daß der allgemeine und immerwährende Krieg, der dadurch vermieden wird, weit erschrecklicher ist, als alles das Böse, so aus der Einführung des Eigen- thums entstehen kan.
Wolte nun gleich der Hr. Prof. Manzel hierwie- der einwerfen, eben der verderbliche Streit, dem man durch die Einführung des Eigenthums vorbeugen müssen, zeige an, daß diese Einführung eine Noth voraussetze, aus welcher zu schliessen, daß der Mensch seine Vollkommenheit verlohren habe: So würde mirs doch an einer Antwort nicht gebrechen. Jch würde sagen; Es sey zwar unstreitig, daß die Ein- sührung des Eigenthums eine Unvollkommenheit des Menschen zum Grunde habe: indem es freylich bes- ser seyn würde, wenn die Menschen auf den Besitz vieler Dinge, die sie nicht nothwendig gebrauchen, nicht so erpicht wären, als sie sind; sondern als ver- traute Freunde, unter welchen, nach einem sehr be- kannten Sprichwort, alles gemein ist, mit einan- der lebten: Es sey auch sehr glaublich, daß die er- sten Menschen in ihrer Einfalt und Unschuld mit we- nigem zufrieden gewesen, und sich um den Besitz der Dinge, worüber wir ietzo streiten, nicht mit einander gezancket: Es sey aber noch lange keine Folge, daß die Unvollkommenheit, auf welche sich die Nothwen- digkeit des Eigenthums gründet, mit dem ursprüng- lichen Zustande des Menschlichen Geschlechts nicht bestehen könne: oder daß es nöthig sey, zu sagen, der erste Mensch sey anfänglich, kraft der ihm anerschafe- nen Gerechtigkeit und Heiligkeit, ein so friedsames Thier gewesen, als er seyn müste, wenn alle Dinge gemein seyn solten.
Die
(o)
daß der allgemeine und immerwaͤhrende Krieg, der dadurch vermieden wird, weit erſchrecklicher iſt, als alles das Boͤſe, ſo aus der Einfuͤhrung des Eigen- thums entſtehen kan.
Wolte nun gleich der Hr. Prof. Manzel hierwie- der einwerfen, eben der verderbliche Streit, dem man durch die Einfuͤhrung des Eigenthums vorbeugen muͤſſen, zeige an, daß dieſe Einfuͤhrung eine Noth vorausſetze, aus welcher zu ſchlieſſen, daß der Menſch ſeine Vollkommenheit verlohren habe: So wuͤrde mirs doch an einer Antwort nicht gebrechen. Jch wuͤrde ſagen; Es ſey zwar unſtreitig, daß die Ein- ſuͤhrung des Eigenthums eine Unvollkommenheit des Menſchen zum Grunde habe: indem es freylich beſ- ſer ſeyn wuͤrde, wenn die Menſchen auf den Beſitz vieler Dinge, die ſie nicht nothwendig gebrauchen, nicht ſo erpicht waͤren, als ſie ſind; ſondern als ver- traute Freunde, unter welchen, nach einem ſehr be- kannten Sprichwort, alles gemein iſt, mit einan- der lebten: Es ſey auch ſehr glaublich, daß die er- ſten Menſchen in ihrer Einfalt und Unſchuld mit we- nigem zufrieden geweſen, und ſich um den Beſitz der Dinge, woruͤber wir ietzo ſtreiten, nicht mit einander gezancket: Es ſey aber noch lange keine Folge, daß die Unvollkommenheit, auf welche ſich die Nothwen- digkeit des Eigenthums gruͤndet, mit dem urſpruͤng- lichen Zuſtande des Menſchlichen Geſchlechts nicht beſtehen koͤnne: oder daß es noͤthig ſey, zu ſagen, der erſte Menſch ſey anfaͤnglich, kraft der ihm anerſchafe- nen Gerechtigkeit und Heiligkeit, ein ſo friedſames Thier geweſen, als er ſeyn muͤſte, wenn alle Dinge gemein ſeyn ſolten.
Die
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(o)
daß der allgemeine und immerwaͤhrende Krieg, der
dadurch vermieden wird, weit erſchrecklicher iſt, als
alles das Boͤſe, ſo aus der Einfuͤhrung des Eigen-
thums entſtehen kan.
Wolte nun gleich der Hr. Prof. Manzel hierwie-
der einwerfen, eben der verderbliche Streit, dem man
durch die Einfuͤhrung des Eigenthums vorbeugen
muͤſſen, zeige an, daß dieſe Einfuͤhrung eine Noth
vorausſetze, aus welcher zu ſchlieſſen, daß der Menſch
ſeine Vollkommenheit verlohren habe: So wuͤrde
mirs doch an einer Antwort nicht gebrechen. Jch
wuͤrde ſagen; Es ſey zwar unſtreitig, daß die Ein-
ſuͤhrung des Eigenthums eine Unvollkommenheit des
Menſchen zum Grunde habe: indem es freylich beſ-
ſer ſeyn wuͤrde, wenn die Menſchen auf den Beſitz
vieler Dinge, die ſie nicht nothwendig gebrauchen,
nicht ſo erpicht waͤren, als ſie ſind; ſondern als ver-
traute Freunde, unter welchen, nach einem ſehr be-
kannten Sprichwort, alles gemein iſt, mit einan-
der lebten: Es ſey auch ſehr glaublich, daß die er-
ſten Menſchen in ihrer Einfalt und Unſchuld mit we-
nigem zufrieden geweſen, und ſich um den Beſitz der
Dinge, woruͤber wir ietzo ſtreiten, nicht mit einander
gezancket: Es ſey aber noch lange keine Folge, daß
die Unvollkommenheit, auf welche ſich die Nothwen-
digkeit des Eigenthums gruͤndet, mit dem urſpruͤng-
lichen Zuſtande des Menſchlichen Geſchlechts nicht
beſtehen koͤnne: oder daß es noͤthig ſey, zu ſagen, der
erſte Menſch ſey anfaͤnglich, kraft der ihm anerſchafe-
nen Gerechtigkeit und Heiligkeit, ein ſo friedſames
Thier geweſen, als er ſeyn muͤſte, wenn alle Dinge
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 714. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/806>, abgerufen am 25.11.2024.
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