Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

Bild:
<< vorherige Seite
Delikte gegen die Ehre. §. 80.
1. StGB. §§. 196, 197 Beleidigung von Behörden
und politischen Körperschaften;
2. StGB. §. 187 Gefährdung des Kredits von Handels-
gesellschaften
;
3. StGB. §. 189 Schutz der Familienehre.

II. Arten der strafbaren Handlungen gegen die
Ehre
.

1. Die Ehrverletzung (StGB. §. 185) oder die Be-
leidigung im eigentlichen Sinne; der Ausdruck der Nichtachtung,
mag derselbe in der Form eines Urteils oder in der Form
einer das Urteil in sich schließenden Thatsachenbehauptung er-
folgen.

Der Vorsatz (fahrlässige Beleidigung ist denkbar, aber
nicht strafbar) besteht auch hier lediglich in dem Bewußtsein
von der Kausalität des Thuns; eine darüber hinausgehende
Absicht, ein sogenannter animus injuriandi, ist nicht er-
forderlich.3

Die Beleidigung ist vollendet, sobald der Ausdruck der
Nichtachtung zur Kenntnis des Beleidigten oder einer dritten
Person gelangt ist. Der Versuch ist nicht strafbar. War der
gewählte Ausdruck nicht geeignet, das Auszudrückende aus-
zudrücken, so würde nur (strafloser) Versuch vorliegen. Dabei
muß aber die Anschauungsweise der betreffenden Kreise, darf
nicht etwa ein objektiver Maßstab zu Grunde gelegt werden.4

Strafe:

a) Geldstrafe bis zu 600 Mark, oder Haft oder Gefängnis
bis zu einem Jahre;
3 [Spaltenumbruch] Ueber diese Frage herrscht
noch vielfache, durch §. 193
StGB. gesteigerte Unklarheit.
Auch die einschlagenden Ent-
scheidungen des RGR. enthalten[Spaltenumbruch] manche recht bedenkliche Bemer-
kung.
4 [Spaltenumbruch] RGR. 22. April 1880, E
I
390.
von Liszt, Strafrecht. 21
Delikte gegen die Ehre. §. 80.
1. StGB. §§. 196, 197 Beleidigung von Behörden
und politiſchen Körperſchaften;
2. StGB. §. 187 Gefährdung des Kredits von Handels-
geſellſchaften
;
3. StGB. §. 189 Schutz der Familienehre.

II. Arten der ſtrafbaren Handlungen gegen die
Ehre
.

1. Die Ehrverletzung (StGB. §. 185) oder die Be-
leidigung im eigentlichen Sinne; der Ausdruck der Nichtachtung,
mag derſelbe in der Form eines Urteils oder in der Form
einer das Urteil in ſich ſchließenden Thatſachenbehauptung er-
folgen.

Der Vorſatz (fahrläſſige Beleidigung iſt denkbar, aber
nicht ſtrafbar) beſteht auch hier lediglich in dem Bewußtſein
von der Kauſalität des Thuns; eine darüber hinausgehende
Abſicht, ein ſogenannter animus injuriandi, iſt nicht er-
forderlich.3

Die Beleidigung iſt vollendet, ſobald der Ausdruck der
Nichtachtung zur Kenntnis des Beleidigten oder einer dritten
Perſon gelangt iſt. Der Verſuch iſt nicht ſtrafbar. War der
gewählte Ausdruck nicht geeignet, das Auszudrückende aus-
zudrücken, ſo würde nur (ſtrafloſer) Verſuch vorliegen. Dabei
muß aber die Anſchauungsweiſe der betreffenden Kreiſe, darf
nicht etwa ein objektiver Maßſtab zu Grunde gelegt werden.4

Strafe:

