Die vereinbarten Massregeln, denen sich Grossbritannien nur mit weitgehendem Vorbehalt angeschlossen hat, betreffen einerseits den Verkehr von Reisenden und Waren (Anlage I), andrerseits das Sanitätswesen an der Donaumündung bei Sulina (Anlage II). Jeder Vertragsstaat ist verpflichtet, von der Entstehung eines Cholera- herdes auf seinem Gebiet und von den getroffenen Vorbeugungs- massregeln den andern Staaten Mitteilung zu machen. Die den Verkehr einengenden Massregeln sind auf die verseuchten Gebiete zu beschränken. Die Gegenstände, welche Träger von Ansteckungs- stoffen sein können und daher für Einfuhrverbote und für die Des- infektion in Frage kommen, werden genau bezeichnet (Leibwäsche, getragene Kleider, gebrauchtes Bettzeug, Hadern und Lumpen); die Durchfuhr dieser Gegenstände darf nicht untersagt werden, wenn durch die Verpackung die Gefahr einer Berührung während der Beförderung ausgeschlossen ist. Eine allgemeine Absperrung der Landesgrenzen darf nicht stattfinden; nur erkrankte Personen dürfen zurückgehalten werden. Für den Seeverkehr wird zwischen ver- seuchten, verdächtigen und reinen Schiffen unterschieden. Nur die ersteren unterliegen der Quarantäne; die verdächtigen Schiffe werden desinfiziert, mit frischem Trinkwasser versehen und das Kielwasser wird ausgeschöpft.
Alle von der Sulinamündung stromaufwärts gehenden Schiffe sind, solange die Stadt nicht mit gutem Trinkwasser versehen ist, einer gesundheitspolizeilichen Beaufsichtigung unterworfen. In der Stadt selbst, sowie an beiden Ufern des Stromes sind Sanitäts- stationen minderer Ordnung zu errichten, welche die Schiffe zu überwachen haben und in welche die Kranken zu schaffen sind.
4. Einen wichtigen weiteren Fortschritt brachte die Pariser Kon- ferenz von 1894. Ihr Ergebnis war die Vereinbarung von Massregeln zur Bekämpfung der Cholera in den Ursprungsländern.
Die Pilgerfahrten von und nach Hidschaz (der arabischen Provinz, welche die beiden heiligen Städte des Islam, Mekka und Medina, umschliesst) werden einer strengen Überwachung unter- worfen. Insbesondere müssen die Pilgerschiffe bestimmten sani-
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§ 33. Der internationale Schutz der Gesundheit.
Die vereinbarten Maſsregeln, denen sich Groſsbritannien nur mit weitgehendem Vorbehalt angeschlossen hat, betreffen einerseits den Verkehr von Reisenden und Waren (Anlage I), andrerseits das Sanitätswesen an der Donaumündung bei Sulina (Anlage II). Jeder Vertragsstaat ist verpflichtet, von der Entstehung eines Cholera- herdes auf seinem Gebiet und von den getroffenen Vorbeugungs- maſsregeln den andern Staaten Mitteilung zu machen. Die den Verkehr einengenden Maſsregeln sind auf die verseuchten Gebiete zu beschränken. Die Gegenstände, welche Träger von Ansteckungs- stoffen sein können und daher für Einfuhrverbote und für die Des- infektion in Frage kommen, werden genau bezeichnet (Leibwäsche, getragene Kleider, gebrauchtes Bettzeug, Hadern und Lumpen); die Durchfuhr dieser Gegenstände darf nicht untersagt werden, wenn durch die Verpackung die Gefahr einer Berührung während der Beförderung ausgeschlossen ist. Eine allgemeine Absperrung der Landesgrenzen darf nicht stattfinden; nur erkrankte Personen dürfen zurückgehalten werden. Für den Seeverkehr wird zwischen ver- seuchten, verdächtigen und reinen Schiffen unterschieden. Nur die ersteren unterliegen der Quarantäne; die verdächtigen Schiffe werden desinfiziert, mit frischem Trinkwasser versehen und das Kielwasser wird ausgeschöpft.
Alle von der Sulinamündung stromaufwärts gehenden Schiffe sind, solange die Stadt nicht mit gutem Trinkwasser versehen ist, einer gesundheitspolizeilichen Beaufsichtigung unterworfen. In der Stadt selbst, sowie an beiden Ufern des Stromes sind Sanitäts- stationen minderer Ordnung zu errichten, welche die Schiffe zu überwachen haben und in welche die Kranken zu schaffen sind.
4. Einen wichtigen weiteren Fortschritt brachte die Pariser Kon- ferenz von 1894. Ihr Ergebnis war die Vereinbarung von Maſsregeln zur Bekämpfung der Cholera in den Ursprungsländern.
Die Pilgerfahrten von und nach Hidschaz (der arabischen Provinz, welche die beiden heiligen Städte des Islam, Mekka und Medina, umschlieſst) werden einer strengen Überwachung unter- worfen. Insbesondere müssen die Pilgerschiffe bestimmten sani-
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§ 33. Der internationale Schutz der Gesundheit.
Die vereinbarten Maſsregeln, denen sich Groſsbritannien nur
mit weitgehendem Vorbehalt angeschlossen hat, betreffen einerseits
den Verkehr von Reisenden und Waren (Anlage I), andrerseits das
Sanitätswesen an der Donaumündung bei Sulina (Anlage II). Jeder
Vertragsstaat ist verpflichtet, von der Entstehung eines Cholera-
herdes auf seinem Gebiet und von den getroffenen Vorbeugungs-
maſsregeln den andern Staaten Mitteilung zu machen. Die den
Verkehr einengenden Maſsregeln sind auf die verseuchten Gebiete
zu beschränken. Die Gegenstände, welche Träger von Ansteckungs-
stoffen sein können und daher für Einfuhrverbote und für die Des-
infektion in Frage kommen, werden genau bezeichnet (Leibwäsche,
getragene Kleider, gebrauchtes Bettzeug, Hadern und Lumpen); die
Durchfuhr dieser Gegenstände darf nicht untersagt werden, wenn
durch die Verpackung die Gefahr einer Berührung während der
Beförderung ausgeschlossen ist. Eine allgemeine Absperrung der
Landesgrenzen darf nicht stattfinden; nur erkrankte Personen dürfen
zurückgehalten werden. Für den Seeverkehr wird zwischen ver-
seuchten, verdächtigen und reinen Schiffen unterschieden. Nur
die ersteren unterliegen der Quarantäne; die verdächtigen Schiffe
werden desinfiziert, mit frischem Trinkwasser versehen und das
Kielwasser wird ausgeschöpft.
Alle von der Sulinamündung stromaufwärts gehenden Schiffe
sind, solange die Stadt nicht mit gutem Trinkwasser versehen ist,
einer gesundheitspolizeilichen Beaufsichtigung unterworfen. In der
Stadt selbst, sowie an beiden Ufern des Stromes sind Sanitäts-
stationen minderer Ordnung zu errichten, welche die Schiffe zu
überwachen haben und in welche die Kranken zu schaffen sind.
4. Einen wichtigen weiteren Fortschritt brachte die Pariser Kon-
ferenz von 1894. Ihr Ergebnis war die Vereinbarung von Maſsregeln
zur Bekämpfung der Cholera in den Ursprungsländern.
Die Pilgerfahrten von und nach Hidschaz (der arabischen
Provinz, welche die beiden heiligen Städte des Islam, Mekka und
Medina, umschlieſst) werden einer strengen Überwachung unter-
worfen. Insbesondere müssen die Pilgerschiffe bestimmten sani-
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Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898/201>, abgerufen am 16.02.2025.
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