man aus der kurtzen Erzehlung Mosis zie- het, nichts zu erinnern habe.
Er nimmt (7) die ofenbahr hyperboli- sche Beschreibung die Jesaias in seinem XIten Capitel von einer glückseeligen Zeit machet, welche, wenn man seine Weissa- gung nach dem Buchstaben verstehet, nie- mahlen gewesen ist, noch seyn wird, in ei- gentlichem Verstande, und findet darinn ei- ne Abbildung des Standes der Unschuld, und der Herrschaft des Menschen über die Creaturen. Jch kan mir aber kaum ein- bilden, daß er von der Vernunft verlan- gen wird, eine Abbildung vor wahrschein- lich zu halten, durch welche die erste Welt, ohne alle Ursache, in ein Schlaraffen-Land verwandelt wird. Jch will eben nicht sa- gen, daß es schlechterdings unmöglich sey, daß alle Thiere, wie diese wunderbare Ab- bildung des Standes der Unschuld vor aus- setzet und Hr. Reinbeck auch behauptet (8), anfangs alle zahm gewesen: Allein eine Sache wird dadurch nicht gleich glaubwür- dig, daß sie nicht schlechterdings unmög- lich ist. Die Mythologie ist voll von Din- gen, die man nicht vor schlechterdings un-
mög-
(7)S. dieXVI.Betracht. §. 21.
(8)l. c. §. 23.
(o)
man aus der kurtzen Erzehlung Moſis zie- het, nichts zu erinnern habe.
Er nimmt (7) die ofenbahr hyperboli- ſche Beſchreibung die Jeſaias in ſeinem XIten Capitel von einer gluͤckſeeligen Zeit machet, welche, wenn man ſeine Weiſſa- gung nach dem Buchſtaben verſtehet, nie- mahlen geweſen iſt, noch ſeyn wird, in ei- gentlichem Verſtande, und findet darinn ei- ne Abbildung des Standes der Unſchuld, und der Herrſchaft des Menſchen uͤber die Creaturen. Jch kan mir aber kaum ein- bilden, daß er von der Vernunft verlan- gen wird, eine Abbildung vor wahrſchein- lich zu halten, durch welche die erſte Welt, ohne alle Urſache, in ein Schlaraffen-Land verwandelt wird. Jch will eben nicht ſa- gen, daß es ſchlechterdings unmoͤglich ſey, daß alle Thiere, wie dieſe wunderbare Ab- bildung des Standes der Unſchuld vor aus- ſetzet und Hr. Reinbeck auch behauptet (8), anfangs alle zahm geweſen: Allein eine Sache wird dadurch nicht gleich glaubwuͤr- dig, daß ſie nicht ſchlechterdings unmoͤg- lich iſt. Die Mythologie iſt voll von Din- gen, die man nicht vor ſchlechterdings un-
moͤg-
(7)S. dieXVI.Betracht. §. 21.
(8)l. c. §. 23.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0692"n="600"/><fwplace="top"type="header">(<hirendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
man aus der kurtzen Erzehlung Moſis zie-<lb/>
het, nichts zu erinnern habe.</p><lb/><p>Er nimmt <noteplace="foot"n="(7)"><hirendition="#fr">S. die</hi><hirendition="#aq"><hirendition="#i">XVI.</hi></hi><hirendition="#fr">Betracht.</hi> §. 21.</note> die ofenbahr hyperboli-<lb/>ſche Beſchreibung die Jeſaias in ſeinem<lb/><hirendition="#aq">XI</hi>ten Capitel von einer gluͤckſeeligen Zeit<lb/>
machet, welche, wenn man ſeine Weiſſa-<lb/>
gung nach dem Buchſtaben verſtehet, nie-<lb/>
mahlen geweſen iſt, noch ſeyn wird, in ei-<lb/>
gentlichem Verſtande, und findet darinn ei-<lb/>
ne Abbildung des Standes der Unſchuld,<lb/>
und der Herrſchaft des Menſchen uͤber die<lb/>
Creaturen. Jch kan mir aber kaum ein-<lb/>
bilden, daß er von der Vernunft verlan-<lb/>
gen wird, eine Abbildung vor wahrſchein-<lb/>
lich zu halten, durch welche die erſte Welt,<lb/>
ohne alle Urſache, in ein Schlaraffen-Land<lb/>
verwandelt wird. Jch will eben nicht ſa-<lb/>
gen, daß es ſchlechterdings unmoͤglich ſey,<lb/>
daß alle Thiere, wie dieſe wunderbare Ab-<lb/>
bildung des Standes der Unſchuld vor aus-<lb/>ſetzet und Hr. Reinbeck auch behauptet <noteplace="foot"n="(8)"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">l. c.</hi></hi> §. 23.</note>,<lb/>
anfangs alle zahm geweſen: Allein eine<lb/>
Sache wird dadurch nicht gleich glaubwuͤr-<lb/>
dig, daß ſie nicht ſchlechterdings unmoͤg-<lb/>
lich iſt. Die Mythologie iſt voll von Din-<lb/>
gen, die man nicht vor ſchlechterdings un-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">moͤg-</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[600/0692]
(o)
man aus der kurtzen Erzehlung Moſis zie-
het, nichts zu erinnern habe.
Er nimmt (7) die ofenbahr hyperboli-
ſche Beſchreibung die Jeſaias in ſeinem
XIten Capitel von einer gluͤckſeeligen Zeit
machet, welche, wenn man ſeine Weiſſa-
gung nach dem Buchſtaben verſtehet, nie-
mahlen geweſen iſt, noch ſeyn wird, in ei-
gentlichem Verſtande, und findet darinn ei-
ne Abbildung des Standes der Unſchuld,
und der Herrſchaft des Menſchen uͤber die
Creaturen. Jch kan mir aber kaum ein-
bilden, daß er von der Vernunft verlan-
gen wird, eine Abbildung vor wahrſchein-
lich zu halten, durch welche die erſte Welt,
ohne alle Urſache, in ein Schlaraffen-Land
verwandelt wird. Jch will eben nicht ſa-
gen, daß es ſchlechterdings unmoͤglich ſey,
daß alle Thiere, wie dieſe wunderbare Ab-
bildung des Standes der Unſchuld vor aus-
ſetzet und Hr. Reinbeck auch behauptet (8),
anfangs alle zahm geweſen: Allein eine
Sache wird dadurch nicht gleich glaubwuͤr-
dig, daß ſie nicht ſchlechterdings unmoͤg-
lich iſt. Die Mythologie iſt voll von Din-
gen, die man nicht vor ſchlechterdings un-
moͤg-
(7) S. die XVI. Betracht. §. 21.
(8) l. c. §. 23.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 600. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/692>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.