Schreiber, auf deren Unkosten ich mich lustig mache. Aber dieses ist wahrlich mei- ne Absicht nicht. Jch müste ja gantz ra- send seyn, wenn ich nicht begrife, daß zwischen einem Menschen, der seine Ver- nunft in Glaubens-Sachen gefangen nimmt, und einem ofenbahren Gecken, der gar keine Vernunft hat, ein unend- licher Unterscheid sey. Jch erkläre mich hiemit öfentlich, daß ich diejenigen Got- tesgelehrten, die am meisten wieder den Mißbrauch der Vernunft in göttlichen Dingen eyfern, vor die besten und ver- nünftigsten halte. Es ist mir nimmer in den Sinn gekommen, über ihre Auf- führung zu spotten, und wer andere Ge- dancken von mir hat, der irret sich. Jch bemühe mich in meiner Schrift, unter der Larve eines elenden Scribenten, der bö- sen Sache meiner Brüder einen guten Schein zu geben: Aber ich bin so dumm nicht, daß ich nicht sehen sollte, daß alles, was ich sage, Sophistereyen sind. Jch schertze nur, und verlange mit Recht, daß Leute, welche von meinem Buche urthei- len wollen, wenigstens so viel Verstand haben, daß sie Schertz und Ernst unter- scheiden können.
Habe
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Schreiber, auf deren Unkoſten ich mich luſtig mache. Aber dieſes iſt wahrlich mei- ne Abſicht nicht. Jch muͤſte ja gantz ra- ſend ſeyn, wenn ich nicht begrife, daß zwiſchen einem Menſchen, der ſeine Ver- nunft in Glaubens-Sachen gefangen nimmt, und einem ofenbahren Gecken, der gar keine Vernunft hat, ein unend- licher Unterſcheid ſey. Jch erklaͤre mich hiemit oͤfentlich, daß ich diejenigen Got- tesgelehrten, die am meiſten wieder den Mißbrauch der Vernunft in goͤttlichen Dingen eyfern, vor die beſten und ver- nuͤnftigſten halte. Es iſt mir nimmer in den Sinn gekommen, uͤber ihre Auf- fuͤhrung zu ſpotten, und wer andere Ge- dancken von mir hat, der irret ſich. Jch bemuͤhe mich in meiner Schrift, unter der Larve eines elenden Scribenten, der boͤ- ſen Sache meiner Bruͤder einen guten Schein zu geben: Aber ich bin ſo dumm nicht, daß ich nicht ſehen ſollte, daß alles, was ich ſage, Sophiſtereyen ſind. Jch ſchertze nur, und verlange mit Recht, daß Leute, welche von meinem Buche urthei- len wollen, wenigſtens ſo viel Verſtand haben, daß ſie Schertz und Ernſt unter- ſcheiden koͤnnen.
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(o)
Schreiber, auf deren Unkoſten ich mich
luſtig mache. Aber dieſes iſt wahrlich mei-
ne Abſicht nicht. Jch muͤſte ja gantz ra-
ſend ſeyn, wenn ich nicht begrife, daß
zwiſchen einem Menſchen, der ſeine Ver-
nunft in Glaubens-Sachen gefangen
nimmt, und einem ofenbahren Gecken,
der gar keine Vernunft hat, ein unend-
licher Unterſcheid ſey. Jch erklaͤre mich
hiemit oͤfentlich, daß ich diejenigen Got-
tesgelehrten, die am meiſten wieder den
Mißbrauch der Vernunft in goͤttlichen
Dingen eyfern, vor die beſten und ver-
nuͤnftigſten halte. Es iſt mir nimmer
in den Sinn gekommen, uͤber ihre Auf-
fuͤhrung zu ſpotten, und wer andere Ge-
dancken von mir hat, der irret ſich. Jch
bemuͤhe mich in meiner Schrift, unter der
Larve eines elenden Scribenten, der boͤ-
ſen Sache meiner Bruͤder einen guten
Schein zu geben: Aber ich bin ſo dumm
nicht, daß ich nicht ſehen ſollte, daß alles,
was ich ſage, Sophiſtereyen ſind. Jch
ſchertze nur, und verlange mit Recht, daß
Leute, welche von meinem Buche urthei-
len wollen, wenigſtens ſo viel Verſtand
haben, daß ſie Schertz und Ernſt unter-
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/61>, abgerufen am 04.12.2024.
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