List, Friedrich: Das deutsche National-Transport-System in volks- und staatswirthschaftlicher Beziehung. Altona u. a., 1838.kein tiefer Einschnitt - nicht weicher Boden, sondern Kalksteingrund der Stein des Anstoßes. In diesem porösen Grunde brach das Wasser so oft durch, daß manche weite Strecken wieder aufgegeben und der Fluß mit großen Kosten gedämmt werden mußte. Bei allen Canälen hat man besonders in den ersten Jahren mit Durchbrüchen aller Art zu kämpfen, worauf dann freilich das Werk eine große Dauerhaftigkeit erlangt und verhältnißmäßig geringe Reparaturkosten erfordert; diese Durchbrüche und Reparationen unterbrechen aber jedesmal den Verkehr und wirken daher störend auf denjenigen Theil der Production und Consumtion, der bereits auf den Canaltransport basirt ist. Bei geringer Einnahme und großen Reparaturkosten sind die gewöhnlichen Ausgaben, wie z. B. die der Aufsicht und Schleußenbestellung fast dieselben, wie wenn der Canal voll beschäftigt gewesen wäre. So gering aber im Anfang die Zufuhr an Steinkohle ausfiel, so konnte sie doch nicht zureichenden Absatz finden. Die Unternehmer hatten zuvor nicht bedacht, daß nicht alle Welt auf der Stelle ihre alten Gewohnheiten und Vorurtheile aufgeben, sich plötzlich von den größeren Vortheilen des Steinkohlenfeuers überzeugen und ihre auf die Holzfeuerung berechneten Heizungs-, Koch- und Back-Vorrichtungen mit großen Kosten gegen solche vertauschen würden, wie sie die Steinkohlenfeuerung erfordert. Dies konnte um so viel weniger erwartet werden, als man wegen der Gebrechlichkeit der Anlage auf regelmäßige und ausreichende Steinkohlen-Zufuhr nicht rechnen konnte. Auf der andern Seite ward die Steinkohlen-Production mannigfaltig behindert und gestört. Ein Mal durch den Mangel an Erfahrung und an geschickten Arbeitern, ein ander Mal durch die Unterbrechung des Transports, ein drittes Mal durch den Mangel an Absatz auf dem Markte. Diese wechselseitigen Störungen und Reactionen hatten öfters einen ruinirenden Effect auf sämmtliche Unternehmer der Kohlenwerke, und so gingen unter wechselnder Prosperität und Calamität noch gute 10 Jahre in's Land, bis der Canal rentirte. Diese Zeit des Heils erlebten aber nur diejenigen Actionaire, die reich genug waren, Zinsen und Capital während des Baues und der Probezeit, also während 15 bis 20 Jahre, entbehren zu können. Alle, die in der Zwischenzeit verkaufen mußten, verloren, und viele bedeutend. Dieses Schicksal, das in noch weit bedeutenderem Grade die Actionaire des die Susquehannah mit dem Schuylkill-Canal vereinigenden Union-Canals theilten, bewog das Volk von Pennsylvanien, von dem in allen amerikanischen Republiken sonst überall so streng durchgeführten Grundsatz, daß Alles, was Privatkräfte zu Stande zu bringen vermögen, ihnen auch zur Ausführung und Unternehmung überlassen werden müsse, abzugehen und alle übrigen pennsylvanischen Canäle auf Rechnung des Staates zu unternehmen, in welcher Maßregel ihnen der Staat Neu-York mit dem Erie-Canal, der inzwischen durch mehrere bedeutende Zweig-Canäle ebenfalls auf Rechnung des Staats erweitert worden, vorangegangen war, und mehrere andere kein tiefer Einschnitt – nicht weicher Boden, sondern Kalksteingrund der Stein des Anstoßes. In diesem porösen Grunde brach das Wasser so oft durch, daß manche weite Strecken wieder aufgegeben und der Fluß mit großen Kosten gedämmt werden mußte. Bei allen Canälen hat man besonders in den ersten Jahren mit Durchbrüchen aller Art zu kämpfen, worauf dann freilich das Werk eine große Dauerhaftigkeit erlangt und verhältnißmäßig geringe Reparaturkosten erfordert; diese Durchbrüche und Reparationen unterbrechen aber jedesmal den Verkehr und wirken daher störend auf denjenigen Theil der Production und Consumtion, der bereits auf den Canaltransport basirt ist. Bei geringer Einnahme und großen Reparaturkosten sind die gewöhnlichen