Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898.§ 35. Der internationale Schutz ideeller Interessen. andern Staat der Völkerrechtsgemeinschaft auszuüben. Sie dürfennicht etwa wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer solchen Religion oder Konfession ungünstiger als Andersgläubige behandelt werden. In den Verträgen mit den süd- und mittelamerikanischen Staaten wird aber die Religionsfreiheit in dem eben umschriebenen Sinne vielfach noch ausdrücklich vereinbart (oben S. 136). Selbstverständ- lich ist es dagegen, dass im Verhältnis zu den nichtchristlichen Staaten die Freiheit der Religionsübung ausdrücklicher und be- sonderer Vereinbarung bedarf. 2. Über die Wahrung der Interessen der eigenen Staatsangehörigen So bestimmt Artikel 5 bezüglich Bulgariens: "Der Unterschied Ähnliche Bestimmungen finden sich in den Artikeln 27 für 3. Dieselbe Verpflichtung wurde, wenn auch in anderer Fassung, Nach Artikel 62 nehmen die Mächte von dem freiwilligen § 35. Der internationale Schutz ideeller Interessen. andern Staat der Völkerrechtsgemeinschaft auszuüben. Sie dürfennicht etwa wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer solchen Religion oder Konfession ungünstiger als Andersgläubige behandelt werden. In den Verträgen mit den süd- und mittelamerikanischen Staaten wird aber die Religionsfreiheit in dem eben umschriebenen Sinne vielfach noch ausdrücklich vereinbart (oben S. 136). Selbstverständ- lich ist es dagegen, daſs im Verhältnis zu den nichtchristlichen Staaten die Freiheit der Religionsübung ausdrücklicher und be- sonderer Vereinbarung bedarf. 2. Über die Wahrung der Interessen der eigenen Staatsangehörigen So bestimmt Artikel 5 bezüglich Bulgariens: „Der Unterschied Ähnliche Bestimmungen finden sich in den Artikeln 27 für 3. Dieselbe Verpflichtung wurde, wenn auch in anderer Fassung, Nach Artikel 62 nehmen die Mächte von dem freiwilligen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0207" n="185"/><fw place="top" type="header">§ 35. Der internationale Schutz ideeller Interessen.</fw><lb/> andern Staat der Völkerrechtsgemeinschaft auszuüben. Sie dürfen<lb/> nicht etwa wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer solchen Religion<lb/> oder Konfession ungünstiger als Andersgläubige behandelt werden.<lb/> In den Verträgen mit den süd- und mittelamerikanischen Staaten<lb/> wird aber die Religionsfreiheit in dem eben umschriebenen Sinne<lb/> vielfach noch ausdrücklich vereinbart (oben S. 136). Selbstverständ-<lb/> lich ist es dagegen, daſs im Verhältnis zu den nichtchristlichen<lb/> Staaten die Freiheit der Religionsübung ausdrücklicher und be-<lb/> sonderer Vereinbarung bedarf.</p><lb/> <p> <hi rendition="#b">2. Über die Wahrung der Interessen der eigenen Staatsangehörigen<lb/> hinausgehend, hat der Berliner Kongreſs von 1878 die Balkanstaaten<lb/> verpflichtet, die Gleichheit der Religionsbekenntnisse in Gesetzgebung<lb/> und Verwaltung ausnahmslos durchzuführen.</hi> </p><lb/> <p>So bestimmt Artikel 5 bezüglich Bulgariens: „Der Unterschied<lb/> des religiösen Glaubens und der Bekenntnisse darf Niemandem gegen-<lb/> über geltend gemacht werden als ein Grund der Ausschlieſsung<lb/> oder der Unfähigkeit bezüglich des Genusses der bürgerlichen<lb/> und politischen Rechte, der Zulassung zu öffentlichen Diensten,<lb/> Ämtern und Ehren oder der Ausübung der verschiedenen Berufs-<lb/> und Gewerbszweige, an welchem Orte es auch sei.