vulgari & inter id quod calidum est secundum Physicam vere talem & paradisiacam in primis fundamentis einen Unterscheid machen wolte: Nur möchte ich wissen, was dann ein Recht der Natur, das nicht auf unsern Zustand gerichtet ist, vor Nutzen ha- be? Wenn der Hr. Prof. Manzel in einem Collegio Juris publici die LL. XII. Tabb. zum Grunde legen wolte, so würde auch der einfältigste von seinen Zuhö- rern über ihn lachen: Warum aber will er dann eine Wissenschaft, die unsere Glückseeligkeit zum End- zweck hat, auf einen Stand der Unschuld gründen, von welchem die Vernunft nichts weiß, und der von un- serm ietzigen Zustande, nach seiner Meinung, noch mehr unterschieden ist, als der Zustand der alten Rö- mer von der jetzigen Verfassung des deutschen Rei- ches? So machte es Alberti zu Leipzig: Aber er legte wenig Ehre ein: Und dieses hätte dem Hn. Pr. Manzel eine Warnung seyn können. Zwar sagt der Hr. Prof. Manzel § 12. daß er es mit diesem paradisischen Welt- weisen nicht halte; Allein Strimesius, welchem der Hr. Manzel zu folgen scheinet, hat nicht mehr Gehör gefunden, als der gute Alberti, ob er gleich den Stand der Unschuld nicht aus der Schrift, sondern aus der Vernunft und den Heidnischen Poeten herleitete. Es kömmt nicht darauf an, ob man den Stand der Un- schuld aus der Bibel, oder aus dem Ovidius beweiset, die Frage ist, ob derselbe geschickt sey, einen guten Grund des Rechts der Natur abzugeben?
Und wenn ich ja diesen beglückten Zustand der ersten Menschen zum Grunde des Rechts der Natur legen wolte, so möchte ich ihn doch lieber nach Anleitung der Schriften Moses, als nach der Vernunft betrachten.
Denn
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(o)
vulgari & inter id quod calidum eſt ſecundum Phyſicam vere talem & paradiſiacam in primis fundamentis einen Unterſcheid machen wolte: Nur moͤchte ich wiſſen, was dann ein Recht der Natur, das nicht auf unſern Zuſtand gerichtet iſt, vor Nutzen ha- be? Wenn der Hr. Prof. Manzel in einem Collegio Juris publici die LL. XII. Tabb. zum Grunde legen wolte, ſo wuͤrde auch der einfaͤltigſte von ſeinen Zuhoͤ- rern uͤber ihn lachen: Warum aber will er dann eine Wiſſenſchaft, die unſere Gluͤckſeeligkeit zum End- zweck hat, auf einen Stand der Unſchuld gruͤnden, von welchem die Vernunft nichts weiß, und der von un- ſerm ietzigen Zuſtande, nach ſeiner Meinung, noch mehr unterſchieden iſt, als der Zuſtand der alten Roͤ- mer von der jetzigen Verfaſſung des deutſchen Rei- ches? So machte es Alberti zu Leipzig: Aber er legte wenig Ehre ein: Und dieſes haͤtte dem Hn. Pr. Manzel eine Warnung ſeyn koͤnnen. Zwar ſagt der Hr. Prof. Manzel § 12. daß er es mit dieſem paradiſiſchen Welt- weiſen nicht halte; Allein Strimeſius, welchem der Hr. Manzel zu folgen ſcheinet, hat nicht mehr Gehoͤr gefunden, als der gute Alberti, ob er gleich den Stand der Unſchuld nicht aus der Schrift, ſondern aus der Vernunft und den Heidniſchen Poeten herleitete. Es koͤmmt nicht darauf an, ob man den Stand der Un- ſchuld aus der Bibel, oder aus dem Ovidius beweiſet, die Frage iſt, ob derſelbe geſchickt ſey, einen guten Grund des Rechts der Natur abzugeben?
Und wenn ich ja dieſen begluͤckten Zuſtand der erſten Menſchen zum Grunde des Rechts der Natur legen wolte, ſo moͤchte ich ihn doch lieber nach Anleitung der Schriften Moſes, als nach der Vernunft betrachten.
Denn
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vulgari & inter id quod calidum eſt ſecundum
Phyſicam vere talem & paradiſiacam in primis
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moͤchte ich wiſſen, was dann ein Recht der Natur, das
nicht auf unſern Zuſtand gerichtet iſt, vor Nutzen ha-
be? Wenn der Hr. Prof. Manzel in einem Collegio
Juris publici die LL. XII. Tabb. zum Grunde legen
wolte, ſo wuͤrde auch der einfaͤltigſte von ſeinen Zuhoͤ-
rern uͤber ihn lachen: Warum aber will er dann eine
Wiſſenſchaft, die unſere Gluͤckſeeligkeit zum End-
zweck hat, auf einen Stand der Unſchuld gruͤnden, von
welchem die Vernunft nichts weiß, und der von un-
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mehr unterſchieden iſt, als der Zuſtand der alten Roͤ-
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wenig Ehre ein: Und dieſes haͤtte dem Hn. Pr. Manzel
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Hr. Manzel zu folgen ſcheinet, hat nicht mehr Gehoͤr
gefunden, als der gute Alberti, ob er gleich den Stand
der Unſchuld nicht aus der Schrift, ſondern aus der
Vernunft und den Heidniſchen Poeten herleitete. Es
koͤmmt nicht darauf an, ob man den Stand der Un-
ſchuld aus der Bibel, oder aus dem Ovidius beweiſet,
die Frage iſt, ob derſelbe geſchickt ſey, einen guten
Grund des Rechts der Natur abzugeben?
Und wenn ich ja dieſen begluͤckten Zuſtand der erſten
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 633. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/725>, abgerufen am 22.11.2024.
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