Handlung und Druckerey nicht ehrliche, und dem gemeinen Wesen nützliche Handthierungen sind. Sie können nicht anders als Ja antworten. Sie müssen also auch gestehen, daß diejenigen, welche eine so nützliche Profeßion treiben, Leute sind, die verdienen, daß man ihnen alles gutes gönne, und ihre Nahrung befordere. Jch möchte aber gerne wissen, was die armen Buch-Führer und Buch- Drucker wohl anfangen wolten, wenn keine elende Scribenten in der Welt wären? Wir sind diejeni- gen, die ihnen am meisten zu verdienen geben: Von uns leben sie, und müsten also betteln gehen, wenn wir aufhören solten zu schreiben. Von den Wer- cken der guten Scribenten würden sie das liebe Brod nicht haben. Jch will setzen, es sind in Deutschland nur 6000. Personen, die von der Druckerey und Buch-Handlung leben. Nun neh- me man die Verzeichnisse der neuen Bücher, die alle Messe herauskommen, nur von 10 Jahren her, und mache den Ueberschlag, wie viel gute darunter sind. Jch habe es gethan, und, nach einer genauen Aus- rechnung, gefunden, daß, ein Jahr ins andere gerech- net, ohngefehr drey gute Bücher des Jahrs zum Vorschein kommen. Was ist das aber unter so viele? Und würde also nicht eine grosse Menge ehr- licher Leute Hungers sterben müssen, wenn die elen- den Scribenten, nach dem Wunsch unserer Fein- de, vom Erd-Boden vertilget wären?
Den Tag sollen sie nimmer erleben: Aber man siehet doch daraus, was unsere Verfolger vor böse, schädliche Leute, und wie liebloß sie gegen ihren Nechsten sind. Doch wie kan man von den guten
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Handlung und Druckerey nicht ehrliche, und dem gemeinen Weſen nuͤtzliche Handthierungen ſind. Sie koͤnnen nicht anders als Ja antworten. Sie muͤſſen alſo auch geſtehen, daß diejenigen, welche eine ſo nuͤtzliche Profeßion treiben, Leute ſind, die verdienen, daß man ihnen alles gutes goͤnne, und ihre Nahrung befordere. Jch moͤchte aber gerne wiſſen, was die armen Buch-Fuͤhrer und Buch- Drucker wohl anfangen wolten, wenn keine elende Scribenten in der Welt waͤren? Wir ſind diejeni- gen, die ihnen am meiſten zu verdienen geben: Von uns leben ſie, und muͤſten alſo betteln gehen, wenn wir aufhoͤren ſolten zu ſchreiben. Von den Wer- cken der guten Scribenten wuͤrden ſie das liebe Brod nicht haben. Jch will ſetzen, es ſind in Deutſchland nur 6000. Perſonen, die von der Druckerey und Buch-Handlung leben. Nun neh- me man die Verzeichniſſe der neuen Buͤcher, die alle Meſſe herauskommen, nur von 10 Jahren her, und mache den Ueberſchlag, wie viel gute darunter ſind. Jch habe es gethan, und, nach einer genauen Aus- rechnung, gefunden, daß, ein Jahr ins andere gerech- net, ohngefehr drey gute Buͤcher des Jahrs zum Vorſchein kommen. Was iſt das aber unter ſo viele? Und wuͤrde alſo nicht eine groſſe Menge ehr- licher Leute Hungers ſterben muͤſſen, wenn die elen- den Scribenten, nach dem Wunſch unſerer Fein- de, vom Erd-Boden vertilget waͤren?
Den Tag ſollen ſie nimmer erleben: Aber man ſiehet doch daraus, was unſere Verfolger vor boͤſe, ſchaͤdliche Leute, und wie liebloß ſie gegen ihren Nechſten ſind. Doch wie kan man von den guten
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Handlung und Druckerey nicht ehrliche, und dem
gemeinen Weſen nuͤtzliche Handthierungen ſind.
Sie koͤnnen nicht anders als Ja antworten. Sie
muͤſſen alſo auch geſtehen, daß diejenigen, welche
eine ſo nuͤtzliche Profeßion treiben, Leute ſind, die
verdienen, daß man ihnen alles gutes goͤnne, und
ihre Nahrung befordere. Jch moͤchte aber gerne
wiſſen, was die armen Buch-Fuͤhrer und Buch-
Drucker wohl anfangen wolten, wenn keine elende
Scribenten in der Welt waͤren? Wir ſind diejeni-
gen, die ihnen am meiſten zu verdienen geben: Von
uns leben ſie, und muͤſten alſo betteln gehen, wenn
wir aufhoͤren ſolten zu ſchreiben. Von den Wer-
cken der guten Scribenten wuͤrden ſie das liebe
Brod nicht haben. Jch will ſetzen, es ſind in
Deutſchland nur 6000. Perſonen, die von der
Druckerey und Buch-Handlung leben. Nun neh-
me man die Verzeichniſſe der neuen Buͤcher, die alle
Meſſe herauskommen, nur von 10 Jahren her, und
mache den Ueberſchlag, wie viel gute darunter ſind.
Jch habe es gethan, und, nach einer genauen Aus-
rechnung, gefunden, daß, ein Jahr ins andere gerech-
net, ohngefehr drey gute Buͤcher des Jahrs zum
Vorſchein kommen. Was iſt das aber unter ſo
viele? Und wuͤrde alſo nicht eine groſſe Menge ehr-
licher Leute Hungers ſterben muͤſſen, wenn die elen-
den Scribenten, nach dem Wunſch unſerer Fein-
de, vom Erd-Boden vertilget waͤren?
Den Tag ſollen ſie nimmer erleben: Aber man
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 563. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/655>, abgerufen am 22.11.2024.
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