kömmt es wunderlich heraus, daß der Hr. Prof. Philippi sich gegenden Cicero auflehnet, und einen Redner, der seines gleichen schwerlich hat, zu einem Wind-Beutel, Rabulisten und Charlatan macht, bloß darum, weil er seinem Clienten redlich gedienet, und dessen Noth, wie es seine Pflicht erforderte, leb- haft, nach drücklich und beweglich vorgestellet. Al- lein der Hr. Prof. Philippi muß doch seine Ursachen gehabt haben, warum er den Cicero so herum genom- men. Jch bilde mir ein, daß ich sie errathen. Die Rede des Cicero ist sehr satyrisch. Der Hr. Prof. Philippi klagt fast in allen Anmerckungen darüber. Jst dieses nicht genug, den Hrn. Prof. Philippi in Harnisch zu bringen? Sie wissen, mein Hr., wie barbarisch die Spötter mit ihm umgegan- gen. Sie wissen es um so viel besser, weil Sie selbst oft seiner nicht geschonet. Was ist demnach natür- licher, als daß der Hr. Prof. Philippi einen tödtli- chen Haß gegen alle Spötter heget, und da er mit denen Lebendigen nicht auskommen kan, an denen Todten Rache übet? Er soll überdem schon lange ei- nen heimlichen Groll auf den Cicero gehabt haben, weil er sich einbildet, dieser Römer habe ihn in eini- gen Stellen seiner Schriften angezapfet. So glaubt er z. E. er sey der homo ineptus & loquax, sed (ut si- bi videtur) ita doctus, ut etiam magister alio- rum esse possit, von welchem Cicero in Orat. pro Flacco redet. Er bildet sich ein Cicero meyne ihn, wenn er in eben dieser Oration schreibt: Habebat rhetor iste adolescentes quosdam locupletes, quos dimidio redderet stultiores, quam acceperat, ubi nihil possent discere, nisi ignorantiam litterarum,
und
(o)
koͤmmt es wunderlich heraus, daß der Hr. Prof. Philippi ſich gegenden Cicero auflehnet, und einen Redner, der ſeines gleichen ſchwerlich hat, zu einem Wind-Beutel, Rabuliſten und Charlatan macht, bloß darum, weil er ſeinem Clienten redlich gedienet, und deſſen Noth, wie es ſeine Pflicht erforderte, leb- haft, nach druͤcklich und beweglich vorgeſtellet. Al- lein der Hr. Prof. Philippi muß doch ſeine Urſachen gehabt haben, warum er den Cicero ſo herum genom- men. Jch bilde mir ein, daß ich ſie errathen. Die Rede des Cicero iſt ſehr ſatyriſch. Der Hr. Prof. Philippi klagt faſt in allen Anmerckungen daruͤber. Jſt dieſes nicht genug, den Hrn. Prof. Philippi in Harniſch zu bringen? Sie wiſſen, mein Hr., wie barbariſch die Spoͤtter mit ihm umgegan- gen. Sie wiſſen es um ſo viel beſſer, weil Sie ſelbſt oft ſeiner nicht geſchonet. Was iſt demnach natuͤr- licher, als daß der Hr. Prof. Philippi einen toͤdtli- chen Haß gegen alle Spoͤtter heget, und da er mit denen Lebendigen nicht auskommen kan, an denen Todten Rache uͤbet? Er ſoll uͤberdem ſchon lange ei- nen heimlichen Groll auf den Cicero gehabt haben, weil er ſich einbildet, dieſer Roͤmer habe ihn in eini- gen Stellen ſeiner Schriften angezapfet. So glaubt er z. E. er ſey der homo ineptus & loquax, ſed (ut ſi- bi videtur) ita doctus, ut etiam magiſter alio- rum eſſe poſſit, von welchem Cicero in Orat. pro Flacco redet. Er bildet ſich ein Cicero meyne ihn, wenn er in eben dieſer Oration ſchreibt: Habebat rhetor iſte adoleſcentes quosdam locupletes, quos dimidio redderet ſtultiores, quam acceperat, ubi nihil poſſent diſcere, niſi ignorantiam litterarum,
und
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0954"n="862"/><fwplace="top"type="header">(<hirendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
koͤmmt es wunderlich heraus, daß der Hr. Prof.<lb/>
Philippi ſich gegenden Cicero auflehnet, und einen<lb/>
Redner, der ſeines gleichen ſchwerlich hat, zu einem<lb/>
Wind-Beutel, Rabuliſten und Charlatan macht,<lb/>
