über die andere zu übertäuben suchet, fügt es der Himmel, daß ihm das Verständniß auf eine so gewaltsame Art geöfnet wird, daß allen, die es hören, die Ohren gellen müssen. Ein stumpfer Prügel muß dasje- nige möglich machen, woran bißhero so viele spitzige Federn umsonst gearbeitet ha- ben, und ein eintziger Schlag ein Gewis- sen aufwecken, dessen Schlummer auch durch den Donner der schärfsten Satyren nicht gestöret werden können.
Diese Züchtigung scheinet zu hart zu seyn. Aber ein harter Sinn kan auf kei- ne andere Art gebrochen, und ein wun- derlicher Kopf durch keine andere als wun- derliche Mittel zu recht gebracht werden. Don Qvixot bekam durch ein hitziges Fie- ber, so bey klugen Leuten eine Raserey würcket, seine Vernunft wieder, und es giebt Aertzte, welche die verdorbene Ein- bildungs-Kraft der Wahnsinnigen durch nichts als Schläge curiren.
Mich deucht, ein Mensch, der sich oh- ne Ursache, vor einen grossen Geist hält, ist nicht viel klüger, als einer der mit Ge- walt ein irrender Ritter, oder der grosse Mogol seyn will; und ich kan also, das, was dem Herrn Prof. Philippi begegnet
ist,
(o)
uͤber die andere zu uͤbertaͤuben ſuchet, fuͤgt es der Himmel, daß ihm das Verſtaͤndniß auf eine ſo gewaltſame Art geoͤfnet wird, daß allen, die es hoͤren, die Ohren gellen muͤſſen. Ein ſtumpfer Pruͤgel muß dasje- nige moͤglich machen, woran bißhero ſo viele ſpitzige Federn umſonſt gearbeitet ha- ben, und ein eintziger Schlag ein Gewiſ- ſen aufwecken, deſſen Schlummer auch durch den Donner der ſchaͤrfſten Satyren nicht geſtoͤret werden koͤnnen.
Dieſe Zuͤchtigung ſcheinet zu hart zu ſeyn. Aber ein harter Sinn kan auf kei- ne andere Art gebrochen, und ein wun- derlicher Kopf durch keine andere als wun- derliche Mittel zu recht gebracht werden. Don Qvixot bekam durch ein hitziges Fie- ber, ſo bey klugen Leuten eine Raſerey wuͤrcket, ſeine Vernunft wieder, und es giebt Aertzte, welche die verdorbene Ein- bildungs-Kraft der Wahnſinnigen durch nichts als Schlaͤge curiren.
Mich deucht, ein Menſch, der ſich oh- ne Urſache, vor einen groſſen Geiſt haͤlt, iſt nicht viel kluͤger, als einer der mit Ge- walt ein irrender Ritter, oder der groſſe Mogol ſeyn will; und ich kan alſo, das, was dem Herrn Prof. Philippi begegnet
iſt,
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(o)
uͤber die andere zu uͤbertaͤuben ſuchet, fuͤgt
es der Himmel, daß ihm das Verſtaͤndniß
auf eine ſo gewaltſame Art geoͤfnet wird,
daß allen, die es hoͤren, die Ohren gellen
muͤſſen. Ein ſtumpfer Pruͤgel muß dasje-
nige moͤglich machen, woran bißhero ſo
viele ſpitzige Federn umſonſt gearbeitet ha-
ben, und ein eintziger Schlag ein Gewiſ-
ſen aufwecken, deſſen Schlummer auch
durch den Donner der ſchaͤrfſten Satyren
nicht geſtoͤret werden koͤnnen.
Dieſe Zuͤchtigung ſcheinet zu hart zu
ſeyn. Aber ein harter Sinn kan auf kei-
ne andere Art gebrochen, und ein wun-
derlicher Kopf durch keine andere als wun-
derliche Mittel zu recht gebracht werden.
Don Qvixot bekam durch ein hitziges Fie-
ber, ſo bey klugen Leuten eine Raſerey
wuͤrcket, ſeine Vernunft wieder, und es
giebt Aertzte, welche die verdorbene Ein-
bildungs-Kraft der Wahnſinnigen durch
nichts als Schlaͤge curiren.
Mich deucht, ein Menſch, der ſich oh-
ne Urſache, vor einen groſſen Geiſt haͤlt,
iſt nicht viel kluͤger, als einer der mit Ge-
walt ein irrender Ritter, oder der groſſe
Mogol ſeyn will; und ich kan alſo, das,
was dem Herrn Prof. Philippi begegnet
iſt,
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/532>, abgerufen am 25.11.2024.
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