alles Fürnehmen unter dem Himmel seine Stunde habe.
Auch den Männern würde es nicht gefallen, wenn ihre Weiber sich aller Empfindung und Bezeu- gung eines Vergnügens enthalten wolten, zu der Zeit, wann sie sich alle Mühe geben, denselben ihre Liebe aufs nachdrücklichste zu bezeugen. Wie viele würden nicht ihre Weiber eben so unwillig anfahren, als Martial das Seinige?
"Vxor vade fores aut moribus utere nostris "Non ego sum Curius, non Numa, non Tatius.
Und mit diesem Poeten klagen:
"Nec motu dignaris opus, nec voce juvare Nec digitis, tanquam thura merumqve pares. (38)
Jndessen glaube ich nicht, daß es, bey ietzigen Umstän- den, dazu kommen wird. Das Frauenzimmer wenig- stens wird sich wohl für dem Vorwurf einer Unem- pfindlichkeit hüten, und wenn auch der Hr. Prof. Manzel noch so klar darthun solte, daß diejenige Da- me, von welcher wir alle herstammen, gantz fühlloß gewesen. Er mag die Glückseeligkeit und Vollkom- menheit dieser Dame noch so sehr herausstreichen; So wird doch unser Frauenzimmer lieber demjeni- gen, als einem Meister in seiner Kunst, Glauben zu stellen, welcher sagt:
"Infelix cui torpet hebes locus ille puella "Quo pariter debentfaemina virq; frui (39).
Und
(38) Martialis lib. IX. Ep. 105.
(39) Ovidius de Arte amandi Lib. III.
(o)
alles Fuͤrnehmen unter dem Himmel ſeine Stunde habe.
Auch den Maͤnnern wuͤrde es nicht gefallen, wenn ihre Weiber ſich aller Empfindung und Bezeu- gung eines Vergnuͤgens enthalten wolten, zu der Zeit, wann ſie ſich alle Muͤhe geben, denſelben ihre Liebe aufs nachdruͤcklichſte zu bezeugen. Wie viele wuͤrden nicht ihre Weiber eben ſo unwillig anfahren, als Martial das Seinige?
„Vxor vade fores aut moribus utere noſtris „Non ego ſum Curius, non Numa, non Tatius.
Und mit dieſem Poeten klagen:
„Nec motu dignaris opus, nec voce juvare Nec digitis, tanquam thura merumqve pares. (38)
Jndeſſen glaube ich nicht, daß es, bey ietzigen Umſtaͤn- den, dazu kommen wird. Das Frauenzimmer wenig- ſtens wird ſich wohl fuͤr dem Vorwurf einer Unem- pfindlichkeit huͤten, und wenn auch der Hr. Prof. Manzel noch ſo klar darthun ſolte, daß diejenige Da- me, von welcher wir alle herſtammen, gantz fuͤhlloß geweſen. Er mag die Gluͤckſeeligkeit und Vollkom- menheit dieſer Dame noch ſo ſehr herausſtreichen; So wird doch unſer Frauenzimmer lieber demjeni- gen, als einem Meiſter in ſeiner Kunſt, Glauben zu ſtellen, welcher ſagt:
„Infelix cui torpet hebes locus ille puella „Quo pariter debentfæmina virq; frui (39).
Und
(38) Martialis lib. IX. Ep. 105.
