Erstes Buch. VI. Vollendung u. Versuch des Verbrechens.
Kausalitätsreihe gar nicht ihr Objekt trifft; ad d, wenn der Erfolg nicht eintritt. Die Vollendung ist (definitiv) unter- blieben im Falle c.
Will man diese Fälle durch besondere Benennungen aus- einanderhalten, so kann man
1. von fehlgeschlagenen Verbrechen sprechen, wenn die auf den Erfolg gerichtete Handlung erfolglos vollzogen ist. Hieher gehört dann Fall c, in welchen Fall b über- gehen kann; sowie Fall d bei Ausbleiben des Erfolges.
2. Von suspendiertem Erfolge, wenn der Erfolg sicher, aber noch nicht eingetreten ist; Fall d kann diese Ge- stalt annehmen.
3. Von beendetem Versuche, wenn die körperliche Bewegung abgeschlossen ist, der Handelnde aber noch die Möglichkeit hat, den Eintritt des Erfolges abzuwenden, Fall b und d, nicht aber a und e gehören möglicherweise hieher.
4. Von nichtbeendetem Versuche, wenn die körper- liche Bewegung selbst nicht abgeschlossen ist: Fall a.3
III. Während die außerdeutsche Wissenschaft fehlgeschla- genes und versuchtes Verbrechen mit Recht strenge von ein- ander scheidet, zwingt uns der Stand der deutschen Gesetz- gebung, beide unter einen gemeinsamen Begriff zu bringen. Demnach nennen wir Versuch jede auf Herbeiführung des Erfolges gerichtete, diesen aber nicht herbei- führende Handlung. In dieser Definition bedeutet Er- folg: den Thatbestand, an welchen der Eintritt der Strafe geknüpft ist; Richtung auf den Erfolg: den Vorsatz des
3[Spaltenumbruch]
Die Terminologie ist eine sehr schwankende; wichtig ist es nur, die verschiedene Struktur[Spaltenumbruch]
der einzelnen Fälle im Auge zu behalten.
Erſtes Buch. VI. Vollendung u. Verſuch des Verbrechens.
Kauſalitätsreihe gar nicht ihr Objekt trifft; ad d, wenn der Erfolg nicht eintritt. Die Vollendung iſt (definitiv) unter- blieben im Falle c.
Will man dieſe Fälle durch beſondere Benennungen aus- einanderhalten, ſo kann man
1. von fehlgeſchlagenen Verbrechen ſprechen, wenn die auf den Erfolg gerichtete Handlung erfolglos vollzogen iſt. Hieher gehört dann Fall c, in welchen Fall b über- gehen kann; ſowie Fall d bei Ausbleiben des Erfolges.
2. Von ſuſpendiertem Erfolge, wenn der Erfolg ſicher, aber noch nicht eingetreten iſt; Fall d kann dieſe Ge- ſtalt annehmen.
3. Von beendetem Verſuche, wenn die körperliche Bewegung abgeſchloſſen iſt, der Handelnde aber noch die Möglichkeit hat, den Eintritt des Erfolges abzuwenden, Fall b und d, nicht aber a und e gehören möglicherweiſe hieher.
4. Von nichtbeendetem Verſuche, wenn die körper- liche Bewegung ſelbſt nicht abgeſchloſſen iſt: Fall a.3
III. Während die außerdeutſche Wiſſenſchaft fehlgeſchla- genes und verſuchtes Verbrechen mit Recht ſtrenge von ein- ander ſcheidet, zwingt uns der Stand der deutſchen Geſetz- gebung, beide unter einen gemeinſamen Begriff zu bringen. Demnach nennen wir Verſuch jede auf Herbeiführung des Erfolges gerichtete, dieſen aber nicht herbei- führende Handlung. In dieſer Definition bedeutet Er- folg: den Thatbeſtand, an welchen der Eintritt der Strafe geknüpft iſt; Richtung auf den Erfolg: den Vorſatz des
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Die Terminologie iſt eine ſehr ſchwankende; wichtig iſt es nur, die verſchiedene Struktur[Spaltenumbruch]
der einzelnen Fälle im Auge zu behalten.
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Erſtes Buch. VI. Vollendung u. Verſuch des Verbrechens.
Kauſalitätsreihe gar nicht ihr Objekt trifft; ad d, wenn der
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Will man dieſe Fälle durch beſondere Benennungen aus-
einanderhalten, ſo kann man
1. von fehlgeſchlagenen Verbrechen ſprechen, wenn
die auf den Erfolg gerichtete Handlung erfolglos vollzogen
iſt. Hieher gehört dann Fall c, in welchen Fall b über-
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2. Von ſuſpendiertem Erfolge, wenn der Erfolg
ſicher, aber noch nicht eingetreten iſt; Fall d kann dieſe Ge-
ſtalt annehmen.
3. Von beendetem Verſuche, wenn die körperliche
Bewegung abgeſchloſſen iſt, der Handelnde aber noch die
Möglichkeit hat, den Eintritt des Erfolges abzuwenden,
Fall b und d, nicht aber a und e gehören möglicherweiſe
hieher.
4. Von nichtbeendetem Verſuche, wenn die körper-
liche Bewegung ſelbſt nicht abgeſchloſſen iſt: Fall a. 3
III. Während die außerdeutſche Wiſſenſchaft fehlgeſchla-
genes und verſuchtes Verbrechen mit Recht ſtrenge von ein-
ander ſcheidet, zwingt uns der Stand der deutſchen Geſetz-
gebung, beide unter einen gemeinſamen Begriff zu bringen.
Demnach nennen wir Verſuch jede auf Herbeiführung
des Erfolges gerichtete, dieſen aber nicht herbei-
führende Handlung. In dieſer Definition bedeutet Er-
folg: den Thatbeſtand, an welchen der Eintritt der Strafe
geknüpft iſt; Richtung auf den Erfolg: den Vorſatz des
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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/160>, abgerufen am 16.02.2025.
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