3. Die Special-Präventions-Theorie, die Grol- man (1799) aufgestellt hat, verlegt das Schwergewicht wieder in die Vollziehung der Strafe, will aber durch die Bestrafung des Einen nicht die Uebrigen, sondern diesen selbst von künftiger Begehung strafbarer Handlungen abhalten, seinen verbrecherischen Willen unter das Gesetz beugen.
4. Dasselbe Ziel, aber auf anderem Wege, verfolgt die Besserungstheorie, die, neben Stelzer, Ahrens, Groos, Schleiermacher u. A., insbesondere der vor Kurzem verstorbene Röder in einer Reihe von Schriften verteidigt hat. Sie bezweckt Verhütung künftiger Verbrechen durch die Besserung des Verbrechers bei Vollstreckung der Strafe. Die Reform des Strafvollzuges, insbesondere des Gefängniswesens, ist zum guten Theile den Anhängern der Besserungstheorie zu danken.
Es ist das große Verdienst der Zweckmäßigkeitstheorien, das Zweckmoment in der Strafe betont zu haben. Sie kranken aber an einem doppelten Fehler. Sie verkennen einerseits den historischen Ursprung, andrerseits die moderne Gestaltung der Strafe, die es möglich macht, auf verschiedenem Wege dasselbe Ziel anzustreben.
II.Die Rechtstheorien suchen das staatliche jus pu- niendi zu rechtfertigen, indem sie dasselbe einer der vorhan- denen Rechtsfiguren, einem der allgemein anerkannten Rechts- sätze, unterordnen. Dies vereinigt sie zu einer gemeinsamen Gruppe, mögen sie auch sonst den Zweckmäßigkeitstheorien oder den unter IV zu besprechenden Vereinigungstheorien nahe stehen. Es ist den Rechtstheorien nicht gelungen, über schiefe Analogien hinauszukommen. Von allen Theorien haben sie den geringsten Werth.
1. Die Vertragstheorie, von Hobbes, Beccaria,
Einleitung. I. Die Grundbegriffe.
3. Die Special-Präventions-Theorie, die Grol- man (1799) aufgeſtellt hat, verlegt das Schwergewicht wieder in die Vollziehung der Strafe, will aber durch die Beſtrafung des Einen nicht die Uebrigen, ſondern dieſen ſelbſt von künftiger Begehung ſtrafbarer Handlungen abhalten, ſeinen verbrecheriſchen Willen unter das Geſetz beugen.
4. Dasſelbe Ziel, aber auf anderem Wege, verfolgt die Beſſerungstheorie, die, neben Stelzer, Ahrens, Groos, Schleiermacher u. A., insbeſondere der vor Kurzem verſtorbene Röder in einer Reihe von Schriften verteidigt hat. Sie bezweckt Verhütung künftiger Verbrechen durch die Beſſerung des Verbrechers bei Vollſtreckung der Strafe. Die Reform des Strafvollzuges, insbeſondere des Gefängnisweſens, iſt zum guten Theile den Anhängern der Beſſerungstheorie zu danken.
Es iſt das große Verdienſt der Zweckmäßigkeitstheorien, das Zweckmoment in der Strafe betont zu haben. Sie kranken aber an einem doppelten Fehler. Sie verkennen einerſeits den hiſtoriſchen Urſprung, andrerſeits die moderne Geſtaltung der Strafe, die es möglich macht, auf verſchiedenem Wege dasſelbe Ziel anzuſtreben.
II.Die Rechtstheorien ſuchen das ſtaatliche jus pu- niendi zu rechtfertigen, indem ſie dasſelbe einer der vorhan- denen Rechtsfiguren, einem der allgemein anerkannten Rechts- ſätze, unterordnen. Dies vereinigt ſie zu einer gemeinſamen Gruppe, mögen ſie auch ſonſt den Zweckmäßigkeitstheorien oder den unter IV zu beſprechenden Vereinigungstheorien nahe ſtehen. Es iſt den Rechtstheorien nicht gelungen, über ſchiefe Analogien hinauszukommen. Von allen Theorien haben ſie den geringſten Werth.
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Einleitung. I. Die Grundbegriffe.
3. Die Special-Präventions-Theorie, die Grol-
man (1799) aufgeſtellt hat, verlegt das Schwergewicht
wieder in die Vollziehung der Strafe, will aber durch die
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ſelbſt von künftiger Begehung ſtrafbarer Handlungen abhalten,
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4. Dasſelbe Ziel, aber auf anderem Wege, verfolgt die
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Groos, Schleiermacher u. A., insbeſondere der vor
Kurzem verſtorbene Röder in einer Reihe von Schriften
verteidigt hat. Sie bezweckt Verhütung künftiger Verbrechen
durch die Beſſerung des Verbrechers bei Vollſtreckung
der Strafe. Die Reform des Strafvollzuges, insbeſondere
des Gefängnisweſens, iſt zum guten Theile den Anhängern
der Beſſerungstheorie zu danken.
Es iſt das große Verdienſt der Zweckmäßigkeitstheorien,
das Zweckmoment in der Strafe betont zu haben. Sie
kranken aber an einem doppelten Fehler. Sie verkennen
einerſeits den hiſtoriſchen Urſprung, andrerſeits die moderne
Geſtaltung der Strafe, die es möglich macht, auf verſchiedenem
Wege dasſelbe Ziel anzuſtreben.
II. Die Rechtstheorien ſuchen das ſtaatliche jus pu-
niendi zu rechtfertigen, indem ſie dasſelbe einer der vorhan-
denen Rechtsfiguren, einem der allgemein anerkannten Rechts-
ſätze, unterordnen. Dies vereinigt ſie zu einer gemeinſamen
Gruppe, mögen ſie auch ſonſt den Zweckmäßigkeitstheorien
oder den unter IV zu beſprechenden Vereinigungstheorien
nahe ſtehen. Es iſt den Rechtstheorien nicht gelungen, über
ſchiefe Analogien hinauszukommen. Von allen Theorien
haben ſie den geringſten Werth.
1. Die Vertragstheorie, von Hobbes, Beccaria,
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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/44>, abgerufen am 21.11.2024.
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