bloß darum, weil er ſeinem Clienten redlich gedienet,<lb/>
und deſſen Noth, wie es ſeine Pflicht erforderte, leb-<lb/>
haft, nach druͤcklich und beweglich vorgeſtellet. Al-<lb/>
lein der Hr. Prof. Philippi muß doch ſeine Urſachen<lb/>
gehabt haben, warum er den Cicero ſo herum genom-<lb/>
men. Jch bilde mir ein, daß ich ſie errathen. Die<lb/>
Rede des Cicero iſt ſehr ſatyriſch. Der Hr. Prof.<lb/>
Philippi klagt faſt in allen Anmerckungen daruͤber.<lb/>
Jſt dieſes nicht genug, den Hrn. Prof. Philippi<lb/>
in Harniſch zu bringen? Sie wiſſen, mein Hr.,<lb/>
wie barbariſch die Spoͤtter mit ihm umgegan-<lb/>
gen. Sie wiſſen es um ſo viel beſſer, weil Sie ſelbſt<lb/>
oft ſeiner nicht geſchonet. Was iſt demnach natuͤr-<lb/>
licher, als daß der Hr. Prof. Philippi einen toͤdtli-<lb/>
chen Haß gegen alle Spoͤtter heget, und da er mit<lb/>
denen Lebendigen nicht auskommen kan, an denen<lb/>
Todten Rache uͤbet? Er ſoll uͤberdem ſchon lange ei-<lb/>
nen heimlichen Groll auf den Cicero gehabt haben,<lb/>
weil er ſich einbildet, dieſer Roͤmer habe ihn in eini-<lb/>
gen Stellen ſeiner Schriften angezapfet. So glaubt<lb/>
er z. E. er ſey der <hirendition="#aq">homo ineptus & loquax, ſed (ut ſi-<lb/>
bi videtur) ita doctus, ut etiam magiſter alio-<lb/>
rum eſſe poſſit,</hi> von welchem Cicero <hirendition="#aq"><hirendition="#i">in Orat. pro<lb/>
Flacco</hi></hi> redet. Er bildet ſich ein Cicero meyne ihn,<lb/>
wenn er in eben dieſer Oration ſchreibt: <hirendition="#aq">Habebat<lb/><hirendition="#i">rhetor iſte</hi> adoleſcentes quosdam locupletes, quos<lb/>
dimidio redderet ſtultiores, quam acceperat, ubi<lb/>
nihil poſſent diſcere, niſi ignorantiam litterarum,</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch">und</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[862/0954]
(o)
koͤmmt es wunderlich heraus, daß der Hr. Prof.
Philippi ſich gegenden Cicero auflehnet, und einen
Redner, der ſeines gleichen ſchwerlich hat, zu einem
Wind-Beutel, Rabuliſten und Charlatan macht,
bloß darum, weil er ſeinem Clienten redlich gedienet,
und deſſen Noth, wie es ſeine Pflicht erforderte, leb-
haft, nach druͤcklich und beweglich vorgeſtellet. Al-
lein der Hr. Prof. Philippi muß doch ſeine Urſachen
gehabt haben, warum er den Cicero ſo herum genom-
men. Jch bilde mir ein, daß ich ſie errathen. Die
Rede des Cicero iſt ſehr ſatyriſch. Der Hr. Prof.
Philippi klagt faſt in allen Anmerckungen daruͤber.
Jſt dieſes nicht genug, den Hrn. Prof. Philippi
in Harniſch zu bringen? Sie wiſſen, mein Hr.,
wie barbariſch die Spoͤtter mit ihm umgegan-
gen. Sie wiſſen es um ſo viel beſſer, weil Sie ſelbſt
oft ſeiner nicht geſchonet. Was iſt demnach natuͤr-
licher, als daß der Hr. Prof. Philippi einen toͤdtli-
chen Haß gegen alle Spoͤtter heget, und da er mit
denen Lebendigen nicht auskommen kan, an denen
Todten Rache uͤbet? Er ſoll uͤberdem ſchon lange ei-
nen heimlichen Groll auf den Cicero gehabt haben,
weil er ſich einbildet, dieſer Roͤmer habe ihn in eini-
gen Stellen ſeiner Schriften angezapfet. So glaubt
er z. E. er ſey der homo ineptus & loquax, ſed (ut ſi-
bi videtur) ita doctus, ut etiam magiſter alio-
rum eſſe poſſit, von welchem Cicero in Orat. pro
Flacco redet. Er bildet ſich ein Cicero meyne ihn,
wenn er in eben dieſer Oration ſchreibt: Habebat
rhetor iſte adoleſcentes quosdam locupletes, quos
dimidio redderet ſtultiores, quam acceperat, ubi
nihil poſſent diſcere, niſi ignorantiam litterarum,
und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 862. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/954>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.