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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

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(o)
len bekleiden, wie viel sie auch sonst auf sich halten,
doch gemeiniglich so bescheiden gewesen sind, daß sie
sich in ihren Urtheilen wenig oder gar nicht von dem
Pöbel entfernet, sondern sich zu allen Zeiten nicht
so sehr durch den guten Geschmack, als durch die
Kleidung von demselben zu unterscheiden gesuchet
haben. "Mirari quidem non debes, sagt Sene-
"ca (38), corrupta excipi, non tantum a corona
"sordidiore, sed ab hac turba quoque cultiore:
"Togis enim inter se isti, non judiciis distant.

Es ist also eine unverantwortliche Grobheit, daß
unsere Feinde von dem Pöbel so verächtlich reden,
unter welchem sich doch Leute befinden, denen sie al-
le Ehrerbietung schuldig, und die im Stande sind,
die Verachtung, welche man gegen ihr Urtheil be-
zeuget, mit Nachdruck zu rächen. Jch wünsche
nicht, daß die guten Scribenten dieses jemahls er-
fahren mögen: Aber es sollte mir eine Freude seyn,
wenn diese Herren, durch meine gegründete Vor-
stellungen endlich einmahl begriffen; daß unsere
Schriften den meisten gefallen; daß der Beyfall des
grösten Haufens nicht zu verachten sey; daß derje-
nige, der sich darauf beruft, kein Stümper ist;
daß wir elende Scribenten mit Recht darauf tro-
tzen, und daß uns dieser Beyfall des Pöbels einen
grossen Vorzug vor unsern Feinden giebt, und unse-
re Vortreflichkeit eben so unstreitig macht als der
Ausspruch des Orakels die Weißheit des Socrates.

Jch habe dieses handgreiflich erwiesen: Allein
was wirds helfen? So lange unsere Feinde noch

sehen,
(38) Epist. CXIV.

(o)
len bekleiden, wie viel ſie auch ſonſt auf ſich halten,
doch gemeiniglich ſo beſcheiden geweſen ſind, daß ſie
ſich in ihren Urtheilen wenig oder gar nicht von dem
Poͤbel entfernet, ſondern ſich zu allen Zeiten nicht
ſo ſehr durch den guten Geſchmack, als durch die
Kleidung von demſelben zu unterſcheiden geſuchet
haben. “Mirari quidem non debes, ſagt Sene-
“ca (38), corrupta excipi, non tantum a corona
„ſordidiore, ſed ab hac turba quoque cultiore:
„Togis enim inter ſe iſti, non judiciis diſtant.

Es iſt alſo eine unverantwortliche Grobheit, daß
unſere Feinde von dem Poͤbel ſo veraͤchtlich reden,
unter welchem ſich doch Leute befinden, denen ſie al-
le Ehrerbietung ſchuldig, und die im Stande ſind,
die Verachtung, welche man gegen ihr Urtheil be-
zeuget, mit Nachdruck zu raͤchen. Jch wuͤnſche
nicht, daß die guten Scribenten dieſes jemahls er-
fahren moͤgen: Aber es ſollte mir eine Freude ſeyn,
wenn dieſe Herren, durch meine gegruͤndete Vor-
ſtellungen endlich einmahl begriffen; daß unſere
Schriften den meiſten gefallen; daß der Beyfall des
groͤſten Haufens nicht zu verachten ſey; daß derje-
nige, der ſich darauf beruft, kein Stuͤmper iſt;
daß wir elende Scribenten mit Recht darauf tro-
tzen, und daß uns dieſer Beyfall des Poͤbels einen
groſſen Vorzug vor unſern Feinden giebt, und unſe-
re Vortreflichkeit eben ſo unſtreitig macht als der
Ausſpruch des Orakels die Weißheit des Socrates.

Jch habe dieſes handgreiflich erwieſen: Allein
was wirds helfen? So lange unſere Feinde noch

ſehen,
(38) Epiſt. CXIV.
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[530/0622] (o) len bekleiden, wie viel ſie auch ſonſt auf ſich halten, doch gemeiniglich ſo beſcheiden geweſen ſind, daß ſie ſich in ihren Urtheilen wenig oder gar nicht von dem Poͤbel entfernet, ſondern ſich zu allen Zeiten nicht ſo ſehr durch den guten Geſchmack, als durch die Kleidung von demſelben zu unterſcheiden geſuchet haben. “Mirari quidem non debes, ſagt Sene- “ca (38), corrupta excipi, non tantum a corona „ſordidiore, ſed ab hac turba quoque cultiore: „Togis enim inter ſe iſti, non judiciis diſtant. Es iſt alſo eine unverantwortliche Grobheit, daß unſere Feinde von dem Poͤbel ſo veraͤchtlich reden, unter welchem ſich doch Leute befinden, denen ſie al- le Ehrerbietung ſchuldig, und die im Stande ſind, die Verachtung, welche man gegen ihr Urtheil be- zeuget, mit Nachdruck zu raͤchen. Jch wuͤnſche nicht, daß die guten Scribenten dieſes jemahls er- fahren moͤgen: Aber es ſollte mir eine Freude ſeyn, wenn dieſe Herren, durch meine gegruͤndete Vor- ſtellungen endlich einmahl begriffen; daß unſere Schriften den meiſten gefallen; daß der Beyfall des groͤſten Haufens nicht zu verachten ſey; daß derje- nige, der ſich darauf beruft, kein Stuͤmper iſt; daß wir elende Scribenten mit Recht darauf tro- tzen, und daß uns dieſer Beyfall des Poͤbels einen groſſen Vorzug vor unſern Feinden giebt, und unſe- re Vortreflichkeit eben ſo unſtreitig macht als der Ausſpruch des Orakels die Weißheit des Socrates. Jch habe dieſes handgreiflich erwieſen: Allein was wirds helfen? So lange unſere Feinde noch ſehen, (38) Epiſt. CXIV.

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Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 530. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/622>, abgerufen am 22.11.2024.