Drittes Buch. Delikte gegen "uneigentliche" Rechtsgüter.
VI. Die Amtsdelikte.1
§. 92.
I.Allgemeines.
1. Die Amtsdelikte charakterisieren sich, ebenso wie die in den vorhergehenden Paragraphen besprochenen Gruppen von strafbaren Handlungen, nicht durch die Richtung des An- griffes gegen bestimmte Rechtsgüter, sondern durch die Art, durch das Mittel des Angriffes. Der Mißbrauch der Amtsgewalt zur Begehung strafbarer Handlungen ist das gemeinsame Merkmal, das die sämmtlichen Amtsdelikte zu einer Gruppe vereinigt. Damit ist die ihnen hier gegebene Stellung gerechtfertigt. Wollte man die Natur des ange- griffenen Rechtsgutes als maßgebenden Einteilungsgrund be- trachten, so würden die Amtsdelikte als einheitliche Gruppe verschwinden.
2. Amtsdelikte sind die öffentlich-strafbaren, also nicht bloß disziplinar zu ahndenden (oben §. 42 VI)2Hand- lungen der Beamten, also nicht die Delikte im Amte, sondern die Delikte der Beamten im Amte. Die Begriffe Amt (oben §. 51 Note 2) und Beamter decken sich nicht. Beamter ist derjenige,3 der auf Grund staatlicher Be- stallung als Organ der Staatsgewalt (mithin unter staatlicher Autorität) für Staatszwecke thätig zu sein be- rufen ist. StGB. §. 359 giebt keine Definition, wenn er es für gleichgültig erklärt, ob es sich um den unmittelbaren oder
1[Spaltenumbruch]
Lit. bei Meyer S. 693 Note 1; dazu Schütze HR. "Amtsverbrechen".
2[Spaltenumbruch]
Zu der dort angeführten[Spaltenumbruch]
Lit. vgl. noch Zorn Staatsrecht S. 243.
3[Spaltenumbruch]
Vgl. Zorn Staatsrecht S. 225.
Drittes Buch. Delikte gegen „uneigentliche“ Rechtsgüter.
VI. Die Amtsdelikte.1
§. 92.
I.Allgemeines.
1. Die Amtsdelikte charakteriſieren ſich, ebenſo wie die in den vorhergehenden Paragraphen beſprochenen Gruppen von ſtrafbaren Handlungen, nicht durch die Richtung des An- griffes gegen beſtimmte Rechtsgüter, ſondern durch die Art, durch das Mittel des Angriffes. Der Mißbrauch der Amtsgewalt zur Begehung ſtrafbarer Handlungen iſt das gemeinſame Merkmal, das die ſämmtlichen Amtsdelikte zu einer Gruppe vereinigt. Damit iſt die ihnen hier gegebene Stellung gerechtfertigt. Wollte man die Natur des ange- griffenen Rechtsgutes als maßgebenden Einteilungsgrund be- trachten, ſo würden die Amtsdelikte als einheitliche Gruppe verſchwinden.
2. Amtsdelikte ſind die öffentlich-ſtrafbaren, alſo nicht bloß disziplinar zu ahndenden (oben §. 42 VI)2Hand- lungen der Beamten, alſo nicht die Delikte im Amte, ſondern die Delikte der Beamten im Amte. Die Begriffe Amt (oben §. 51 Note 2) und Beamter decken ſich nicht. Beamter iſt derjenige,3 der auf Grund ſtaatlicher Be- ſtallung als Organ der Staatsgewalt (mithin unter ſtaatlicher Autorität) für Staatszwecke thätig zu ſein be- rufen iſt. StGB. §. 359 giebt keine Definition, wenn er es für gleichgültig erklärt, ob es ſich um den unmittelbaren oder
1[Spaltenumbruch]
Lit. bei Meyer S. 693 Note 1; dazu Schütze HR. „Amtsverbrechen“.
2[Spaltenumbruch]
Zu der dort angeführten[Spaltenumbruch]
Lit. vgl. noch Zorn Staatsrecht S. 243.
3[Spaltenumbruch]
Vgl. Zorn Staatsrecht S. 225.
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Drittes Buch. Delikte gegen „uneigentliche“ Rechtsgüter.
VI. Die Amtsdelikte. 1
§. 92.
I. Allgemeines.
1. Die Amtsdelikte charakteriſieren ſich, ebenſo wie die in
den vorhergehenden Paragraphen beſprochenen Gruppen von
ſtrafbaren Handlungen, nicht durch die Richtung des An-
griffes gegen beſtimmte Rechtsgüter, ſondern durch die Art,
durch das Mittel des Angriffes. Der Mißbrauch der
Amtsgewalt zur Begehung ſtrafbarer Handlungen iſt das
gemeinſame Merkmal, das die ſämmtlichen Amtsdelikte zu
einer Gruppe vereinigt. Damit iſt die ihnen hier gegebene
Stellung gerechtfertigt. Wollte man die Natur des ange-
griffenen Rechtsgutes als maßgebenden Einteilungsgrund be-
trachten, ſo würden die Amtsdelikte als einheitliche Gruppe
verſchwinden.
2. Amtsdelikte ſind die öffentlich-ſtrafbaren, alſo
nicht bloß disziplinar zu ahndenden (oben §. 42 VI) 2 Hand-
lungen der Beamten, alſo nicht die Delikte im Amte,
ſondern die Delikte der Beamten im Amte. Die Begriffe
Amt (oben §. 51 Note 2) und Beamter decken ſich nicht.
Beamter iſt derjenige, 3 der auf Grund ſtaatlicher Be-
ſtallung als Organ der Staatsgewalt (mithin unter
ſtaatlicher Autorität) für Staatszwecke thätig zu ſein be-
rufen iſt. StGB. §. 359 giebt keine Definition, wenn er es
für gleichgültig erklärt, ob es ſich um den unmittelbaren oder
1
Lit. bei Meyer S. 693
Note 1; dazu Schütze HR.
„Amtsverbrechen“.
2
Zu der dort angeführten
Lit. vgl. noch Zorn Staatsrecht
S. 243.
3
Vgl. Zorn Staatsrecht
S. 225.
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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/404>, abgerufen am 16.02.2025.
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