Ausgaben, wie z. B. die der Aufsicht und Schleußenbestellung fast dieselben, wie wenn der Canal voll beschäftigt gewesen wäre. So gering aber im Anfang die Zufuhr an Steinkohle ausfiel, so konnte sie doch nicht zureichenden Absatz finden. Die Unternehmer hatten zuvor nicht bedacht, daß nicht alle Welt auf der Stelle ihre alten Gewohnheiten und Vorurtheile aufgeben, sich plötzlich von den größeren Vortheilen des Steinkohlenfeuers überzeugen und ihre auf die Holzfeuerung berechneten Heizungs-, Koch- und Back-Vorrichtungen mit großen Kosten gegen solche vertauschen würden, wie sie die Steinkohlenfeuerung erfordert. Dies konnte um so viel weniger erwartet werden, als man wegen der Gebrechlichkeit der Anlage auf regelmäßige und ausreichende Steinkohlen-Zufuhr nicht rechnen konnte. Auf der andern Seite ward die Steinkohlen-Production mannigfaltig behindert und gestört. Ein Mal durch den Mangel an Erfahrung und an geschickten Arbeitern, ein ander Mal durch die Unterbrechung des Transports, ein drittes Mal durch den Mangel an Absatz auf dem Markte. Diese wechselseitigen Störungen und Reactionen hatten öfters einen ruinirenden Effect auf sämmtliche Unternehmer der Kohlenwerke, und so gingen unter wechselnder Prosperität und Calamität noch gute 10 Jahre in’s Land, bis der Canal rentirte. Diese Zeit des Heils erlebten aber nur diejenigen Actionaire, die reich genug waren, Zinsen und Capital während des Baues und der Probezeit, also während 15 bis 20 Jahre, entbehren zu können. Alle, die in der Zwischenzeit verkaufen mußten, verloren, und viele bedeutend. Dieses Schicksal, das in noch weit bedeutenderem Grade die Actionaire des die Susquehannah mit dem Schuylkill-Canal vereinigenden Union-Canals theilten, bewog das Volk von Pennsylvanien, von dem in allen amerikanischen Republiken sonst überall so streng durchgeführten Grundsatz, daß Alles, was Privatkräfte zu Stande zu bringen vermögen, ihnen auch zur Ausführung und Unternehmung überlassen werden müsse, abzugehen und alle übrigen pennsylvanischen Canäle auf Rechnung des Staates zu unternehmen, in welcher Maßregel ihnen der Staat Neu-York mit dem Erie-Canal, der inzwischen durch mehrere bedeutende Zweig-Canäle ebenfalls auf Rechnung des Staats erweitert worden, vorangegangen war, und mehrere andere <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0039" n="38"/> kein tiefer Einschnitt – nicht weicher Boden, sondern <hi rendition="#g">Kalksteingrund</hi> der Stein des Anstoßes. In diesem porösen Grunde brach das Wasser so oft durch, daß manche weite Strecken wieder aufgegeben und der Fluß mit großen Kosten gedämmt werden mußte. Bei allen Canälen hat man besonders in den ersten Jahren mit Durchbrüchen aller Art zu kämpfen, worauf dann freilich das Werk eine große Dauerhaftigkeit erlangt und verhältnißmäßig geringe Reparaturkosten erfordert; diese Durchbrüche und Reparationen unterbrechen aber jedesmal den Verkehr und wirken daher störend auf denjenigen Theil der Production und Consumtion, der bereits auf den Canaltransport basirt ist. Bei geringer Einnahme und großen Reparaturkosten sind die gewöhnlichen Ausgaben, wie z. B. die der Aufsicht und Schleußenbestellung fast dieselben, wie wenn der Canal voll beschäftigt gewesen wäre.</p> <p>So gering aber im Anfang die Zufuhr an Steinkohle ausfiel, so konnte sie doch nicht zureichenden Absatz finden. Die Unternehmer hatten zuvor nicht bedacht, daß nicht alle Welt auf der Stelle ihre alten Gewohnheiten und Vorurtheile aufgeben, sich plötzlich von den größeren Vortheilen des Steinkohlenfeuers überzeugen und ihre auf die Holzfeuerung berechneten Heizungs-, Koch- und Back-Vorrichtungen mit großen Kosten gegen solche vertauschen würden, wie sie die Steinkohlenfeuerung erfordert. Dies konnte um so viel weniger erwartet werden, als man wegen der Gebrechlichkeit der Anlage auf regelmäßige und ausreichende