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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

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Strafbare Ausbeutung Auderer. §. 75.

3. Gewerbs- oder gewohnheitsmäßiger (Begriffe
oben §. 39 II 3) Wucher (StGB. §. 302 d). Strafe:
Gefängnis nicht unter 3 Monaten und Geldstrafe von 150
bis zu 15000 Mark. Aberkennung der Ehrenrechte obliga-
torisch (vgl. oben §. 51 I S. 202).

4. Die unter 1 und 2 angeführten Strafen treffen auch
denjenigen, welcher mit Kenntnis des Sachverhaltes eine
(wenn auch vor dem 14. Juni 1880 entstandene) Forderung
der angegebenen Art (nach dem 14. Juni 1880) erwirbt und
entweder a) dieselbe weiter veräußert, oder b) die wucherlichen
Vermögensvorteile geltend macht4 (StGB. §. 302 c).

5. Im Zusammenhange mit den Strafbestimmungen gegen
Wucher steht §. 360 Ziff. 12 StGB. in der neuen, durch
das Gesetz vom 24. Mai 1880 bestimmten Fassung:

Wer als Pfandleiher oder Rückkaufshändler bei Aus-
übung seines Gewerbes den darüber erlassenen Anordnungen
zuwiderhandelt, insbesondere den durch Landesgesetz oder
Anordnung der zuständigen Behörde bestimmten Zinsfuß
überschreitet
, wird mit Geldstrafe bis zu 150 Mark oder
Haft bestraft.5

4 [Spaltenumbruch] Die Fassung des Gesetzes
ist eine unglückliche. Zu beach-
ten außer dem im Texte Ge-
sagten: a) Wer eine vor dem
14. Juni 1880 von einem An-
deren erworbene wucherliche
Forderung nach dem 14. Juni
1880 geltend macht, kann nicht
nach §. 302 c gestraft werden.
b) Die Bestimmung bezieht sich
nur auf die von einem An-
deren
erworbenen Forderungen;[Spaltenumbruch] Geltendmachung einer vor dem
14. Juni 1880 entstandenen
wucherlichen Forderung durch
den Wucherer selbst fällt wenn,
auch nach dem 14. Juni 1880
stattfindend, nicht unter das
Gesetz.
5 [Spaltenumbruch] Ueber die civilrechtl. Nicht-
Wirksamkeit wucherlicher Ge-
schäfte vgl. Art. 3 des Gesetzes
vom 24. Mai 1880.
Strafbare Ausbeutung Auderer. §. 75.

3. Gewerbs- oder gewohnheitsmäßiger (Begriffe
oben §. 39 II 3) Wucher (StGB. §. 302 d). Strafe:
Gefängnis nicht unter 3 Monaten und Geldſtrafe von 150
bis zu 15000 Mark. Aberkennung der Ehrenrechte obliga-
toriſch (vgl. oben §. 51 I S. 202).

4. Die unter 1 und 2 angeführten Strafen treffen auch
denjenigen, welcher mit Kenntnis des Sachverhaltes eine
(wenn auch vor dem 14. Juni 1880 entſtandene) Forderung
der angegebenen Art (nach dem 14. Juni 1880) erwirbt und
entweder a) dieſelbe weiter veräußert, oder b) die wucherlichen
Vermögensvorteile geltend macht4 (StGB. §. 302 c).

5. Im Zuſammenhange mit den Strafbeſtimmungen gegen
Wucher ſteht §. 360 Ziff. 12 StGB. in der neuen, durch
das Geſetz vom 24. Mai 1880 beſtimmten Faſſung:

Wer als Pfandleiher oder Rückkaufshändler bei Aus-
übung ſeines Gewerbes den darüber erlaſſenen Anordnungen
zuwiderhandelt, insbeſondere den durch Landesgeſetz oder
Anordnung der zuſtändigen Behörde beſtimmten Zinsfuß
überſchreitet
, wird mit Geldſtrafe bis zu 150 Mark oder
Haft beſtraft.5

4 [Spaltenumbruch] Die Faſſung des Geſetzes
iſt eine unglückliche. Zu beach-
ten außer dem im Texte Ge-
ſagten: a) Wer eine vor dem
14. Juni 1880 von einem An-
deren erworbene wucherliche
Forderung nach dem 14. Juni
1880 geltend macht, kann nicht
nach §. 302 c geſtraft werden.
b) Die Beſtimmung bezieht ſich
nur auf die von einem An-
deren
erworbenen Forderungen;[Spaltenumbruch] Geltendmachung einer vor dem
14. Juni 1880 entſtandenen
wucherlichen Forderung durch
den Wucherer ſelbſt fällt wenn,
auch nach dem 14. Juni 1880
ſtattfindend, nicht unter das
Geſetz.
5 [Spaltenumbruch] Ueber die civilrechtl. Nicht-
Wirkſamkeit wucherlicher Ge-
ſchäfte vgl. Art. 3 des Geſetzes
vom 24. Mai 1880.
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[303/0329] Strafbare Ausbeutung Auderer. §. 75. 3. Gewerbs- oder gewohnheitsmäßiger (Begriffe oben §. 39 II 3) Wucher (StGB. §. 302 d). Strafe: Gefängnis nicht unter 3 Monaten und Geldſtrafe von 150 bis zu 15000 Mark. Aberkennung der Ehrenrechte obliga- toriſch (vgl. oben §. 51 I S. 202). 4. Die unter 1 und 2 angeführten Strafen treffen auch denjenigen, welcher mit Kenntnis des Sachverhaltes eine (wenn auch vor dem 14. Juni 1880 entſtandene) Forderung der angegebenen Art (nach dem 14. Juni 1880) erwirbt und entweder a) dieſelbe weiter veräußert, oder b) die wucherlichen Vermögensvorteile geltend macht 4 (StGB. §. 302 c). 5. Im Zuſammenhange mit den Strafbeſtimmungen gegen Wucher ſteht §. 360 Ziff. 12 StGB. in der neuen, durch das Geſetz vom 24. Mai 1880 beſtimmten Faſſung: Wer als Pfandleiher oder Rückkaufshändler bei Aus- übung ſeines Gewerbes den darüber erlaſſenen Anordnungen zuwiderhandelt, insbeſondere den durch Landesgeſetz oder Anordnung der zuſtändigen Behörde beſtimmten Zinsfuß überſchreitet, wird mit Geldſtrafe bis zu 150 Mark oder Haft beſtraft. 5 4 Die Faſſung des Geſetzes iſt eine unglückliche. Zu beach- ten außer dem im Texte Ge- ſagten: a) Wer eine vor dem 14. Juni 1880 von einem An- deren erworbene wucherliche Forderung nach dem 14. Juni 1880 geltend macht, kann nicht nach §. 302 c geſtraft werden. b) Die Beſtimmung bezieht ſich nur auf die von einem An- deren erworbenen Forderungen; Geltendmachung einer vor dem 14. Juni 1880 entſtandenen wucherlichen Forderung durch den Wucherer ſelbſt fällt wenn, auch nach dem 14. Juni 1880 ſtattfindend, nicht unter das Geſetz. 5 Ueber die civilrechtl. Nicht- Wirkſamkeit wucherlicher Ge- ſchäfte vgl. Art. 3 des Geſetzes vom 24. Mai 1880.

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/329>, abgerufen am 22.11.2024.