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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Das Reichsstrafgesetzbuch. §. 8.
1803 der reaktionären Zeitströmung anzupassen. Das weiteste
Geltungsgebiet hatte das preuß. StGB. von 1851 gewonnen,
welches der Gesetzgebung von Oldenburg (1858) und jener
von Lübeck (1863) zu Grunde gelegt, 1852 in den Hohen-
zollern'schen Fürstenthümern, 1855 in Waldeck, 1867 in den
neu erworbenen Gebietsteilen eingeführt worden war. Ge-
meines
Recht hatte sich nur in den beiden Mecklenburg, in
Lauenburg, Schaumburg-Lippe und Bremen erhalten. Neben
ihm waren im Jahre 1869 zehn verschiedene Partikular-
strafgesetzbücher auf deutschem Gebiete in Geltung.

II. Die an die Partikulargesetzgebung gewendete Arbeit
war keine vergebliche. Ohne sie wäre das Reichsstrafrecht
nicht in so kurzer Zeit geschaffen worden. Immer und immer
wieder wurden die Grundsätze des Strafrechts geprüft, die
Forderungen der Wissenschaft mit den Ergebnissen der Praxis
verglichen, das Strafensystem ausgebildet, die Technik ver-
vollkommnet. Allmählich sammelte sich ein Schatz von gemein-
samen Anschauungen, ein materiell-gemeines deutsches Straf-
recht, die langsam gewonnene aber sichere Grundlage für ein
gemeinsames Gesetzbuch.

Wiederholte Anläufe zu einem solchen scheiterten. Die
von einzelnen Personen ausgearbeiteten Entwürfe (K. S.
Zachariae 1826, v. Strombeck 1829, Krug 1857,
v. Kräwel 1862) fanden wenig Beachtung; der §. 64 der
Reichsverfassung vom 28. März 1849 veranlaßte das preu-
ßische Justizministerium zur Herstellung eines Entwurfes
(1849), der, den rasch sich verschiebenden Zeitverhältnissen
zum Opfer fallend, bis auf wenige Exemplare, ohne ausge-
geben zu werden, wieder eingestampft wurde. Auch der von
Baiern in Verbindung mit mehreren anderen Regierungen
im Jahre 1859 beim Bundestage gestellte Antrag, die Mög-

Das Reichsſtrafgeſetzbuch. §. 8.
1803 der reaktionären Zeitſtrömung anzupaſſen. Das weiteſte
Geltungsgebiet hatte das preuß. StGB. von 1851 gewonnen,
welches der Geſetzgebung von Oldenburg (1858) und jener
von Lübeck (1863) zu Grunde gelegt, 1852 in den Hohen-
zollern’ſchen Fürſtenthümern, 1855 in Waldeck, 1867 in den
neu erworbenen Gebietsteilen eingeführt worden war. Ge-
meines
Recht hatte ſich nur in den beiden Mecklenburg, in
Lauenburg, Schaumburg-Lippe und Bremen erhalten. Neben
ihm waren im Jahre 1869 zehn verſchiedene Partikular-
ſtrafgeſetzbücher auf deutſchem Gebiete in Geltung.

II. Die an die Partikulargeſetzgebung gewendete Arbeit
war keine vergebliche. Ohne ſie wäre das Reichsſtrafrecht
nicht in ſo kurzer Zeit geſchaffen worden. Immer und immer
wieder wurden die Grundſätze des Strafrechts geprüft, die
Forderungen der Wiſſenſchaft mit den Ergebniſſen der Praxis
verglichen, das Strafenſyſtem ausgebildet, die Technik ver-
vollkommnet. Allmählich ſammelte ſich ein Schatz von gemein-
ſamen Anſchauungen, ein materiell-gemeines deutſches Straf-
recht, die langſam gewonnene aber ſichere Grundlage für ein
gemeinſames Geſetzbuch.

Wiederholte Anläufe zu einem ſolchen ſcheiterten. Die
von einzelnen Perſonen ausgearbeiteten Entwürfe (K. S.
Zachariae 1826, v. Strombeck 1829, Krug 1857,
v. Kräwel 1862) fanden wenig Beachtung; der §. 64 der
Reichsverfaſſung vom 28. März 1849 veranlaßte das preu-
ßiſche Juſtizminiſterium zur Herſtellung eines Entwurfes
(1849), der, den raſch ſich verſchiebenden Zeitverhältniſſen
zum Opfer fallend, bis auf wenige Exemplare, ohne ausge-
geben zu werden, wieder eingeſtampft wurde. Auch der von
Baiern in Verbindung mit mehreren anderen Regierungen
im Jahre 1859 beim Bundestage geſtellte Antrag, die Mög-

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[29/0055] Das Reichsſtrafgeſetzbuch. §. 8. 1803 der reaktionären Zeitſtrömung anzupaſſen. Das weiteſte Geltungsgebiet hatte das preuß. StGB. von 1851 gewonnen, welches der Geſetzgebung von Oldenburg (1858) und jener von Lübeck (1863) zu Grunde gelegt, 1852 in den Hohen- zollern’ſchen Fürſtenthümern, 1855 in Waldeck, 1867 in den neu erworbenen Gebietsteilen eingeführt worden war. Ge- meines Recht hatte ſich nur in den beiden Mecklenburg, in Lauenburg, Schaumburg-Lippe und Bremen erhalten. Neben ihm waren im Jahre 1869 zehn verſchiedene Partikular- ſtrafgeſetzbücher auf deutſchem Gebiete in Geltung. II. Die an die Partikulargeſetzgebung gewendete Arbeit war keine vergebliche. Ohne ſie wäre das Reichsſtrafrecht nicht in ſo kurzer Zeit geſchaffen worden. Immer und immer wieder wurden die Grundſätze des Strafrechts geprüft, die Forderungen der Wiſſenſchaft mit den Ergebniſſen der Praxis verglichen, das Strafenſyſtem ausgebildet, die Technik ver- vollkommnet. Allmählich ſammelte ſich ein Schatz von gemein- ſamen Anſchauungen, ein materiell-gemeines deutſches Straf- recht, die langſam gewonnene aber ſichere Grundlage für ein gemeinſames Geſetzbuch. Wiederholte Anläufe zu einem ſolchen ſcheiterten. Die von einzelnen Perſonen ausgearbeiteten Entwürfe (K. S. Zachariae 1826, v. Strombeck 1829, Krug 1857, v. Kräwel 1862) fanden wenig Beachtung; der §. 64 der Reichsverfaſſung vom 28. März 1849 veranlaßte das preu- ßiſche Juſtizminiſterium zur Herſtellung eines Entwurfes (1849), der, den raſch ſich verſchiebenden Zeitverhältniſſen zum Opfer fallend, bis auf wenige Exemplare, ohne ausge- geben zu werden, wieder eingeſtampft wurde. Auch der von Baiern in Verbindung mit mehreren anderen Regierungen im Jahre 1859 beim Bundestage geſtellte Antrag, die Mög-

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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/55>, abgerufen am 24.11.2024.