zwar die Herrschaft des Menschen über dieselbe nicht gäntzlich auf; schmälere sie aber doch mercklich: und sey also der Hr. Prof. Mantzel gar wohl befugt, aus diesem Unterscheid eine Veränderung des ursprüngli- chen Zustandes der Menschen zu muhtmassen. So antworte ich, daß, wenn ich das, was GOtt zu Noah gesagt, und die Worte Davids gegen diejenigen hal- te, mit welchen GOtt dem ersten Menschen die Herr- schaft über die Thiere aufgetragen hat, ich nicht finde, daß dieselbe von mehrerm Nachdruck sind, als das, was nach dem Fall von dieser Herrschaft gesagt wor- den.
X. Hieraus schliesse ich nun ferner, daß wir die Herrschaft, die uns GOtt in der Schöpfung über die Thiere gegeben hat, noch haben. Gleich wie nun aber unsere Herrschaft nicht weit her, und schon so viele tausend Jahr mit dem Unterscheid unter wilden und zahmen Thieren gar wohl bestanden ist: So kan man dieses auch von der Herrschaft, die Adam gehabt hat, mit allem Rechte sagen.
Unsere Herrschaft über die Thiere bestehet, wie es die Erfahrung giebt, in nichts anders, als in der Macht, uns derselben, nach Belieben, zu bedienen: den Thieren aber ihr Recht unbenommen, sich, nach ihrem besten Vermögen, vor unsern Nachstellung zu hüten und wieder Gewalt zu wehren. Jch solte nicht meinen, daß in der Welt ein Mensch zu finden sey, der mir dieses wiederstreiten solte. Es ist glaublich, daß alle diejegen, welche dem Menschen nach dem Falle ei- ne Herrschaft über die Thiere beylegen, nichts anders, als die ietzt gemeldte Befugniß dadurch verstehen: Haben diese Herren höhere Begrife von unserer Ma-
jestät,
(o)
zwar die Herrſchaft des Menſchen uͤber dieſelbe nicht gaͤntzlich auf; ſchmaͤlere ſie aber doch mercklich: und ſey alſo der Hr. Prof. Mantzel gar wohl befugt, aus dieſem Unterſcheid eine Veraͤnderung des urſpruͤngli- chen Zuſtandes der Menſchen zu muhtmaſſen. So antworte ich, daß, wenn ich das, was GOtt zu Noah geſagt, und die Worte Davids gegen diejenigen hal- te, mit welchen GOtt dem erſten Menſchen die Herr- ſchaft uͤber die Thiere aufgetragen hat, ich nicht finde, daß dieſelbe von mehrerm Nachdruck ſind, als das, was nach dem Fall von dieſer Herrſchaft geſagt wor- den.
X. Hieraus ſchlieſſe ich nun ferner, daß wir die Herrſchaft, die uns GOtt in der Schoͤpfung uͤber die Thiere gegeben hat, noch haben. Gleich wie nun aber unſere Herrſchaft nicht weit her, und ſchon ſo viele tauſend Jahr mit dem Unterſcheid unter wilden und zahmen Thieren gar wohl beſtanden iſt: So kan man dieſes auch von der Herrſchaft, die Adam gehabt hat, mit allem Rechte ſagen.
Unſere Herrſchaft uͤber die Thiere beſtehet, wie es die Erfahrung giebt, in nichts anders, als in der Macht, uns derſelben, nach Belieben, zu bedienen: den Thieren aber ihr Recht unbenommen, ſich, nach ihrem beſten Vermoͤgen, vor unſern Nachſtellung zu huͤten und wieder Gewalt zu wehren. Jch ſolte nicht meinen, daß in der Welt ein Menſch zu finden ſey, der mir dieſes wiederſtreiten ſolte. Es iſt glaublich, daß alle diejegen, welche dem Menſchen nach dem Falle ei- ne Herrſchaft uͤber die Thiere beylegen, nichts anders, als die ietzt gemeldte Befugniß dadurch verſtehen: Haben dieſe Herren hoͤhere Begrife von unſerer Ma-
jeſtaͤt,
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zwar die Herrſchaft des Menſchen uͤber dieſelbe nicht
gaͤntzlich auf; ſchmaͤlere ſie aber doch mercklich: und
ſey alſo der Hr. Prof. Mantzel gar wohl befugt, aus
dieſem Unterſcheid eine Veraͤnderung des urſpruͤngli-
chen Zuſtandes der Menſchen zu muhtmaſſen. So
antworte ich, daß, wenn ich das, was GOtt zu Noah
geſagt, und die Worte Davids gegen diejenigen hal-
te, mit welchen GOtt dem erſten Menſchen die Herr-
ſchaft uͤber die Thiere aufgetragen hat, ich nicht finde,
daß dieſelbe von mehrerm Nachdruck ſind, als das,
was nach dem Fall von dieſer Herrſchaft geſagt wor-
den.
X. Hieraus ſchlieſſe ich nun ferner, daß wir die
Herrſchaft, die uns GOtt in der Schoͤpfung uͤber die
Thiere gegeben hat, noch haben. Gleich wie nun aber
unſere Herrſchaft nicht weit her, und ſchon ſo viele
tauſend Jahr mit dem Unterſcheid unter wilden und
zahmen Thieren gar wohl beſtanden iſt: So kan man
dieſes auch von der Herrſchaft, die Adam gehabt hat,
mit allem Rechte ſagen.
Unſere Herrſchaft uͤber die Thiere beſtehet, wie es
die Erfahrung giebt, in nichts anders, als in der
Macht, uns derſelben, nach Belieben, zu bedienen:
den Thieren aber ihr Recht unbenommen, ſich, nach
ihrem beſten Vermoͤgen, vor unſern Nachſtellung zu
huͤten und wieder Gewalt zu wehren. Jch ſolte nicht
meinen, daß in der Welt ein Menſch zu finden ſey, der
mir dieſes wiederſtreiten ſolte. Es iſt glaublich, daß
alle diejegen, welche dem Menſchen nach dem Falle ei-
ne Herrſchaft uͤber die Thiere beylegen, nichts anders,
als die ietzt gemeldte Befugniß dadurch verſtehen:
Haben dieſe Herren hoͤhere Begrife von unſerer Ma-
jeſtaͤt,
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 698. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/790>, abgerufen am 22.11.2024.
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