haft zu machen, der sich so weit vergangen habe. Wie sehr wir uns auch sonst von unsern Feinden unterscheiden, so richten wir doch unsere Bücher eben so ein, als sie. Sievers, mein würdiger Bruder, von dem man sagen kan, daß er der Ver- nunft, und ihren unmäßigen Verehrern zum Pos- sen geschrieben, und Philippi der Streitbare, eine Zierde, und Crone der elenden Schreiber, haben Büchlein ausgehen lassen, die so wohl eingerichtet sind, daß man, ehe man sie lieset, schweren solte, sie wären von guten Scribenten gemacht. Wann man sie aufmachet, so erblicket man zuerst das lieb- liche Antlitz des vortreflichen Verfassers, dessen Vor-und Zu-Nahmen, Vaterland, Alter und Würde; oder ein ander wohl oder übel ausgesonne- nes Kupfer: Dann kömmt die Vorrede eines be- rühmten Mannes, die das Lob des Verfassers in sich halten soll, ob sie gleich bißweilen, wie es mei- nem lieben Bruder Sievers würcklich begegnet ist, zu seiner Schande gereichet; oder eine demüthige Zu- eignungs-Schrift. Hierauf folget die Vorrede des Verfassers, und dann das Wercklein selbst. Nach dem Wercklein kommen die Register, und zuletzt ein Verzeichniß der Schriften des Verfassers. Das weisse Blat, das dann noch folget, rechne ich nicht mit; weil es der Buchbinder nur hinzu gethan hat. Doch kan man auch daraus abnehmen, daß ein elendes Buch einem guten so ähnlich siehet, als ein Ey dem andern. Jst nun aber eine bessere Ordnung zu erdencken, als diejenige, so meine beyden Brüder, die ich eben jetzo genennet, in ihren Büchern beobachtet haben? Und so machen wirs alle. Was wollen un- sere Feinde mehr?
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haft zu machen, der ſich ſo weit vergangen habe. Wie ſehr wir uns auch ſonſt von unſern Feinden unterſcheiden, ſo richten wir doch unſere Buͤcher eben ſo ein, als ſie. Sievers, mein wuͤrdiger Bruder, von dem man ſagen kan, daß er der Ver- nunft, und ihren unmaͤßigen Verehrern zum Poſ- ſen geſchrieben, und Philippi der Streitbare, eine Zierde, und Crone der elenden Schreiber, haben Buͤchlein ausgehen laſſen, die ſo wohl eingerichtet ſind, daß man, ehe man ſie lieſet, ſchweren ſolte, ſie waͤren von guten Scribenten gemacht. Wann man ſie aufmachet, ſo erblicket man zuerſt das lieb- liche Antlitz des vortreflichen Verfaſſers, deſſen Vor-und Zu-Nahmen, Vaterland, Alter und Wuͤrde; oder ein ander wohl oder uͤbel ausgeſonne- nes Kupfer: Dann koͤmmt die Vorrede eines be- ruͤhmten Mannes, die das Lob des Verfaſſers in ſich halten ſoll, ob ſie gleich bißweilen, wie es mei- nem lieben Bruder Sievers wuͤrcklich begegnet iſt, zu ſeiner Schande gereichet; oder eine demuͤthige Zu- eignungs-Schrift. Hierauf folget die Vorrede des Verfaſſers, und dann das Wercklein ſelbſt. Nach dem Wercklein kommen die Regiſter, und zuletzt ein Verzeichniß der Schriften des Verfaſſers. Das weiſſe Blat, das dann noch folget, rechne ich nicht mit; weil es der Buchbinder nur hinzu gethan hat. Doch kan man auch daraus abnehmen, daß ein elendes Buch einem guten ſo aͤhnlich ſiehet, als ein Ey dem andern. Jſt nun aber eine beſſere Ordnung zu erdencken, als diejenige, ſo meine beyden Bruͤder, die ich eben jetzo genennet, in ihren Buͤchern beobachtet haben? Und ſo machen wirs alle. Was wollen un- ſere Feinde mehr?
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haft zu machen, der ſich ſo weit vergangen habe.
Wie ſehr wir uns auch ſonſt von unſern Feinden
unterſcheiden, ſo richten wir doch unſere Buͤcher
eben ſo ein, als ſie. Sievers, mein wuͤrdiger
Bruder, von dem man ſagen kan, daß er der Ver-
nunft, und ihren unmaͤßigen Verehrern zum Poſ-
ſen geſchrieben, und Philippi der Streitbare, eine
Zierde, und Crone der elenden Schreiber, haben
Buͤchlein ausgehen laſſen, die ſo wohl eingerichtet
ſind, daß man, ehe man ſie lieſet, ſchweren ſolte,
ſie waͤren von guten Scribenten gemacht. Wann
man ſie aufmachet, ſo erblicket man zuerſt das lieb-
liche Antlitz des vortreflichen Verfaſſers, deſſen
Vor-und Zu-Nahmen, Vaterland, Alter und
Wuͤrde; oder ein ander wohl oder uͤbel ausgeſonne-
nes Kupfer: Dann koͤmmt die Vorrede eines be-
ruͤhmten Mannes, die das Lob des Verfaſſers in
ſich halten ſoll, ob ſie gleich bißweilen, wie es mei-
nem lieben Bruder Sievers wuͤrcklich begegnet iſt,
zu ſeiner Schande gereichet; oder eine demuͤthige Zu-
eignungs-Schrift. Hierauf folget die Vorrede des
Verfaſſers, und dann das Wercklein ſelbſt. Nach
dem Wercklein kommen die Regiſter, und zuletzt ein
Verzeichniß der Schriften des Verfaſſers. Das
weiſſe Blat, das dann noch folget, rechne ich nicht
mit; weil es der Buchbinder nur hinzu gethan hat.
Doch kan man auch daraus abnehmen, daß ein
elendes Buch einem guten ſo aͤhnlich ſiehet, als ein
Ey dem andern. Jſt nun aber eine beſſere Ordnung
zu erdencken, als diejenige, ſo meine beyden Bruͤder, die
ich eben jetzo genennet, in ihren Buͤchern beobachtet
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 551. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/643>, abgerufen am 22.11.2024.
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