a) Geldſtrafe bis zu 600 Mark, oder Haft oder Gefängnis
bis zu einem Jahre;
3 [Spaltenumbruch] Ueber dieſe Frage herrſcht
noch vielfache, durch §. 193
StGB. geſteigerte Unklarheit.
Auch die einſchlagenden Ent-
ſcheidungen des RGR. enthalten[Spaltenumbruch] manche recht bedenkliche Bemer-
kung.
4 [Spaltenumbruch] RGR. 22. April 1880, E
I
390.
von Liszt, Strafrecht. 21
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <pb facs="#f0347" n="321"/>
                <fw place="top" type="header">Delikte gegen die Ehre. §. 80.</fw><lb/>
                <list>
                  <item>1. StGB. §§. 196, 197 Beleidigung von <hi rendition="#g">Behörden</hi><lb/>
und <hi rendition="#g">politi&#x017F;chen Körper&#x017F;chaften</hi>;</item><lb/>
                  <item>2. StGB. §. 187 Gefährdung des Kredits von <hi rendition="#g">Handels-<lb/>
ge&#x017F;ell&#x017F;chaften</hi>;</item><lb/>
                  <item>3. StGB. §. 189 Schutz der <hi rendition="#g">Familienehre</hi>.</item>
                </list><lb/>
                <p><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#g">Arten der &#x017F;trafbaren Handlungen gegen die<lb/>
Ehre</hi>.</p><lb/>
                <p>1. Die <hi rendition="#g">Ehrverletzung</hi> (StGB. §. 185) oder die Be-<lb/>
leidigung im eigentlichen Sinne; der Ausdruck der Nichtachtung,<lb/>
mag der&#x017F;elbe in der Form eines Urteils oder in der Form<lb/>
einer das Urteil in &#x017F;ich &#x017F;chließenden That&#x017F;achenbehauptung er-<lb/>
folgen.</p><lb/>
                <p>Der <hi rendition="#g">Vor&#x017F;atz</hi> (fahrlä&#x017F;&#x017F;ige Beleidigung i&#x017F;t denkbar, aber<lb/>
nicht &#x017F;trafbar) be&#x017F;teht auch hier lediglich in dem Bewußt&#x017F;ein<lb/>
von der Kau&#x017F;alität des Thuns; eine darüber hinausgehende<lb/><hi rendition="#g">Ab&#x017F;icht</hi>, ein &#x017F;ogenannter <hi rendition="#aq">animus injuriandi,</hi> i&#x017F;t <hi rendition="#g">nicht</hi> er-<lb/>
forderlich.<note place="foot" n="3"><cb/>
Ueber die&#x017F;e Frage herr&#x017F;cht<lb/>
noch vielfache, durch §. 193<lb/>
StGB. ge&#x017F;teigerte Unklarheit.<lb/>
Auch die ein&#x017F;chlagenden Ent-<lb/>
&#x017F;cheidungen des RGR. enthalten<cb/>
manche recht bedenkliche Bemer-<lb/>
kung.</note></p><lb/>
                <p>Die Beleidigung i&#x017F;t <hi rendition="#g">vollendet</hi>, &#x017F;obald der Ausdruck der<lb/>
Nichtachtung zur Kenntnis des Beleidigten oder einer dritten<lb/>
Per&#x017F;on gelangt i&#x017F;t. Der <hi rendition="#g">Ver&#x017F;uch</hi> i&#x017F;t nicht &#x017F;trafbar. War der<lb/>
gewählte Ausdruck nicht geeignet, das Auszudrückende aus-<lb/>
zudrücken, &#x017F;o würde nur (&#x017F;traflo&#x017F;er) Ver&#x017F;uch vorliegen. Dabei<lb/>
muß aber die An&#x017F;chauungswei&#x017F;e der betreffenden Krei&#x017F;e, darf<lb/>
nicht etwa ein objektiver Maß&#x017F;tab zu Grunde gelegt werden.<note place="foot" n="4"><cb/>
RGR. 22. April 1880, <hi rendition="#aq">E<lb/>
I</hi> 390.</note></p><lb/>
                <p><hi rendition="#g">Strafe</hi>:</p><lb/>
                <list>
                  <item><hi rendition="#aq">a</hi>) Geld&#x017F;trafe bis zu 600 Mark, oder Haft oder Gefängnis<lb/>
bis zu einem Jahre;</item>
                </list><lb/>
                <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">von Liszt</hi>, Strafrecht. 21</fw><lb/>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[321/0347] Delikte gegen die Ehre. §. 80. 1. StGB. §§. 196, 197 Beleidigung von Behörden und politiſchen Körperſchaften; 2. StGB. §. 187 Gefährdung des Kredits von Handels- geſellſchaften; 3. StGB. §. 189 Schutz der Familienehre. II. Arten der ſtrafbaren Handlungen gegen die Ehre. 1. Die Ehrverletzung (StGB. §. 185) oder die Be- leidigung im eigentlichen Sinne; der Ausdruck der Nichtachtung, mag derſelbe in der Form eines Urteils oder in der Form einer das Urteil in ſich ſchließenden Thatſachenbehauptung er- folgen. Der Vorſatz (fahrläſſige Beleidigung iſt denkbar, aber nicht ſtrafbar) beſteht auch hier lediglich in dem Bewußtſein von der Kauſalität des Thuns; eine darüber hinausgehende Abſicht, ein ſogenannter animus injuriandi, iſt nicht er- forderlich. 3 Die Beleidigung iſt vollendet, ſobald der Ausdruck der Nichtachtung zur Kenntnis des Beleidigten oder einer dritten Perſon gelangt iſt. Der Verſuch iſt nicht ſtrafbar. War der gewählte Ausdruck nicht geeignet, das Auszudrückende aus- zudrücken, ſo würde nur (ſtrafloſer) Verſuch vorliegen. Dabei muß aber die Anſchauungsweiſe der betreffenden Kreiſe, darf nicht etwa ein objektiver Maßſtab zu Grunde gelegt werden. 4 Strafe: a) Geldſtrafe bis zu 600 Mark, oder Haft oder Gefängnis bis zu einem Jahre; 3 Ueber dieſe Frage herrſcht noch vielfache, durch §. 193 StGB. geſteigerte Unklarheit. Auch die einſchlagenden Ent- ſcheidungen des RGR. enthalten manche recht bedenkliche Bemer- kung. 4 RGR. 22. April 1880, E I 390. von Liszt, Strafrecht. 21

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/347
Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/347>, abgerufen am 22.11.2024.