare Abzeichen erhalte. In der Litteratur ist die Frage sehr bestritten. Die Brüssler Dekla- ration von 1874 und das Handbuch von 1880 hatten ohne weiteres auch der Massenerhebung die Vorrechte der Soldaten zugestanden; und das war gerade einer derjenigen Punkte, die den ganzen Ent- wurf eines internationalen Gesetzbuchs für den Landkrieg zum Scheitern brachten, da insbesondere die kleineren Mächte erklärten, niemals auf das Recht einer Massenerhebung des Volkes verzichten zu können. Für die richtige Ansicht unter andern Rivier II 252. 2. Zur Seemacht gehören an sich auch diejenigen Handelsschiffe, die in Kriegszeiten mit besonderer Ermächtigung der kriegführenden Regierung Jagd auf gegnerische Handelsschiffe unternehmen. Sie heiſsen Kaper (corsaires oder armateurs), stehen unter dem Kommando der Admiralität, von der sie die Erlaubnis zur Wegnahme der guten Prisen (lettres de marque oder commission de guerre, Kommissionen) erhalten haben und führen die Kriegs- flagge. Ausstellung von Kaperbriefen an Schiffe, die nicht der Handelsmarine des Kriegführenden angehören, gilt als völkerrechts- widrig. Nach vielfachen vergeblichen Versuchen (z. B. preuſsisch-ameri- kanischer Vertrag von 1785), durch Verträge zwischen einzelnen Staaten zu einer Beseitigung der Kaperei zu gelangen, ist endlich durch die Pariser Seerechtsdeklaration vom 16. April 1856 die Kaperei zwischen den Signatarmächten abgeschafft worden („La course est et demeure abolie“). Die meisten Seemächte sind dieser Vereinbarung beigetreten, nicht aber die Vereinigten Staaten, Spanien, Mexiko, Bolivia, Neu- granada, Uruguay, Venezuela. Die Vereinigten Staaten verweigerten den Beitritt, weil sie die vollständige Freiheit des Privateigentums auch im Seekrieg, also die vollständige Aufgabe des Prisenrechts, forderten. Im Kriege von 1898 haben jedoch sowohl die Vereinigten Staaten als auch Spanien auf die Verwendung von Kapern verzichtet. Die Vereinbarung verpflichtet nur die Signatarmächte und auch diese nur in den zwischen ihnen geführten Kriegen. Der gegen die

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898/242>, abgerufen am 25.11.2024.