seyn können, wenn er nicht als ein Syba- rit gelebet. Es scheinet sich nicht mit der Ernsthaftigkeit der Natur zu reimen, daß sie mit dem Menschen dergestalt solte gespie- let haben. Und hat sie es gethan; so ist es kein Wunder, daß nicht viel gutes aus ihm geworden ist. Man hat ihn in der Jugend verzärtelt. Aber die Natur ist unschuldig in diesem Stücke. Sie ist eine weise Mut- ter, die keine Afen-Liebe zu ihren Kindern träget. Sie hat sie von jeher hart genug gehalten.
Doch macht sie es nicht so arg, daß man Ursache hätte, sie vor eigensinnig zu halten, und zu glauben, es sey ihr zuwider, daß ei- ne Creatur sich der andern zu ihrer Erhal- tung bediene. Es scheinet, als wenn Herr Reinbeck so ungleiche Gedancken von ihr he- ge. "Was übrigens, spricht er (15), Mo- "ses von der dem ersten Menschen anver- "trauten Herrschaft über die Creaturen "meldet, solches ist der Vernuft nicht allein "gleichfalls gemäß, sondern es würden auch "die Menschen sich immer befahren müssen, "daß sie vor GOtt, in einem und dem an- "dern Stück, als unbefugte Eigenthümer "dieser und jener Creatur möchten angese- "hen werden, wenn es anders seyn sollte.
Denn
(15)S. dieIIteBetracht. §. 17.
(o)
ſeyn koͤnnen, wenn er nicht als ein Syba- rit gelebet. Es ſcheinet ſich nicht mit der Ernſthaftigkeit der Natur zu reimen, daß ſie mit dem Menſchen dergeſtalt ſolte geſpie- let haben. Und hat ſie es gethan; ſo iſt es kein Wunder, daß nicht viel gutes aus ihm geworden iſt. Man hat ihn in der Jugend verzaͤrtelt. Aber die Natur iſt unſchuldig in dieſem Stuͤcke. Sie iſt eine weiſe Mut- ter, die keine Afen-Liebe zu ihren Kindern traͤget. Sie hat ſie von jeher hart genug gehalten.
Doch macht ſie es nicht ſo arg, daß man Urſache haͤtte, ſie vor eigenſinnig zu halten, und zu glauben, es ſey ihr zuwider, daß ei- ne Creatur ſich der andern zu ihrer Erhal- tung bediene. Es ſcheinet, als wenn Herr Reinbeck ſo ungleiche Gedancken von ihr he- ge. „Was uͤbrigens, ſpricht er (15), Mo- „ſes von der dem erſten Menſchen anver- „trauten Herrſchaft uͤber die Creaturen „meldet, ſolches iſt der Vernuft nicht allein „gleichfalls gemaͤß, ſondern es wuͤrden auch „die Menſchen ſich immer befahren muͤſſen, „daß ſie vor GOtt, in einem und dem an- „dern Stuͤck, als unbefugte Eigenthuͤmer „dieſer und jener Creatur moͤchten angeſe- „hen werden, wenn es anders ſeyn ſollte.
Denn
(15)S. dieIIteBetracht. §. 17.
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(o)
ſeyn koͤnnen, wenn er nicht als ein Syba-
rit gelebet. Es ſcheinet ſich nicht mit der
Ernſthaftigkeit der Natur zu reimen, daß
ſie mit dem Menſchen dergeſtalt ſolte geſpie-
let haben. Und hat ſie es gethan; ſo iſt es
kein Wunder, daß nicht viel gutes aus ihm
geworden iſt. Man hat ihn in der Jugend
verzaͤrtelt. Aber die Natur iſt unſchuldig
in dieſem Stuͤcke. Sie iſt eine weiſe Mut-
ter, die keine Afen-Liebe zu ihren Kindern
traͤget. Sie hat ſie von jeher hart genug
gehalten.
Doch macht ſie es nicht ſo arg, daß man
Urſache haͤtte, ſie vor eigenſinnig zu halten,
und zu glauben, es ſey ihr zuwider, daß ei-
ne Creatur ſich der andern zu ihrer Erhal-
tung bediene. Es ſcheinet, als wenn Herr
Reinbeck ſo ungleiche Gedancken von ihr he-
ge. „Was uͤbrigens, ſpricht er (15), Mo-
„ſes von der dem erſten Menſchen anver-
„trauten Herrſchaft uͤber die Creaturen
„meldet, ſolches iſt der Vernuft nicht allein
„gleichfalls gemaͤß, ſondern es wuͤrden auch
„die Menſchen ſich immer befahren muͤſſen,
„daß ſie vor GOtt, in einem und dem an-
„dern Stuͤck, als unbefugte Eigenthuͤmer
„dieſer und jener Creatur moͤchten angeſe-
„hen werden, wenn es anders ſeyn ſollte.
Denn
(15) S. die IIte Betracht. §. 17.
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 612. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/704>, abgerufen am 22.11.2024.
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