bitte unsere Widersacher, in sich zu gehen, und ein- mahl zu erwegen, wohin ihr Haß gegen uns sie ver- leite. Sie sehen wohl, daß sie, so lange sie ver- nünftig schreiben, den Beyfall des grössesten Hau- fens nicht erlangen können. Sie machen es also wie der Fuchs in der Fabel, und verachten das, was ih- nen nicht werden kan. Sie stossen in Unmuth, Worte heraus, die erschrecklich sind, und machen da durch ihren Geruch bey den unpartheyischen, welche sie, gar verächtlich, den Pöbel nennen, noch stinckender. Jch bedaure sie desfals, ob ich gleich wohl weiß, daß sie über mein Mitleiden nur lachen werden: Denn ich bin versichert, es werde sie ein- mahl gereuen, daß sie die Ehrerbietung, welche sie dem grössesten Haufen schuldig sind, aus den Au- gen gesetzet haben. Sie werden gewiß die Läster- Worte, die sie wieder den Pöbel reden, um so viel schwerer zu verantworten haben, je besser sie wissen, daß die Stimme des Volcks so viel gelte, als die Stimme GOttes. Vox populi, vox Dei. Und überdem müssen sie sich nicht einbilden, daß die Menge, die uns und unsern Schriften hold ist, aus lauter elenden, geringen und nichtswürdigen Leu- ten bestehe. Sie können glauben, daß sich viele vornehme und angesehene Männer aus allen Stän- den darunter befinden: Denn GOtt giebt denen, welche er, in seinem Zorn, groß machet, nicht alle- mahl, mit der Würde, so viel Verstand, als man nöthig hat, wenn man an guten Schriften ein Ver- gnügen finden will, und man hat schon lange ange- mercket, daß diejenigen, welche die wichtigsten Aemter verwalten, und die grössesten Ehren-Stel-
len
Ll
(o)
bitte unſere Widerſacher, in ſich zu gehen, und ein- mahl zu erwegen, wohin ihr Haß gegen uns ſie ver- leite. Sie ſehen wohl, daß ſie, ſo lange ſie ver- nuͤnftig ſchreiben, den Beyfall des groͤſſeſten Hau- fens nicht erlangen koͤnnen. Sie machen es alſo wie der Fuchs in der Fabel, und verachten das, was ih- nen nicht werden kan. Sie ſtoſſen in Unmuth, Worte heraus, die erſchrecklich ſind, und machen da durch ihren Geruch bey den unpartheyiſchen, welche ſie, gar veraͤchtlich, den Poͤbel nennen, noch ſtinckender. Jch bedaure ſie desfals, ob ich gleich wohl weiß, daß ſie uͤber mein Mitleiden nur lachen werden: Denn ich bin verſichert, es werde ſie ein- mahl gereuen, daß ſie die Ehrerbietung, welche ſie dem groͤſſeſten Haufen ſchuldig ſind, aus den Au- gen geſetzet haben. Sie werden gewiß die Laͤſter- Worte, die ſie wieder den Poͤbel reden, um ſo viel ſchwerer zu verantworten haben, je beſſer ſie wiſſen, daß die Stimme des Volcks ſo viel gelte, als die Stimme GOttes. Vox populi, vox Dei. Und uͤberdem muͤſſen ſie ſich nicht einbilden, daß die Menge, die uns und unſern Schriften hold iſt, aus lauter elenden, geringen und nichtswuͤrdigen Leu- ten beſtehe. Sie koͤnnen glauben, daß ſich viele vornehme und angeſehene Maͤnner aus allen Staͤn- den darunter befinden: Denn GOtt giebt denen, welche er, in ſeinem Zorn, groß machet, nicht alle- mahl, mit der Wuͤrde, ſo viel Verſtand, als man noͤthig hat, wenn man an guten Schriften ein Ver- gnuͤgen finden will, und man hat ſchon lange ange- mercket, daß diejenigen, welche die wichtigſten Aemter verwalten, und die groͤſſeſten Ehren-Stel-
len
Ll
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0621"n="529"/><fwplace="top"type="header">(<hirendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
bitte unſere Widerſacher, in ſich zu gehen, und ein-<lb/>
mahl zu erwegen, wohin ihr Haß gegen uns ſie ver-<lb/>
leite. Sie ſehen wohl, daß ſie, ſo lange ſie ver-<lb/>