(39) Ovidius de Arte amandi Lib. III.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0848"n="756"/><fwplace="top"type="header">(<hirendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
alles Fuͤrnehmen unter dem Himmel ſeine Stunde<lb/>
habe.</p><lb/><p>Auch den Maͤnnern wuͤrde es nicht gefallen,<lb/>
wenn ihre Weiber ſich aller Empfindung und Bezeu-<lb/>
gung eines Vergnuͤgens enthalten wolten, zu der Zeit,<lb/>
wann ſie ſich alle Muͤhe geben, denſelben ihre Liebe<lb/>
aufs nachdruͤcklichſte zu bezeugen. Wie viele wuͤrden<lb/>
nicht ihre Weiber eben ſo unwillig anfahren, als<lb/>
Martial das Seinige?</p><lb/><cit><quote><hirendition="#aq">„Vxor vade fores aut moribus utere noſtris<lb/>„Non ego ſum Curius, non Numa, non<lb/><hirendition="#et">Tatius.</hi></hi></quote></cit><lb/><p>Und mit dieſem Poeten klagen:</p><lb/><cit><quote><hirendition="#aq">„Nec motu dignaris opus, nec voce juvare<lb/>
Nec digitis, tanquam thura merumqve<lb/><hirendition="#et">pares. <noteplace="foot"n="(38)">Martialis lib. IX. Ep. 105.</note></hi></hi></quote></cit><lb/><p>Jndeſſen glaube ich nicht, daß es, bey ietzigen Umſtaͤn-<lb/>
den, dazu kommen wird. Das Frauenzimmer wenig-<lb/>ſtens wird ſich wohl fuͤr dem Vorwurf einer Unem-<lb/>
pfindlichkeit huͤten, und wenn auch der Hr. Prof.<lb/>
Manzel noch ſo klar darthun ſolte, daß diejenige Da-<lb/>
me, von welcher wir alle herſtammen, gantz fuͤhlloß<lb/>
geweſen. Er mag die Gluͤckſeeligkeit und Vollkom-<lb/>
menheit dieſer Dame noch ſo ſehr herausſtreichen;<lb/>
So wird doch unſer Frauenzimmer lieber demjeni-<lb/>
gen, als einem Meiſter in ſeiner Kunſt, Glauben zu<lb/>ſtellen, welcher ſagt:</p><lb/><cit><quote><hirendition="#aq">„Infelix cui torpet hebes locus ille puella<lb/>„Quo pariter debentfæmina virq; frui <noteplace="foot"n="(39)">Ovidius de Arte amandi Lib. III.</note>.</hi></quote></cit><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Und</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[756/0848]
(o)
alles Fuͤrnehmen unter dem Himmel ſeine Stunde
habe.
Auch den Maͤnnern wuͤrde es nicht gefallen,
wenn ihre Weiber ſich aller Empfindung und Bezeu-
gung eines Vergnuͤgens enthalten wolten, zu der Zeit,
wann ſie ſich alle Muͤhe geben, denſelben ihre Liebe
aufs nachdruͤcklichſte zu bezeugen. Wie viele wuͤrden
nicht ihre Weiber eben ſo unwillig anfahren, als
Martial das Seinige?
„Vxor vade fores aut moribus utere noſtris
„Non ego ſum Curius, non Numa, non
Tatius.
Und mit dieſem Poeten klagen:
„Nec motu dignaris opus, nec voce juvare
Nec digitis, tanquam thura merumqve
pares. (38)
Jndeſſen glaube ich nicht, daß es, bey ietzigen Umſtaͤn-
den, dazu kommen wird. Das Frauenzimmer wenig-
ſtens wird ſich wohl fuͤr dem Vorwurf einer Unem-
pfindlichkeit huͤten, und wenn auch der Hr. Prof.
Manzel noch ſo klar darthun ſolte, daß diejenige Da-
me, von welcher wir alle herſtammen, gantz fuͤhlloß
geweſen. Er mag die Gluͤckſeeligkeit und Vollkom-
menheit dieſer Dame noch ſo ſehr herausſtreichen;
So wird doch unſer Frauenzimmer lieber demjeni-
gen, als einem Meiſter in ſeiner Kunſt, Glauben zu
ſtellen, welcher ſagt:
„Infelix cui torpet hebes locus ille puella
„Quo pariter debentfæmina virq; frui (39).
Und
(38) Martialis lib. IX. Ep. 105.
(39) Ovidius de Arte amandi Lib. III.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 756. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/848>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.