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Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898.

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§ 26. Die Hochseeschiffahrt und die Freiheit des Meeres.
III.

Nur ausnahmsweise und nur in eng umschriebenen Beziehungen
können staatliche Hoheitsrechte auf der offenen See ausgeübt werden.

1. Der Uferstaat hat das Recht der Nacheile (droit de pour-
suite); er kann fremde Schiffe, die auf dem unter seiner Gebiets-
hoheit stehenden Gebiet sich eines unter seine Gerichtsbarkeit
fallenden Unrechts schuldig gemacht haben, in die offene See hinaus
verfolgen. Das Recht der Nacheile erlischt, sobald das verfolgte
Schiff in andere Küstengewässer gelangt ist.

2. Auf Grund besonderer Vereinbarungen haben die Kriegs-
schiffe das Recht, auf offener See die unter fremder Flagge fahrenden
verdächtigen Schiffe a) anzuhalten
(droit d'arret), b) ihre Schiffspapiere
zu prüfen
(droit de visite im weiteren Sinn, verification du pavillon),
beziehungsweise c) die Schiffsräume zu durchsuchen (droit de visite
im engeren Sinn, droit de recherche), und d) bei Bestätigung des
Verdachts sie mit Beschlag zu belegen
(droit de saisie). Vgl.:

a) unten § 36 über Unterdrückung des Sklavenhandels;
b) unten § 34 III über den Vertrag vom 6. Mai 1882, betreffend
die Hochseefischerei auf der Nordsee;
c) unten § 30 IV über den Vertrag vom 14. März 1884, be-
treffend den Schutz der unterseeischen Telegraphenkabel;
d) unten § 35 II über den Vertrag vom 16. November 1887
zur Unterdrückung des Branntweinhandels unter den Nord-
seefischern auf hoher See;
e) unten § 34 III über den Robbenschutz.

3. Im Kriege haben die Kriegsschiffe der Kriegführenden das
Recht, nicht nur Schiffe des Gegners, sondern auch die der Neutralen
anzuhalten und unter Umständen mit Beschlag zu belegen
(unten
§ 42 III und § 43 IV).

4. Besondere Rechtsregeln gelten für den Seeraub (die Piraterie).

Sie haben freilich seit der Niederwerfung der nordafrikani-
schen Barbareskenstaaten Marokko, Algier, Tunis und Tripolis durch
Frankreichs entschiedenes Vorgehen (um das Jahr 1830) nur mehr
sehr geringe praktische Bedeutung.


§ 26. Die Hochseeschiffahrt und die Freiheit des Meeres.
III.

Nur ausnahmsweise und nur in eng umschriebenen Beziehungen
können staatliche Hoheitsrechte auf der offenen See ausgeübt werden.

1. Der Uferstaat hat das Recht der Nacheile (droit de pour-
suite); er kann fremde Schiffe, die auf dem unter seiner Gebiets-
hoheit stehenden Gebiet sich eines unter seine Gerichtsbarkeit
fallenden Unrechts schuldig gemacht haben, in die offene See hinaus
verfolgen. Das Recht der Nacheile erlischt, sobald das verfolgte
Schiff in andere Küstengewässer gelangt ist.

2. Auf Grund besonderer Vereinbarungen haben die Kriegs-
schiffe das Recht, auf offener See die unter fremder Flagge fahrenden
verdächtigen Schiffe a) anzuhalten
(droit d’arrêt), b) ihre Schiffspapiere
zu prüfen
(droit de visite im weiteren Sinn, vérification du pavillon),
beziehungsweise c) die Schiffsräume zu durchsuchen (droit de visite
im engeren Sinn, droit de recherche), und d) bei Bestätigung des
Verdachts sie mit Beschlag zu belegen
(droit de saisie). Vgl.:

a) unten § 36 über Unterdrückung des Sklavenhandels;
b) unten § 34 III über den Vertrag vom 6. Mai 1882, betreffend
die Hochseefischerei auf der Nordsee;
c) unten § 30 IV über den Vertrag vom 14. März 1884, be-
treffend den Schutz der unterseeischen Telegraphenkabel;
d) unten § 35 II über den Vertrag vom 16. November 1887
zur Unterdrückung des Branntweinhandels unter den Nord-
seefischern auf hoher See;
e) unten § 34 III über den Robbenschutz.

3. Im Kriege haben die Kriegsschiffe der Kriegführenden das
Recht, nicht nur Schiffe des Gegners, sondern auch die der Neutralen
anzuhalten und unter Umständen mit Beschlag zu belegen
(unten
§ 42 III und § 43 IV).

4. Besondere Rechtsregeln gelten für den Seeraub (die Piraterie).

Sie haben freilich seit der Niederwerfung der nordafrikani-
schen Barbareskenstaaten Marokko, Algier, Tunis und Tripolis durch
Frankreichs entschiedenes Vorgehen (um das Jahr 1830) nur mehr
sehr geringe praktische Bedeutung.


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[143/0165] § 26. Die Hochseeschiffahrt und die Freiheit des Meeres. III. Nur ausnahmsweise und nur in eng umschriebenen Beziehungen können staatliche Hoheitsrechte auf der offenen See ausgeübt werden. 1. Der Uferstaat hat das Recht der Nacheile (droit de pour- suite); er kann fremde Schiffe, die auf dem unter seiner Gebiets- hoheit stehenden Gebiet sich eines unter seine Gerichtsbarkeit fallenden Unrechts schuldig gemacht haben, in die offene See hinaus verfolgen. Das Recht der Nacheile erlischt, sobald das verfolgte Schiff in andere Küstengewässer gelangt ist. 2. Auf Grund besonderer Vereinbarungen haben die Kriegs- schiffe das Recht, auf offener See die unter fremder Flagge fahrenden verdächtigen Schiffe a) anzuhalten (droit d’arrêt), b) ihre Schiffspapiere zu prüfen (droit de visite im weiteren Sinn, vérification du pavillon), beziehungsweise c) die Schiffsräume zu durchsuchen (droit de visite im engeren Sinn, droit de recherche), und d) bei Bestätigung des Verdachts sie mit Beschlag zu belegen (droit de saisie). Vgl.: a) unten § 36 über Unterdrückung des Sklavenhandels; b) unten § 34 III über den Vertrag vom 6. Mai 1882, betreffend die Hochseefischerei auf der Nordsee; c) unten § 30 IV über den Vertrag vom 14. März 1884, be- treffend den Schutz der unterseeischen Telegraphenkabel; d) unten § 35 II über den Vertrag vom 16. November 1887 zur Unterdrückung des Branntweinhandels unter den Nord- seefischern auf hoher See; e) unten § 34 III über den Robbenschutz. 3. Im Kriege haben die Kriegsschiffe der Kriegführenden das Recht, nicht nur Schiffe des Gegners, sondern auch die der Neutralen anzuhalten und unter Umständen mit Beschlag zu belegen (unten § 42 III und § 43 IV). 4. Besondere Rechtsregeln gelten für den Seeraub (die Piraterie). Sie haben freilich seit der Niederwerfung der nordafrikani- schen Barbareskenstaaten Marokko, Algier, Tunis und Tripolis durch Frankreichs entschiedenes Vorgehen (um das Jahr 1830) nur mehr sehr geringe praktische Bedeutung.

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das Völkerrecht. Berlin, 1898, S. 143. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_voelkerrecht_1898/165>, abgerufen am 22.12.2024.