Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Unterschlagung. §. 67.

3. Die deliktische Thätigkeit besteht in dem Aneignen.
Das Gesetz sieht von einer kasuistischen Beschreibung dieses
Begriffes ab. Jeder (äußere oder innere) Akt, durch welchen
die Sache, als wäre sie Eigentum, den Zwecken des Thäters
dauernd und ausschließlich dienstbar gemacht wird, gehört
hieher; Beiseiteschaffen, Ableugnen des Besitzes, Veräußern,
Verbrauchen, Verpfänden5 kann Aneignung sein. Die An-
eignung muß auch hier eine rechtswidrige sein.

4. Die Vollendung tritt ein mit der geschehenen An-
eignung (anders beim Diebstahl). Der Versuch -- trotz
der Vergehensnatur strafbar -- beginnt mit der beginnenden
Aneignung.

5. Verletzt ist der Eigentümer, und nur er, nicht etwa
derjenige, der die Sache dem Thäter übergeben (anvertraut)
hatte.

II. Arten der Unterschlagung:

1. Einfache Unterschlagung. Strafe: Gefängnis
bis zu 3 Jahren; bei mildernden Umständen Geld-
strafe bis zu 900 Mark.
2. Die Veruntreuung oder Unterschlagung anver-
trauter
, d. h. auf Grund eines Rechtsgeschäftes mit
der Verpflichtung zur Rückgabe oder Weiterbeförde-
rung6 übernommener Sachen.
Strafe: Gefängnis bis zu 5 Jahren; bei mil-
dernden Umständen Geld bis zu 900 Mark.
3. Privilegierte Fälle (StGB. §. 247); dieselben wie
5 [Spaltenumbruch] Diskontierung von in Ver-
wahrung übernommenen Wech-
seln: RGR. 20. Mai 1880, R
I
808.
6 [Spaltenumbruch] Vgl. RGR. 12. Januar
1880, E I 61 (Uebergabe zur
Prüfung der Ehrlichkeit).
Die Unterſchlagung. §. 67.

3. Die deliktiſche Thätigkeit beſteht in dem Aneignen.
Das Geſetz ſieht von einer kaſuiſtiſchen Beſchreibung dieſes
Begriffes ab. Jeder (äußere oder innere) Akt, durch welchen
die Sache, als wäre ſie Eigentum, den Zwecken des Thäters
dauernd und ausſchließlich dienſtbar gemacht wird, gehört
hieher; Beiſeiteſchaffen, Ableugnen des Beſitzes, Veräußern,
Verbrauchen, Verpfänden5 kann Aneignung ſein. Die An-
eignung muß auch hier eine rechtswidrige ſein.

4. Die Vollendung tritt ein mit der geſchehenen An-
eignung (anders beim Diebſtahl). Der Verſuch — trotz
der Vergehensnatur ſtrafbar — beginnt mit der beginnenden
Aneignung.

