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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

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(o)
Menschen: denn da der Mensch in der höchsten Voll-
kommenheit erschafen war; so hat er unmöglich einen
Trieb zum Bösen und ein Verlangen, seinen Zustand
zu ändern, haben können. Folglich hat er seine Voll-
kommenheit so lange behalten müssen, biß ihn eine
höhere Hand derselben beraubet: Oder biß er durch ei-
nen gewaltsamen Zufall (casu violento), wie der Hr.
Manzel redet, dieselbe verlohren.

Aber auch dieses ist unbegreiflich. Denn wer sol-
te den Menschen wohl wieder seinen Willen aus sei-
nem vollkommenen Zustand in das Elend, in welchem
er sich jetzo befindet, gesetzet haben? Niemand hat es
thun können, als derjenige, der ihn erschafen hat: A-
ber ist es wohl erlaubt, dieses auch nur zu gedencken?
GOtt, der den Menschen in der größten Vollkom-
menheit erschaffen, hat gewollt, daß er vollkommen
seyn und bleiben solte.

Was GOtt will, das muß geschehen. Folglich
kan auch kein unvermutheter, gewaltsamer Zufall den
Menschen um seine Unschuld und Vollkommenheit
gebracht haben. Denn da GOtt erstlich gewollt,
daß der Mensch vollkommen bleiben solte: So muß er
auch die Zufälle so geordnet haben, daß sie seinem
Endzweck nicht entgegen.

Den alten Drachen, den Teuffel und Satanas
kan der Hr. Prof. Manzel hier nicht einmischen. Den
kennet die Vernunft nicht. Sie weiß nicht ob eine so
boßhafte Creatur vorhanden ist. Und frägt wer dann,
da doch alles von GOtt höchst vollkommen erschaf-
fen worden, diesen Verführer verführet? oder durch
was vor einen gewaltsamen Zufall dieser seine Voll-
kommenheit verlohren hat?

Ja

(o)
Menſchen: denn da der Menſch in der hoͤchſten Voll-
kommenheit erſchafen war; ſo hat er unmoͤglich einen
Trieb zum Boͤſen und ein Verlangen, ſeinen Zuſtand
zu aͤndern, haben koͤnnen. Folglich hat er ſeine Voll-
kommenheit ſo lange behalten muͤſſen, biß ihn eine
hoͤhere Hand derſelben beraubet: Oder biß er durch ei-
nen gewaltſamen Zufall (caſu violento), wie der Hr.
Manzel redet, dieſelbe verlohren.

Aber auch dieſes iſt unbegreiflich. Denn wer ſol-
te den Menſchen wohl wieder ſeinen Willen aus ſei-
nem vollkommenen Zuſtand in das Elend, in welchem
er ſich jetzo befindet, geſetzet haben? Niemand hat es
thun koͤnnen, als derjenige, der ihn erſchafen hat: A-
ber iſt es wohl erlaubt, dieſes auch nur zu gedencken?
GOtt, der den Menſchen in der groͤßten Vollkom-
menheit erſchaffen, hat gewollt, daß er vollkommen
ſeyn und bleiben ſolte.

Was GOtt will, das muß geſchehen. Folglich
kan auch kein unvermutheter, gewaltſamer Zufall den
Menſchen um ſeine Unſchuld und Vollkommenheit
gebracht haben. Denn da GOtt erſtlich gewollt,
daß der Menſch vollkommen bleiben ſolte: So muß er
auch die Zufaͤlle ſo geordnet haben, daß ſie ſeinem
Endzweck nicht entgegen.

Den alten Drachen, den Teuffel und Satanas
kan der Hr. Prof. Manzel hier nicht einmiſchen. Den
kennet die Vernunft nicht. Sie weiß nicht ob eine ſo
boßhafte Creatur vorhanden iſt. Und fraͤgt wer dann,
da doch alles von GOtt hoͤchſt vollkommen erſchaf-
fen worden, dieſen Verfuͤhrer verfuͤhret? oder durch
was vor einen gewaltſamen Zufall dieſer ſeine Voll-
kommenheit verlohren hat?

Ja
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[638/0730] (o) Menſchen: denn da der Menſch in der hoͤchſten Voll- kommenheit erſchafen war; ſo hat er unmoͤglich einen Trieb zum Boͤſen und ein Verlangen, ſeinen Zuſtand zu aͤndern, haben koͤnnen. Folglich hat er ſeine Voll- kommenheit ſo lange behalten muͤſſen, biß ihn eine hoͤhere Hand derſelben beraubet: Oder biß er durch ei- nen gewaltſamen Zufall (caſu violento), wie der Hr. Manzel redet, dieſelbe verlohren. Aber auch dieſes iſt unbegreiflich. Denn wer ſol- te den Menſchen wohl wieder ſeinen Willen aus ſei- nem vollkommenen Zuſtand in das Elend, in welchem er ſich jetzo befindet, geſetzet haben? Niemand hat es thun koͤnnen, als derjenige, der ihn erſchafen hat: A- ber iſt es wohl erlaubt, dieſes auch nur zu gedencken? GOtt, der den Menſchen in der groͤßten Vollkom- menheit erſchaffen, hat gewollt, daß er vollkommen ſeyn und bleiben ſolte. Was GOtt will, das muß geſchehen. Folglich kan auch kein unvermutheter, gewaltſamer Zufall den Menſchen um ſeine Unſchuld und Vollkommenheit gebracht haben. Denn da GOtt erſtlich gewollt, daß der Menſch vollkommen bleiben ſolte: So muß er auch die Zufaͤlle ſo geordnet haben, daß ſie ſeinem Endzweck nicht entgegen. Den alten Drachen, den Teuffel und Satanas kan der Hr. Prof. Manzel hier nicht einmiſchen. Den kennet die Vernunft nicht. Sie weiß nicht ob eine ſo boßhafte Creatur vorhanden iſt. Und fraͤgt wer dann, da doch alles von GOtt hoͤchſt vollkommen erſchaf- fen worden, dieſen Verfuͤhrer verfuͤhret? oder durch was vor einen gewaltſamen Zufall dieſer ſeine Voll- kommenheit verlohren hat? Ja

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Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 638. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/730>, abgerufen am 22.11.2024.