alle kontrastierenden Vorstellungen gleichsam überrennend, so- fort sich in That umsetzte. Dabei ist das "sofort" nicht zeitlich, sondern nach der Einheitlichkeit der psychischen Vor- gänge zu bestimmen.
§. 29. Die Fahrlässigkeit.1
I. Fahrlässigkeit, die zweite der beiden Schuldformen des heutigen Rechts, ist der Wille als Ursache einer von der Vorstellung ihrer Kausalität (vgl. oben §. 28 I) nicht begleiteten Handlung mit rechts- widrigem Erfolge, wenn der Handelndea) bei Vornahme der Handlung die von der Norm gebo- tene und nach Lage der konkreten Umstände erfor- derliche Sorgfalt (objektiver Maßstab) außer Acht gelassen hat, und wenn erb) den Erfolg hätte vorhersehen, d. h. die Vorstellung von der Kau- salität seines Thuns hätte gewinnen können (sub- jektiver Maßstab).
1. Die strafrechtliche Fahrlässigkeit besteht nach diesem, aus dem positiven Recht abgeleiteten, Begriffe nicht ledig- lich in einer pflichtwidrigen Unachtsamkeit, in der Außerachtlassung der erforderlichen Sorgfalt. Die Uebertre- tungen des §. 366 Ziff. 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9 StGB. (z. B. Stehenlassen von Pferden auf öffentlichen Wegen "mit Vernachlässigung der erforderlichen Sicherheitsmaß- regeln") sind keine fahrlässigen Delikte. Die pflichtwidrige
1 Lit. bei Binding Grundriß S. 68. Dazu Geyer in HR. "eulpa".
Die Fahrläſſigkeit. §. 29.
alle kontraſtierenden Vorſtellungen gleichſam überrennend, ſo- fort ſich in That umſetzte. Dabei iſt das „ſofort“ nicht zeitlich, ſondern nach der Einheitlichkeit der pſychiſchen Vor- gänge zu beſtimmen.
§. 29. Die Fahrläſſigkeit.1
I. Fahrläſſigkeit, die zweite der beiden Schuldformen des heutigen Rechts, iſt der Wille als Urſache einer von der Vorſtellung ihrer Kauſalität (vgl. oben §. 28 I) nicht begleiteten Handlung mit rechts- widrigem Erfolge, wenn der Handelndea) bei Vornahme der Handlung die von der Norm gebo- tene und nach Lage der konkreten Umſtände erfor- derliche Sorgfalt (objektiver Maßſtab) außer Acht gelaſſen hat, und wenn erb) den Erfolg hätte vorherſehen, d. h. die Vorſtellung von der Kau- ſalität ſeines Thuns hätte gewinnen können (ſub- jektiver Maßſtab).
1. Die ſtrafrechtliche Fahrläſſigkeit beſteht nach dieſem, aus dem poſitiven Recht abgeleiteten, Begriffe nicht ledig- lich in einer pflichtwidrigen Unachtſamkeit, in der Außerachtlaſſung der erforderlichen Sorgfalt. Die Uebertre- tungen des §. 366 Ziff. 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9 StGB. (z. B. Stehenlaſſen von Pferden auf öffentlichen Wegen „mit Vernachläſſigung der erforderlichen Sicherheitsmaß- regeln“) ſind keine fahrläſſigen Delikte. Die pflichtwidrige
1 Lit. bei Binding Grundriß S. 68. Dazu Geyer in HR. „eulpa“.
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Die Fahrläſſigkeit. §. 29.
alle kontraſtierenden Vorſtellungen gleichſam überrennend, ſo-
fort ſich in That umſetzte. Dabei iſt das „ſofort“ nicht
zeitlich, ſondern nach der Einheitlichkeit der pſychiſchen Vor-
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§. 29.
Die Fahrläſſigkeit. 1
I. Fahrläſſigkeit, die zweite der beiden Schuldformen
des heutigen Rechts, iſt der Wille als Urſache einer
von der Vorſtellung ihrer Kauſalität (vgl. oben
§. 28 I) nicht begleiteten Handlung mit rechts-
widrigem Erfolge, wenn der Handelnde a) bei
Vornahme der Handlung die von der Norm gebo-
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gelaſſen hat, und wenn er b) den Erfolg hätte
vorherſehen, d. h. die Vorſtellung von der Kau-
ſalität ſeines Thuns hätte gewinnen können (ſub-
jektiver Maßſtab).
1. Die ſtrafrechtliche Fahrläſſigkeit beſteht nach dieſem,
aus dem poſitiven Recht abgeleiteten, Begriffe nicht ledig-
lich in einer pflichtwidrigen Unachtſamkeit, in der
Außerachtlaſſung der erforderlichen Sorgfalt. Die Uebertre-
tungen des §. 366 Ziff. 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9 StGB.
(z. B. Stehenlaſſen von Pferden auf öffentlichen Wegen
„mit Vernachläſſigung der erforderlichen Sicherheitsmaß-
regeln“) ſind keine fahrläſſigen Delikte. Die pflichtwidrige
1 Lit. bei Binding Grundriß S. 68. Dazu Geyer in
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Liszt, Franz von: Das deutsche Reichsstrafrecht. Berlin u. a., 1881, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liszt_reichsstrafrecht_1881/143>, abgerufen am 23.11.2024.
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