Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.Das Reichsstrafgesetzbuch. §. 8. angesetzt worden. Hier erklärte Justizminister Leonhardtim Auftrage der verbündeten Regierungen, daß diese von der Rücknahme mehrerer der in 2. Lesung gefaßten Beschlüsse das Zustandekommen des Gesetzes abhängig machten. In erster Linie handelte es sich um die Wiederherstellung der Todesstrafe. Das von Planck eingebrachte Amendement: "in denjenigen Bundesstaaten, in welchen die Todesstrafe gesetzlich bereits abgeschafft ist, bewendet es hiebei" führte zunächst zu einer Vertagung der weiteren Beratung, und dann (22. Mai) zu einem Beschlusse des Bundesrates, welcher das Amendement als die einheitliche Rechtsbildung in einem der wichtigsten Punkte beeinträchtigend für unan- nehmbar erklärte. Am 23. Mai wurden die Beratungen wieder aufge- IV. Noch war jener Termin nicht herangekommen, als 1. Nach Art. 80 der zunächst mit Baden und Hessen von Liszt, Strafrecht. 3
Das Reichsſtrafgeſetzbuch. §. 8. angeſetzt worden. Hier erklärte Juſtizminiſter Leonhardtim Auftrage der verbündeten Regierungen, daß dieſe von der Rücknahme mehrerer der in 2. Leſung gefaßten Beſchlüſſe das Zuſtandekommen des Geſetzes abhängig machten. In erſter Linie handelte es ſich um die Wiederherſtellung der Todesſtrafe. Das von Planck eingebrachte Amendement: „in denjenigen Bundesſtaaten, in welchen die Todesſtrafe geſetzlich bereits abgeſchafft iſt, bewendet es hiebei“ führte zunächſt zu einer Vertagung der weiteren Beratung, und dann (22. Mai) zu einem Beſchluſſe des Bundesrates, welcher das Amendement als die einheitliche Rechtsbildung in einem der wichtigſten Punkte beeinträchtigend für unan- nehmbar erklärte. Am 23. Mai wurden die Beratungen wieder aufge- IV. Noch war jener Termin nicht herangekommen, als 1. Nach Art. 80 der zunächſt mit Baden und Heſſen von Liszt, Strafrecht. 3
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Das Reichsſtrafgeſetzbuch. §. 8.
angeſetzt worden. Hier erklärte Juſtizminiſter Leonhardt
im Auftrage der verbündeten Regierungen, daß dieſe von
der Rücknahme mehrerer der in 2. Leſung gefaßten Beſchlüſſe
das Zuſtandekommen des Geſetzes abhängig machten. In
erſter Linie handelte es ſich um die Wiederherſtellung der
Todesſtrafe. Das von Planck eingebrachte Amendement:
„in denjenigen Bundesſtaaten, in welchen die Todesſtrafe
geſetzlich bereits abgeſchafft iſt, bewendet es hiebei“ führte
zunächſt zu einer Vertagung der weiteren Beratung, und
dann (22. Mai) zu einem Beſchluſſe des Bundesrates,
welcher das Amendement als die einheitliche Rechtsbildung
in einem der wichtigſten Punkte beeinträchtigend für unan-
nehmbar erklärte.
Am 23. Mai wurden die Beratungen wieder aufge-
nommen. Planck zog ſein Amendement zurück; nach einer
großen Rede des Bundeskanzlers wurde die Wiederherſtellung
der Todesſtrafe mit 127 gegen 110 Stimmen beſchloſſen
Das Geſetz ſelbſt gelangte mit den vom Bundesrate ge-
wünſchten Abänderungen am 25. Mai zur Annahme, erhielt
am ſelben Tage die Genehmigung des Bundesrates, am
31. Mai 1870 mit dem Einführungsgeſetze die Ausfertigung
des Bundesoberhauptes, und wurde in der am 8. Juni 1870
ausgegebenen Nr. 16 des RGBl. als StGB. für den nord-
deutſchen Bund publiziert. Der Beginn ſeiner Wirkſamkeit
wurde auf den 1. Januar 1871 feſtgeſetzt.
IV. Noch war jener Termin nicht herangekommen, als
das deutſche Reich gegründet, und damit die Umwandlung
des norddeutſchen in das Reichsſtrafgeſetzbuch angebahnt
wurde.
1. Nach Art. 80 der zunächſt mit Baden und Heſſen
am 15. November 1870 vereinbarten Verfaſſung des deut-
von Liszt, Strafrecht. 3
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