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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

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(o)

Wenn der Hr. Prof. in der weitern Ausführung
dieses Entwurfes eines neuen Rechts der Natur so
fortfahren will, die in dieser Wissenschaft vorkommende
Fragen und Streitigkeiten zu entscheiden; so erleben
wir noch den Tag, daß auf einer, und vielleicht der ein-
tzigen, recht orthodoxen Academie gelehret wird, die
Haltung der Contracte sey nicht Juris Naturae. Denn
es ist gewiß, daß man im Stande der Unschuld so we-
nig einen Contract geschlossen, als ein Testament ge-
macht haben würde. Was wird aber dieses nicht
vor ein Aergerniß geben? Jch weiß wohl, daß es so
böse nicht gemeinet ist: Allein ich begreife nicht, was
uns ein so unnützes Wort-Spiel in der Weltweiß-
heit vor Trost geben soll.

Jch wende mich zu dem was folget. "Was die"
Fortpflantzung des menschlichen Geschlechts anlan-"
get, sagt der Hr. Prof. (§. 62), so glaube ich, daß"
dieselbe aufs einfältigste geschehen sey (simplicissi-"
meillam factam fuisse persuadeor
), das ist, daß"
die Pflicht der Männer gewesen, die zu diesem Handel"
geschickte, noch nicht schwangere, und nicht mehr säu-"
gende Weiber zu schwängern: Welches dann zwar"
nach dem Trieb der Natur; aber doch unter der Auf-"
sicht der Vernunft (dirigente ratione) ohne alle bö-"
se Bewegungen (sine tamen motibus prauis) ge-"
schehen seyn würde; nicht anders, als wir an den"
Thieren sehen, welche sich zu gewissen Zeiten paaren,"
und die übrige Zeit sich mit dem Wercke der Zeugung"
keine vergebliche Mühe machen (nihil in id negoti-"
um frustra impendunt
): Daher dann auch die"
Meinung derer nicht zu verachten ist, welche davor"
halten, daß die Thiere, wann sie sich mit einander gat-"
ten, kein Vergnügen empfinden.

Man
(o)

Wenn der Hr. Prof. in der weitern Ausfuͤhrung
dieſes Entwurfes eines neuen Rechts der Natur ſo
fortfahren will, die in dieſer Wiſſenſchaft vorkom̃ende
Fragen und Streitigkeiten zu entſcheiden; ſo erleben
wir noch den Tag, daß auf einer, und vielleicht der ein-
tzigen, recht orthodoxen Academie gelehret wird, die
Haltung der Contracte ſey nicht Juris Naturæ. Denn
es iſt gewiß, daß man im Stande der Unſchuld ſo we-
nig einen Contract geſchloſſen, als ein Teſtament ge-
macht haben wuͤrde. Was wird aber dieſes nicht
vor ein Aergerniß geben? Jch weiß wohl, daß es ſo
boͤſe nicht gemeinet iſt: Allein ich begreife nicht, was
uns ein ſo unnuͤtzes Wort-Spiel in der Weltweiß-
heit vor Troſt geben ſoll.

Jch wende mich zu dem was folget. „Was die„
Fortpflantzung des menſchlichen Geſchlechts anlan-„
get, ſagt der Hr. Prof. (§. 62), ſo glaube ich, daß„
dieſelbe aufs einfaͤltigſte geſchehen ſey (ſimpliciſſi-„
mèillam factam fuiſſe perſuadeor
), das iſt, daß„
die Pflicht deꝛ Maͤnner geweſen, die zu dieſem Handel„
geſchickte, noch nicht ſchwangeꝛe, und nicht mehr ſaͤu-„
gende Weiber zu ſchwaͤngern: Welches dann zwar„
nach dem Trieb der Natur; aber doch unter der Auf-„
ſicht der Vernunft (dirigente ratione) ohne alle boͤ-„
ſe Bewegungen (ſine tamen motibus prauis) ge-„
ſchehen ſeyn wuͤrde; nicht anders, als wir an den„
Thieren ſehen, welche ſich zu gewiſſen Zeiten paaren,„
und die uͤbrige Zeit ſich mit dem Weꝛcke der Zeugung„
keine vergebliche Muͤhe machen (nihil in id negoti-„
um fruſtra impendunt
): Daher dann auch die„
Meinung derer nicht zu verachten iſt, welche davor„
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ten, kein Vergnuͤgen empfinden.

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[743/0835] (o) Wenn der Hr. Prof. in der weitern Ausfuͤhrung dieſes Entwurfes eines neuen Rechts der Natur ſo fortfahren will, die in dieſer Wiſſenſchaft vorkom̃ende Fragen und Streitigkeiten zu entſcheiden; ſo erleben wir noch den Tag, daß auf einer, und vielleicht der ein- tzigen, recht orthodoxen Academie gelehret wird, die Haltung der Contracte ſey nicht Juris Naturæ. Denn es iſt gewiß, daß man im Stande der Unſchuld ſo we- nig einen Contract geſchloſſen, als ein Teſtament ge- macht haben wuͤrde. Was wird aber dieſes nicht vor ein Aergerniß geben? Jch weiß wohl, daß es ſo boͤſe nicht gemeinet iſt: Allein ich begreife nicht, was uns ein ſo unnuͤtzes Wort-Spiel in der Weltweiß- heit vor Troſt geben ſoll. Jch wende mich zu dem was folget. „Was die„ Fortpflantzung des menſchlichen Geſchlechts anlan-„ get, ſagt der Hr. Prof. (§. 62), ſo glaube ich, daß„ dieſelbe aufs einfaͤltigſte geſchehen ſey (ſimpliciſſi-„ mèillam factam fuiſſe perſuadeor), das iſt, daß„ die Pflicht deꝛ Maͤnner geweſen, die zu dieſem Handel„ geſchickte, noch nicht ſchwangeꝛe, und nicht mehr ſaͤu-„ gende Weiber zu ſchwaͤngern: Welches dann zwar„ nach dem Trieb der Natur; aber doch unter der Auf-„ ſicht der Vernunft (dirigente ratione) ohne alle boͤ-„ ſe Bewegungen (ſine tamen motibus prauis) ge-„ ſchehen ſeyn wuͤrde; nicht anders, als wir an den„ Thieren ſehen, welche ſich zu gewiſſen Zeiten paaren,„ und die uͤbrige Zeit ſich mit dem Weꝛcke der Zeugung„ keine vergebliche Muͤhe machen (nihil in id negoti-„ um fruſtra impendunt): Daher dann auch die„ Meinung derer nicht zu verachten iſt, welche davor„ halten, daß die Thiere, wañ ſie ſich mit einander gat-„ ten, kein Vergnuͤgen empfinden. Man

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Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 743. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/835>, abgerufen am 25.11.2024.