sey; sondern, daß die elenden Scribenten die vortreflichsten, besten und nützlichsten unter allen sind. Ein elender Scribent seyn, das war folglich, nach meiner Mei- nung, eine rühmliche Eigenschaft. Rühm- liche Eigenschaften kan ich aber einem bey- legen, ohne daß ich nöthig habe, zu be- weisen, daß er dieselben würcklich besitze: Ja wenn ich einen recht loben will, so se- tze ich, als bekannt, voraus, daß er mein Lob verdienet. Jch lobte diejenigen, die ich in meiner Schrift nenne, und war al- so nicht nur berechtiget; sondern auch, nach den Regeln der ironischen Höflichkeit, ver- bunden, sie, ohne den geringsten Beweiß, in die Classe der elenden Scribenten zu se- tzen. Hätte ich es anders gemacht, so hät- te ich meinem Caracter entgegen gehan- delt: Mein verstelltes Lob würde alle An- nehmlichkeit verlohren haben, und meine Satyre ein ungesalzenes Gewäsche gewor- den, und gantz aus dem Gelencke gekom- men seyn. Wer dieses nicht begreifen kan, der weiß nicht, was Jronie und Satyre ist, und muß von meinem Buche nicht urtheilen.
Jch müste überdem einen schlechten Be- grif von den Einsichten meiner Leser ge-
habt
(o)
ſey; ſondern, daß die elenden Scribenten die vortreflichſten, beſten und nuͤtzlichſten unter allen ſind. Ein elender Scribent ſeyn, das war folglich, nach meiner Mei- nung, eine ruͤhmliche Eigenſchaft. Ruͤhm- liche Eigenſchaften kan ich aber einem bey- legen, ohne daß ich noͤthig habe, zu be- weiſen, daß er dieſelben wuͤrcklich beſitze: Ja wenn ich einen recht loben will, ſo ſe- tze ich, als bekannt, voraus, daß er mein Lob verdienet. Jch lobte diejenigen, die ich in meiner Schrift nenne, und war al- ſo nicht nur berechtiget; ſondern auch, nach den Regeln der ironiſchen Hoͤflichkeit, ver- bunden, ſie, ohne den geringſten Beweiß, in die Claſſe der elenden Scribenten zu ſe- tzen. Haͤtte ich es anders gemacht, ſo haͤt- te ich meinem Caracter entgegen gehan- delt: Mein verſtelltes Lob wuͤrde alle An- nehmlichkeit verlohren haben, und meine Satyre ein ungeſalzenes Gewaͤſche gewor- den, und gantz aus dem Gelencke gekom- men ſeyn. Wer dieſes nicht begreifen kan, der weiß nicht, was Jronie und Satyre iſt, und muß von meinem Buche nicht urtheilen.
Jch muͤſte uͤberdem einen ſchlechten Be- grif von den Einſichten meiner Leſer ge-
habt
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[52/0056]
(o)
ſey; ſondern, daß die elenden Scribenten
die vortreflichſten, beſten und nuͤtzlichſten
unter allen ſind. Ein elender Scribent
ſeyn, das war folglich, nach meiner Mei-
nung, eine ruͤhmliche Eigenſchaft. Ruͤhm-
liche Eigenſchaften kan ich aber einem bey-
legen, ohne daß ich noͤthig habe, zu be-
weiſen, daß er dieſelben wuͤrcklich beſitze:
Ja wenn ich einen recht loben will, ſo ſe-
tze ich, als bekannt, voraus, daß er mein
Lob verdienet. Jch lobte diejenigen, die
ich in meiner Schrift nenne, und war al-
ſo nicht nur berechtiget; ſondern auch, nach
den Regeln der ironiſchen Hoͤflichkeit, ver-
bunden, ſie, ohne den geringſten Beweiß,
in die Claſſe der elenden Scribenten zu ſe-
tzen. Haͤtte ich es anders gemacht, ſo haͤt-
te ich meinem Caracter entgegen gehan-
delt: Mein verſtelltes Lob wuͤrde alle An-
nehmlichkeit verlohren haben, und meine
Satyre ein ungeſalzenes Gewaͤſche gewor-
den, und gantz aus dem Gelencke gekom-
men ſeyn. Wer dieſes nicht begreifen kan,
der weiß nicht, was Jronie und Satyre
iſt, und muß von meinem Buche nicht
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/56>, abgerufen am 23.11.2024.
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