nuͤnftig ſchreiben, den Beyfall des groͤſſeſten Hau-<lb/>
fens nicht erlangen koͤnnen. Sie machen es alſo wie<lb/>
der Fuchs in der Fabel, und verachten das, was ih-<lb/>
nen nicht werden kan. Sie ſtoſſen in Unmuth,<lb/>
Worte heraus, die erſchrecklich ſind, und machen<lb/>
da durch ihren Geruch bey den unpartheyiſchen,<lb/>
welche ſie, gar veraͤchtlich, den Poͤbel nennen, noch<lb/>ſtinckender. Jch bedaure ſie desfals, ob ich gleich<lb/>
wohl weiß, daß ſie uͤber mein Mitleiden nur lachen<lb/>
werden: Denn ich bin verſichert, es werde ſie ein-<lb/>
mahl gereuen, daß ſie die Ehrerbietung, welche ſie<lb/>
dem groͤſſeſten Haufen ſchuldig ſind, aus den Au-<lb/>
gen geſetzet haben. Sie werden gewiß die Laͤſter-<lb/>
Worte, die ſie wieder den Poͤbel reden, um ſo viel<lb/>ſchwerer zu verantworten haben, je beſſer ſie wiſſen,<lb/>
daß die Stimme des Volcks ſo viel gelte, als die<lb/>
Stimme GOttes. <hirendition="#aq">Vox populi, vox Dei.</hi> Und<lb/>
uͤberdem muͤſſen ſie ſich nicht einbilden, daß die<lb/>
Menge, die uns und unſern Schriften hold iſt, aus<lb/>
lauter elenden, geringen und nichtswuͤrdigen Leu-<lb/>
ten beſtehe. Sie koͤnnen glauben, daß ſich viele<lb/>
vornehme und angeſehene Maͤnner aus allen Staͤn-<lb/>
den darunter befinden: Denn GOtt giebt denen,<lb/>
welche er, in ſeinem Zorn, groß machet, nicht alle-<lb/>
mahl, mit der Wuͤrde, ſo viel Verſtand, als man<lb/>
noͤthig hat, wenn man an guten Schriften ein Ver-<lb/>
gnuͤgen finden will, und man hat ſchon lange ange-<lb/>
mercket, daß diejenigen, welche die wichtigſten<lb/>
Aemter verwalten, und die groͤſſeſten Ehren-Stel-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">Ll</fw><fwplace="bottom"type="catch">len</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[529/0621]
(o)
bitte unſere Widerſacher, in ſich zu gehen, und ein-
mahl zu erwegen, wohin ihr Haß gegen uns ſie ver-
leite. Sie ſehen wohl, daß ſie, ſo lange ſie ver-
nuͤnftig ſchreiben, den Beyfall des groͤſſeſten Hau-
fens nicht erlangen koͤnnen. Sie machen es alſo wie
der Fuchs in der Fabel, und verachten das, was ih-
nen nicht werden kan. Sie ſtoſſen in Unmuth,
Worte heraus, die erſchrecklich ſind, und machen
da durch ihren Geruch bey den unpartheyiſchen,
welche ſie, gar veraͤchtlich, den Poͤbel nennen, noch
ſtinckender. Jch bedaure ſie desfals, ob ich gleich
wohl weiß, daß ſie uͤber mein Mitleiden nur lachen
werden: Denn ich bin verſichert, es werde ſie ein-
mahl gereuen, daß ſie die Ehrerbietung, welche ſie
dem groͤſſeſten Haufen ſchuldig ſind, aus den Au-
gen geſetzet haben. Sie werden gewiß die Laͤſter-
Worte, die ſie wieder den Poͤbel reden, um ſo viel
ſchwerer zu verantworten haben, je beſſer ſie wiſſen,
daß die Stimme des Volcks ſo viel gelte, als die
Stimme GOttes. Vox populi, vox Dei. Und
uͤberdem muͤſſen ſie ſich nicht einbilden, daß die
Menge, die uns und unſern Schriften hold iſt, aus
lauter elenden, geringen und nichtswuͤrdigen Leu-
ten beſtehe. Sie koͤnnen glauben, daß ſich viele
vornehme und angeſehene Maͤnner aus allen Staͤn-
den darunter befinden: Denn GOtt giebt denen,
welche er, in ſeinem Zorn, groß machet, nicht alle-
mahl, mit der Wuͤrde, ſo viel Verſtand, als man
noͤthig hat, wenn man an guten Schriften ein Ver-
gnuͤgen finden will, und man hat ſchon lange ange-
mercket, daß diejenigen, welche die wichtigſten
Aemter verwalten, und die groͤſſeſten Ehren-Stel-
len
Ll
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 529. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/621>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.