5. Verletzt iſt der Eigentümer, und nur er, nicht etwa
derjenige, der die Sache dem Thäter übergeben (anvertraut)
hatte.

II. Arten der Unterſchlagung:

1. Einfache Unterſchlagung. Strafe: Gefängnis
bis zu 3 Jahren; bei mildernden Umſtänden Geld-
ſtrafe bis zu 900 Mark.
2. Die Veruntreuung oder Unterſchlagung anver-
trauter
, d. h. auf Grund eines Rechtsgeſchäftes mit
der Verpflichtung zur Rückgabe oder Weiterbeförde-
rung6 übernommener Sachen.
Strafe: Gefängnis bis zu 5 Jahren; bei mil-
dernden Umſtänden Geld bis zu 900 Mark.
3. Privilegierte Fälle (StGB. §. 247); dieſelben wie
5 [Spaltenumbruch] Diskontierung von in Ver-
wahrung übernommenen Wech-
ſeln: RGR. 20. Mai 1880, R
I
808.
6 [Spaltenumbruch] Vgl. RGR. 12. Januar
1880, E I 61 (Uebergabe zur
Prüfung der Ehrlichkeit).
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <pb facs="#f0297" n="271"/>
                  <fw place="top" type="header">Die Unter&#x017F;chlagung. §. 67.</fw><lb/>
                  <p>3. Die delikti&#x017F;che Thätigkeit be&#x017F;teht in dem <hi rendition="#g">Aneignen</hi>.<lb/>
Das Ge&#x017F;etz &#x017F;ieht von einer ka&#x017F;ui&#x017F;ti&#x017F;chen Be&#x017F;chreibung die&#x017F;es<lb/>
Begriffes ab. Jeder (äußere oder innere) Akt, durch welchen<lb/>
die Sache, als wäre &#x017F;ie Eigentum, den Zwecken des Thäters<lb/>
dauernd und aus&#x017F;chließlich dien&#x017F;tbar gemacht wird, gehört<lb/>
hieher; Bei&#x017F;eite&#x017F;chaffen, Ableugnen des Be&#x017F;itzes, Veräußern,<lb/>
Verbrauchen, Verpfänden<note place="foot" n="5"><cb/>
Diskontierung von in Ver-<lb/>
wahrung übernommenen Wech-<lb/>
&#x017F;eln: RGR. 20. Mai 1880, <hi rendition="#aq">R<lb/>
I</hi> 808.</note> <hi rendition="#g">kann</hi> Aneignung &#x017F;ein. Die An-<lb/>
eignung muß auch hier eine <hi rendition="#g">rechts</hi>widrige &#x017F;ein.</p><lb/>
                  <p>4. Die <hi rendition="#g">Vollendung</hi> tritt ein mit der ge&#x017F;chehenen An-<lb/>
eignung (anders beim Dieb&#x017F;tahl). Der Ver&#x017F;uch &#x2014; trotz<lb/>
der Vergehensnatur &#x017F;trafbar &#x2014; beginnt mit der beginnenden<lb/>
Aneignung.</p><lb/>
                  <p>5. Verletzt i&#x017F;t der Eigentümer, und nur er, nicht etwa<lb/>
derjenige, der die Sache dem Thäter übergeben (anvertraut)<lb/>
hatte.</p><lb/>
                  <p><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#g">Arten der Unter&#x017F;chlagung</hi>:</p><lb/>
                  <list>
                    <item>1. <hi rendition="#g">Einfache Unter&#x017F;chlagung. Strafe</hi>: Gefängnis<lb/>
bis zu 3 Jahren; bei mildernden Um&#x017F;tänden Geld-<lb/>
&#x017F;trafe bis zu 900 Mark.</item><lb/>
                    <item>2. Die <hi rendition="#g">Veruntreuung</hi> oder Unter&#x017F;chlagung <hi rendition="#g">anver-<lb/>
trauter</hi>, d. h. auf Grund eines Rechtsge&#x017F;chäftes mit<lb/>
der Verpflichtung zur Rückgabe oder Weiterbeförde-<lb/>
rung<note place="foot" n="6"><cb/>
Vgl. RGR. 12. Januar<lb/>
1880, <hi rendition="#aq">E I</hi> 61 (Uebergabe zur<lb/>
Prüfung der Ehrlichkeit).</note> übernommener Sachen.<lb/><hi rendition="#et"><hi rendition="#g">Strafe</hi>: Gefängnis bis zu 5 Jahren; bei mil-<lb/>
dernden Um&#x017F;tänden Geld bis zu 900 Mark.</hi></item><lb/>
                    <item>3. <hi rendition="#g">Privilegierte</hi> Fälle (StGB. §. 247); die&#x017F;elben wie<lb/></item>
                  </list>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[271/0297] Die Unterſchlagung. §. 67. 3. Die deliktiſche Thätigkeit beſteht in dem Aneignen. Das Geſetz ſieht von einer kaſuiſtiſchen Beſchreibung dieſes Begriffes ab. Jeder (äußere oder innere) Akt, durch welchen die Sache, als wäre ſie Eigentum, den Zwecken des Thäters dauernd und ausſchließlich dienſtbar gemacht wird, gehört hieher; Beiſeiteſchaffen, Ableugnen des Beſitzes, Veräußern, Verbrauchen, Verpfänden 5 kann Aneignung ſein. Die An- eignung muß auch hier eine rechtswidrige ſein. 4. Die Vollendung tritt ein mit der geſchehenen An- eignung (anders beim Diebſtahl). Der Verſuch — trotz der Vergehensnatur ſtrafbar — beginnt mit der beginnenden Aneignung. 5. Verletzt iſt der Eigentümer, und nur er, nicht etwa derjenige, der die Sache dem Thäter übergeben (anvertraut) hatte. II. Arten der Unterſchlagung: 1. Einfache Unterſchlagung. Strafe: Gefängnis bis zu 3 Jahren; bei mildernden Umſtänden Geld- ſtrafe bis zu 900 Mark. 2. Die Veruntreuung oder Unterſchlagung anver- trauter, d. h. auf Grund eines Rechtsgeſchäftes mit der Verpflichtung zur Rückgabe oder Weiterbeförde- rung 6 übernommener Sachen. Strafe: Gefängnis bis zu 5 Jahren; bei mil- dernden Umſtänden Geld bis zu 900 Mark. 3. Privilegierte Fälle (StGB. §. 247); dieſelben wie 5 Diskontierung von in Ver- wahrung übernommenen Wech- ſeln: RGR. 20. Mai 1880, R I 808. 6 Vgl. RGR. 12. Januar 1880, E I 61 (Uebergabe zur Prüfung der Ehrlichkeit).

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/297
Zitationshilfe: Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/297>, abgerufen am 23.11.2024.