§ 37. Die Regelung gemeinsamer politischer Interessen.
lung für jetzt keinen Anlass. Sollte sich aber diese Hoffnung wider Erwarten als eine irrtümliche erweisen, so würden die beiden Hohen Kontrahenten es als eine Pflicht der Loyalität erkennen, den Kaiser Alexander mindestens vertraulich darüber zu verständigen, dass sie einen Angriff auf einen von ihnen als gegen beide gerichtet be- trachten müssten.
2. Der Wortlaut der von Italien mit Deutschland und Österreich getroffenen Vereinbarungen ist bisher nicht amt- lich veröffentlicht worden. Italien hat sich bereits 1882, ver- anlasst durch Frankreichs Vorgehen gegen Tunis, den Centralmächten angeschlossen. Aber erst im Oktober 1887, nach der Begegnung zwischen Bismarck und Crispi in Friedrichsruh, wurden bestimmte Vereinbarungen getroffen. Nach den Mitteilungen der Zeitungen, die allerdings mit Vorbehalt aufzunehmen sein dürften, handelt es sich um zwei Verträge. Der erste ist zwischen Italien und Österreich geschlossen. Er verpflichtet Österreich zu einer "wohl- wollenden Neutralität" im Falle eines Krieges zwischen Italien und Frankreich; Italien zu einer gleichen Haltung im Falle eines Krieges zwischen Österreich und Russland. Österreich verspricht ausser- dem, die italienischen Interessen im Mittelmeer mit allen Kräften zu unterstützen und auf der Balkanhalbinsel nichts ohne vorher- gegangene Verständigung mit Italien zu unternehmen. Der Ver- trag zwischen Italien und Deutschland enthält zunächst die feierliche Erklärung der beiden Vertragschliessenden, dass keiner von ihnen freiwillig den Frieden brechen wird. Für den Fall, dass einer der beiden Mächte von Frankreich angegriffen werden sollte, werden sich beide mit allen ihren Streitkräften zur Seite stehen. Wenn aber Frankreich und Russland einen gemeinsamen Angriffs- krieg gegen Deutschland und Österreich oder auch nur gegen Deutschland allein unternehmen sollten, würden die gesamten Streit- kräfte der drei Mächte gemeinsam ins Feld rücken.
Vgl. Rolin-Jaequemyns, R. J. XX 1.
§ 37. Die Regelung gemeinsamer politischer Interessen.
lung für jetzt keinen Anlaſs. Sollte sich aber diese Hoffnung wider Erwarten als eine irrtümliche erweisen, so würden die beiden Hohen Kontrahenten es als eine Pflicht der Loyalität erkennen, den Kaiser Alexander mindestens vertraulich darüber zu verständigen, daſs sie einen Angriff auf einen von ihnen als gegen beide gerichtet be- trachten müſsten.
2. Der Wortlaut der von Italien mit Deutschland und Österreich getroffenen Vereinbarungen ist bisher nicht amt- lich veröffentlicht worden. Italien hat sich bereits 1882, ver- anlaſst durch Frankreichs Vorgehen gegen Tunis, den Centralmächten angeschlossen. Aber erst im Oktober 1887, nach der Begegnung zwischen Bismarck und Crispi in Friedrichsruh, wurden bestimmte Vereinbarungen getroffen. Nach den Mitteilungen der Zeitungen, die allerdings mit Vorbehalt aufzunehmen sein dürften, handelt es sich um zwei Verträge. Der erste ist zwischen Italien und Österreich geschlossen. Er verpflichtet Österreich zu einer „wohl- wollenden Neutralität“ im Falle eines Krieges zwischen Italien und Frankreich; Italien zu einer gleichen Haltung im Falle eines Krieges zwischen Österreich und Ruſsland. Österreich verspricht auſser- dem, die italienischen Interessen im Mittelmeer mit allen Kräften zu unterstützen und auf der Balkanhalbinsel nichts ohne vorher- gegangene Verständigung mit Italien zu unternehmen. Der Ver- trag zwischen Italien und Deutschland enthält zunächst die feierliche Erklärung der beiden Vertragschlieſsenden, daſs keiner von ihnen freiwillig den Frieden brechen wird. Für den Fall, daſs einer der beiden Mächte von Frankreich angegriffen werden sollte, werden sich beide mit allen ihren Streitkräften zur Seite stehen. Wenn aber Frankreich und Ruſsland einen gemeinsamen Angriffs- krieg gegen Deutschland und Österreich oder auch nur gegen Deutschland allein unternehmen sollten, würden die gesamten Streit- kräfte der drei Mächte gemeinsam ins Feld rücken.
Vgl. Rolin-Jaequemyns, R. J. XX 1.
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§ 37. Die Regelung gemeinsamer politischer Interessen.
lung für jetzt keinen Anlaſs. Sollte sich aber diese Hoffnung wider
Erwarten als eine irrtümliche erweisen, so würden die beiden Hohen
Kontrahenten es als eine Pflicht der Loyalität erkennen, den Kaiser
Alexander mindestens vertraulich darüber zu verständigen, daſs sie
einen Angriff auf einen von ihnen als gegen beide gerichtet be-
trachten müſsten.
2. Der Wortlaut der von Italien mit Deutschland und
Österreich getroffenen Vereinbarungen ist bisher nicht amt-
lich veröffentlicht worden. Italien hat sich bereits 1882, ver-
anlaſst durch Frankreichs Vorgehen gegen Tunis, den Centralmächten
angeschlossen. Aber erst im Oktober 1887, nach der Begegnung
zwischen Bismarck und Crispi in Friedrichsruh, wurden bestimmte
Vereinbarungen getroffen. Nach den Mitteilungen der Zeitungen,
die allerdings mit Vorbehalt aufzunehmen sein dürften, handelt es
sich um zwei Verträge. Der erste ist zwischen Italien und
Österreich geschlossen. Er verpflichtet Österreich zu einer „wohl-
wollenden Neutralität“ im Falle eines Krieges zwischen Italien und
Frankreich; Italien zu einer gleichen Haltung im Falle eines Krieges
zwischen Österreich und Ruſsland. Österreich verspricht auſser-
dem, die italienischen Interessen im Mittelmeer mit allen Kräften
zu unterstützen und auf der Balkanhalbinsel nichts ohne vorher-
gegangene Verständigung mit Italien zu unternehmen. Der Ver-
trag zwischen Italien und Deutschland enthält zunächst die
feierliche Erklärung der beiden Vertragschlieſsenden, daſs keiner
von ihnen freiwillig den Frieden brechen wird. Für den Fall, daſs
einer der beiden Mächte von Frankreich angegriffen werden sollte,
werden sich beide mit allen ihren Streitkräften zur Seite stehen.
Wenn aber Frankreich und Ruſsland einen gemeinsamen Angriffs-
krieg gegen Deutschland und Österreich oder auch nur gegen
Deutschland allein unternehmen sollten, würden die gesamten Streit-
kräfte der drei Mächte gemeinsam ins Feld rücken.
Vgl. Rolin-Jaequemyns, R. J. XX 1.
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Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898/221>, abgerufen am 28.07.2024.
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