Steinkohlen-Zufuhr nicht rechnen konnte. Auf der andern Seite ward die Steinkohlen-Production mannigfaltig behindert und gestört. Ein Mal durch den Mangel an Erfahrung und an geschickten Arbeitern, ein ander Mal durch die Unterbrechung des Transports, ein drittes Mal durch den Mangel an Absatz auf dem Markte. Diese wechselseitigen Störungen und Reactionen hatten öfters einen ruinirenden Effect auf sämmtliche Unternehmer der Kohlenwerke, und so gingen unter wechselnder Prosperität und Calamität noch gute 10 Jahre in’s Land, bis der Canal rentirte. Diese Zeit des Heils erlebten aber nur diejenigen Actionaire, die reich genug waren, Zinsen und Capital während des Baues und der Probezeit, also während 15 bis 20 Jahre, entbehren zu können. 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kein tiefer Einschnitt – nicht weicher Boden, sondern Kalksteingrund der Stein des Anstoßes. In diesem porösen Grunde brach das Wasser so oft durch, daß manche weite Strecken wieder aufgegeben und der Fluß mit großen Kosten gedämmt werden mußte. Bei allen Canälen hat man besonders in den ersten Jahren mit Durchbrüchen aller Art zu kämpfen, worauf dann freilich das Werk eine große Dauerhaftigkeit erlangt und verhältnißmäßig geringe Reparaturkosten erfordert; diese Durchbrüche und Reparationen unterbrechen aber jedesmal den Verkehr und wirken daher störend auf denjenigen Theil der Production und Consumtion, der bereits auf den Canaltransport basirt ist. Bei geringer Einnahme und großen Reparaturkosten sind die gewöhnlichen Ausgaben, wie z. B. die der Aufsicht und Schleußenbestellung fast dieselben, wie wenn der Canal voll beschäftigt gewesen wäre.
So gering aber im Anfang die Zufuhr an Steinkohle ausfiel, so konnte sie doch nicht zureichenden Absatz finden. Die Unternehmer hatten zuvor nicht bedacht, daß nicht alle Welt auf der Stelle ihre alten Gewohnheiten und Vorurtheile aufgeben, sich plötzlich von den größeren Vortheilen des Steinkohlenfeuers überzeugen und ihre auf die Holzfeuerung berechneten Heizungs-, Koch- und Back-Vorrichtungen mit großen Kosten gegen solche vertauschen würden, wie sie die Steinkohlenfeuerung erfordert. Dies konnte um so viel weniger erwartet werden, als man wegen der Gebrechlichkeit der Anlage auf regelmäßige und ausreichende Steinkohlen-Zufuhr nicht rechnen konnte. Auf der andern Seite ward die Steinkohlen-Production mannigfaltig behindert und gestört. Ein Mal durch den Mangel an Erfahrung und an geschickten Arbeitern, ein ander Mal durch die Unterbrechung des Transports, ein drittes Mal durch den Mangel an Absatz auf dem Markte. Diese wechselseitigen Störungen und Reactionen hatten öfters einen ruinirenden Effect auf sämmtliche Unternehmer der Kohlenwerke, und so gingen unter wechselnder Prosperität und Calamität noch gute 10 Jahre in’s Land, bis der Canal rentirte. Diese Zeit des Heils erlebten aber nur diejenigen Actionaire, die reich genug waren, Zinsen und Capital während des Baues und der Probezeit, also während 15 bis 20 Jahre, entbehren zu können. Alle, die in der Zwischenzeit verkaufen mußten, verloren, und viele bedeutend.
Dieses Schicksal, das in noch weit bedeutenderem Grade die Actionaire des die Susquehannah mit dem Schuylkill-Canal vereinigenden Union-Canals theilten, bewog das Volk von Pennsylvanien, von dem in allen amerikanischen Republiken sonst überall so streng durchgeführten Grundsatz, daß Alles, was Privatkräfte zu Stande zu bringen vermögen, ihnen auch zur Ausführung und Unternehmung überlassen werden müsse, abzugehen und alle übrigen pennsylvanischen Canäle auf Rechnung des Staates zu unternehmen, in welcher Maßregel ihnen der Staat Neu-York mit dem Erie-Canal, der inzwischen durch mehrere bedeutende Zweig-Canäle ebenfalls auf Rechnung des Staats erweitert worden, vorangegangen war, und mehrere andere
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