“ — „Die Freiheit<lb/> und die öffentliche Ausübung aller Kulte werden allen Angehörigen<lb/> Bulgariens sowie den Ausländern zugesichert, und es darf weder<lb/> der hierarchischen Organisation der verschiedenen Religionsgemein-<lb/> schaften noch deren Beziehungen zu ihren geistlichen Oberen ein<lb/> Hindernis entgegengestellt werden.“</p><lb/> <p>Ähnliche Bestimmungen finden sich in den Artikeln 27 für<lb/> Montenegro, 35 für Serbien, 44 für Rumänien.</p><lb/> <p> <hi rendition="#b">3. Dieselbe Verpflichtung wurde, wenn auch in anderer Fassung,<lb/> durch den Berliner Kongreſs von 1878 der Türkei auferlegt.</hi> </p><lb/> <p>Nach Artikel 62 nehmen die Mächte von dem freiwilligen<lb/> Entschluſs der Hohen Pforte Kenntnis, „den Grundsatz der religiösen<lb/> Freiheit aufrecht zu erhalten und demselben die weiteste Aus-<lb/> dehnung zu geben.“ Die folgenden Artikel enthalten die nähere<lb/> Ausführung dieser Grundsätze. Dann fährt der Artikel fort: „Die<lb/> in der europäischen oder asiatischen Türkei reisenden Geistlichen,<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [185/0207]
§ 35. Der internationale Schutz ideeller Interessen.
andern Staat der Völkerrechtsgemeinschaft auszuüben. Sie dürfen
nicht etwa wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer solchen Religion
oder Konfession ungünstiger als Andersgläubige behandelt werden.
In den Verträgen mit den süd- und mittelamerikanischen Staaten
wird aber die Religionsfreiheit in dem eben umschriebenen Sinne
vielfach noch ausdrücklich vereinbart (oben S. 136). Selbstverständ-
lich ist es dagegen, daſs im Verhältnis zu den nichtchristlichen
Staaten die Freiheit der Religionsübung ausdrücklicher und be-
sonderer Vereinbarung bedarf.
2. Über die Wahrung der Interessen der eigenen Staatsangehörigen
hinausgehend, hat der Berliner Kongreſs von 1878 die Balkanstaaten
verpflichtet, die Gleichheit der Religionsbekenntnisse in Gesetzgebung
und Verwaltung ausnahmslos durchzuführen.
So bestimmt Artikel 5 bezüglich Bulgariens: „Der Unterschied
des religiösen Glaubens und der Bekenntnisse darf Niemandem gegen-
über geltend gemacht werden als ein Grund der Ausschlieſsung
oder der Unfähigkeit bezüglich des Genusses der bürgerlichen
und politischen Rechte, der Zulassung zu öffentlichen Diensten,
Ämtern und Ehren oder der Ausübung der verschiedenen Berufs-
und Gewerbszweige, an welchem Orte es auch sei.“ — „Die Freiheit
und die öffentliche Ausübung aller Kulte werden allen Angehörigen
Bulgariens sowie den Ausländern zugesichert, und es darf weder
der hierarchischen Organisation der verschiedenen Religionsgemein-
schaften noch deren Beziehungen zu ihren geistlichen Oberen ein
Hindernis entgegengestellt werden.“
Ähnliche Bestimmungen finden sich in den Artikeln 27 für
Montenegro, 35 für Serbien, 44 für Rumänien.
3. Dieselbe Verpflichtung wurde, wenn auch in anderer Fassung,
durch den Berliner Kongreſs von 1878 der Türkei auferlegt.
Nach Artikel 62 nehmen die Mächte von dem freiwilligen
Entschluſs der Hohen Pforte Kenntnis, „den Grundsatz der religiösen
Freiheit aufrecht zu erhalten und demselben die weiteste Aus-
dehnung zu geben.“ Die folgenden Artikel enthalten die nähere
Ausführung dieser Grundsätze. Dann fährt der Artikel fort: „Die
in der europäischen oder asiatischen Türkei reisenden Geistlichen,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |