"malade laisse tout faire a la nature, il hazarde "beaucoup: quand il laisse tout faire aux me- "decins, il hazarde beaucoup aussi: Mais ha- "zard pour hazard, j'aimerois mieux me confier "a la nature, car au moins on est saur, qu'elle agit "de bonne foi, comme elle peut, & qu'elle ne "trouve pas son compte a faire durer les maladies. Diese Gedancken sind vernünftig: aber würden nicht die Aertzte, wenn alle Leute so dächten, ihren Patienten, die sie vorangeschicket haben, in kurtzer Zeit, vor Hunger, in jene Welt folgen müssen?
Jch überlasse meinen Lesern vor sich selbst nach- zudencken, was andere Handthierungen, die ich hier, Weitläuftigkeit zu vermeiden, mit Still- schweigen übergehe, vor Vortheil von dem Ge- brauch der Vernunft zu hofen haben? Und frage nunmehr unsere Verfolger, ob der Mangel der Ver- nunft, den sie in unsern Schriften wahrnehmen, ein solcher Haupt-Mangel sey, daß wir desfalls ver- dienten, ausgezischet zu werden? Und ob es nicht vielmehr an uns zu loben sey, daß wir eine Kraft der menschlichen Seele, die im gemeinen Leben nichts nützet, in dem Staat, und in der Kirche so vielen Unfug anrichtet, und alle gute Ordnungen und Verfassungen aufhebet, so viel an uns ist, zu un- terdrücken bemühet sind? Läßt es ihnen ihre Hart- näckigkeit, und eingebildete Weißheit nicht zu, diese Frage so zu beantworten, als es die Wich- tigkeit der Gründe, mit welchen ich das Verfah- ren meiner Brüder gerechtfertiget habe, zu erfor- dern scheinet; So hofe ich doch, sie werden sich eines bessern besinnen, wenn ich ihnen vorstelle,
daß
(o)
„malade laiſſe tout faire à la nature, il hazarde „beaucoup: quand il laiſſe tout faire aux me- „decins, il hazarde beaucoup auſſi: Mais ha- „zard pour hazard, j’aimerois mieux me confier „à la nature, car au moins on eſt ſûr, qu’elle agit „de bonne foi, comme elle peut, & qu’elle ne „trouve pas ſon compte à faire durer les maladies. Dieſe Gedancken ſind vernuͤnftig: aber wuͤrden nicht die Aertzte, wenn alle Leute ſo daͤchten, ihren Patienten, die ſie vorangeſchicket haben, in kurtzer Zeit, vor Hunger, in jene Welt folgen muͤſſen?
Jch uͤberlaſſe meinen Leſern vor ſich ſelbſt nach- zudencken, was andere Handthierungen, die ich hier, Weitlaͤuftigkeit zu vermeiden, mit Still- ſchweigen uͤbergehe, vor Vortheil von dem Ge- brauch der Vernunft zu hofen haben? Und frage nunmehr unſere Verfolger, ob der Mangel der Ver- nunft, den ſie in unſern Schriften wahrnehmen, ein ſolcher Haupt-Mangel ſey, daß wir desfalls ver- dienten, ausgeziſchet zu werden? Und ob es nicht vielmehr an uns zu loben ſey, daß wir eine Kraft der menſchlichen Seele, die im gemeinen Leben nichts nuͤtzet, in dem Staat, und in der Kirche ſo vielen Unfug anrichtet, und alle gute Ordnungen und Verfaſſungen aufhebet, ſo viel an uns iſt, zu un- terdruͤcken bemuͤhet ſind? Laͤßt es ihnen ihre Hart- naͤckigkeit, und eingebildete Weißheit nicht zu, dieſe Frage ſo zu beantworten, als es die Wich- tigkeit der Gruͤnde, mit welchen ich das Verfah- ren meiner Bruͤder gerechtfertiget habe, zu erfor- dern ſcheinet; So hofe ich doch, ſie werden ſich eines beſſern beſinnen, wenn ich ihnen vorſtelle,
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„malade laiſſe tout faire à la nature, il hazarde
„beaucoup: quand il laiſſe tout faire aux me-
„decins, il hazarde beaucoup auſſi: Mais ha-
„zard pour hazard, j’aimerois mieux me confier
„à la nature, car au moins on eſt ſûr, qu’elle agit
„de bonne foi, comme elle peut, & qu’elle ne
„trouve pas ſon compte à faire durer les maladies.
Dieſe Gedancken ſind vernuͤnftig: aber wuͤrden
nicht die Aertzte, wenn alle Leute ſo daͤchten, ihren
Patienten, die ſie vorangeſchicket haben, in kurtzer
Zeit, vor Hunger, in jene Welt folgen muͤſſen?
Jch uͤberlaſſe meinen Leſern vor ſich ſelbſt nach-
zudencken, was andere Handthierungen, die ich
hier, Weitlaͤuftigkeit zu vermeiden, mit Still-
ſchweigen uͤbergehe, vor Vortheil von dem Ge-
brauch der Vernunft zu hofen haben? Und frage
nunmehr unſere Verfolger, ob der Mangel der Ver-
nunft, den ſie in unſern Schriften wahrnehmen, ein
ſolcher Haupt-Mangel ſey, daß wir desfalls ver-
dienten, ausgeziſchet zu werden? Und ob es nicht
vielmehr an uns zu loben ſey, daß wir eine Kraft der
menſchlichen Seele, die im gemeinen Leben nichts
nuͤtzet, in dem Staat, und in der Kirche ſo vielen
Unfug anrichtet, und alle gute Ordnungen und
Verfaſſungen aufhebet, ſo viel an uns iſt, zu un-
terdruͤcken bemuͤhet ſind? Laͤßt es ihnen ihre Hart-
naͤckigkeit, und eingebildete Weißheit nicht zu,
dieſe Frage ſo zu beantworten, als es die Wich-
tigkeit der Gruͤnde, mit welchen ich das Verfah-
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dern ſcheinet; So hofe ich doch, ſie werden ſich
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 500. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/592>, abgerufen am 25.11.2024.
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