reiflich überlegen. Sie werden finden, daß meine Verdammniß unzählige Seelen mit ins Verderben reissen wird und mich daher, um so vieler Unschuldigen willen, begnadigen. Soll ich aber allein der Sünder seyn: So muß ich es zwar gesche- hen lassen, daß ein so unbarmhertziges Ge- richt über mich ergehet: Aber kluge Leute werden wohl sehen, wie partheyisch sie richten; und ich muß mich damit trösten, daß mein Gewissen mich von aller Boß- heit loßspricht, die sie in meinem Verfah- ren bemercken.
Was habe ich dann gethan? Jch habe einigen elenden Scribenten, die sich dün- cken liessen, sie wären etwas, da sie doch nichts waren, im Lachen die Wahrheit ge- saget. Sollte dieses eine so grosse Sün- de seyn? Jch will es glauben, wenn man mir erst wird bewiesen haben, daß GOtt diese Art Menschen in seinen besondern Schutz genommen, und ihnen die Frey- heit gegeben habe, die Welt durch ihre al- berne Schriften zu qvälen, ohne daß an- dere ehrliche Leute das Recht hätten, auch zu dem unerträglichsten Schmierer zu sa- gen: Was machst du? Man sage mir nicht, daß ein Christ auch einen solchen Schmie-
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reiflich uͤberlegen. Sie werden finden, daß meine Verdammniß unzaͤhlige Seelen mit ins Verderben reiſſen wird und mich daher, um ſo vieler Unſchuldigen willen, begnadigen. Soll ich aber allein der Suͤnder ſeyn: So muß ich es zwar geſche- hen laſſen, daß ein ſo unbarmhertziges Ge- richt uͤber mich ergehet: Aber kluge Leute werden wohl ſehen, wie partheyiſch ſie richten; und ich muß mich damit troͤſten, daß mein Gewiſſen mich von aller Boß- heit loßſpricht, die ſie in meinem Verfah- ren bemercken.
Was habe ich dann gethan? Jch habe einigen elenden Scribenten, die ſich duͤn- cken lieſſen, ſie waͤren etwas, da ſie doch nichts waren, im Lachen die Wahrheit ge- ſaget. Sollte dieſes eine ſo groſſe Suͤn- de ſeyn? Jch will es glauben, wenn man mir erſt wird bewieſen haben, daß GOtt dieſe Art Menſchen in ſeinen beſondern Schutz genommen, und ihnen die Frey- heit gegeben habe, die Welt durch ihre al- berne Schriften zu qvaͤlen, ohne daß an- dere ehrliche Leute das Recht haͤtten, auch zu dem unertraͤglichſten Schmierer zu ſa- gen: Was machſt du? Man ſage mir nicht, daß ein Chriſt auch einen ſolchen Schmie-
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reiflich uͤberlegen. Sie werden finden,
daß meine Verdammniß unzaͤhlige Seelen
mit ins Verderben reiſſen wird und mich
daher, um ſo vieler Unſchuldigen willen,
begnadigen. Soll ich aber allein der
Suͤnder ſeyn: So muß ich es zwar geſche-
hen laſſen, daß ein ſo unbarmhertziges Ge-
richt uͤber mich ergehet: Aber kluge Leute
werden wohl ſehen, wie partheyiſch ſie
richten; und ich muß mich damit troͤſten,
daß mein Gewiſſen mich von aller Boß-
heit loßſpricht, die ſie in meinem Verfah-
ren bemercken.
Was habe ich dann gethan? Jch habe
einigen elenden Scribenten, die ſich duͤn-
cken lieſſen, ſie waͤren etwas, da ſie doch
nichts waren, im Lachen die Wahrheit ge-
ſaget. Sollte dieſes eine ſo groſſe Suͤn-
de ſeyn? Jch will es glauben, wenn man
mir erſt wird bewieſen haben, daß GOtt
dieſe Art Menſchen in ſeinen beſondern
Schutz genommen, und ihnen die Frey-
heit gegeben habe, die Welt durch ihre al-
berne Schriften zu qvaͤlen, ohne daß an-
dere ehrliche Leute das Recht haͤtten, auch
zu dem unertraͤglichſten Schmierer zu ſa-
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/75>, abgerufen am 12.12.2024.
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