Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739.

Bild:
<< vorherige Seite

(o)
wenn es das Glück nicht so sonderbar gefüget hätte,
daß er eben jetzo abwesend, nicht Gefahr laufen, an die-
sem frohen Tage zwey der würdigsten Glieder unse-
rer Gesellschaft auf einmahl einzubüssen? Oder, wel-
ches fast eben so arg, das gute Verständniß zwi-
schen dir, und dem Hrn. von Boxhorn, so zur Aufnah-
me unserer Gesellschaft unumgänglich nöthig ist, auf
ewig gestöret zu sehen? Noch sind wir vor diesem Un-
glück nicht gäntzlich sicher: Denn was will daraus
werden, wann dem Herrn von Boxhorn zu Ohren
kömmt, was du ihm vor schöne Ehren-Titel beyge-
leget hast? Von mir soll ers gewiß nicht erfahren. Jch
werde ihm auch, werther Philippi, dein versiegeltes
Hand-Schreiben
noch vor der Hand nicht zuschi-
cken, weil ich besorge, es möchten gleichfals Anzüg-
lichkeiten
darinn seyn, die zu einem Streit, zwischen
euch beyden, Anlaß geben möchten, von welchem nie-
mand mehr Schaden haben würde, als unsere löbli-
che Gesellschaft:
Und ich habe das Vertrauen zu
unsern hier gegenwärtigen Mit-Brüdern, sie werden
gleichfals reinen Mund halten.

Wann der Herr von Boxhorn, nach Verlauf ei-
niger Jahre, denn so lange wird seine Gesandschaft
wohl währen, wieder in unserer Versammlung er-
scheinet, werden wir ihm das, was heute hier vorge-
gangen, füglicher beybringen können. Er wird sich
alsdann nicht so sehr über dein Schelten entrüsten,
als über deinen wunderlichen Eyfer, und die
Mühe, so wir gehabt haben, dich auf andere Gedan-
cken zu bringen, lachen: Und wird er dann ja end-
lich böse, so wird er doch nicht um einer alten und
verjährten Beleidigung, Händel mit dir anfan-

gen;

(o)
wenn es das Gluͤck nicht ſo ſonderbar gefuͤget haͤtte,
daß er eben jetzo abweſend, nicht Gefahr laufen, an die-
ſem frohen Tage zwey der wuͤrdigſten Glieder unſe-
rer Geſellſchaft auf einmahl einzubuͤſſen? Oder, wel-
ches faſt eben ſo arg, das gute Verſtaͤndniß zwi-
ſchen dir, und dem Hrn. von Boxhorn, ſo zur Aufnah-
me unſerer Geſellſchaft unumgaͤnglich noͤthig iſt, auf
ewig geſtoͤret zu ſehen? Noch ſind wir vor dieſem Un-
gluͤck nicht gaͤntzlich ſicher: Denn was will daraus
werden, wann dem Herrn von Boxhorn zu Ohren
koͤmmt, was du ihm vor ſchoͤne Ehren-Titel beyge-
leget haſt? Von mir ſoll ers gewiß nicht erfahren. Jch
werde ihm auch, werther Philippi, dein verſiegeltes
Hand-Schreiben
noch vor der Hand nicht zuſchi-
cken, weil ich beſorge, es moͤchten gleichfals Anzuͤg-
lichkeiten
darinn ſeyn, die zu einem Streit, zwiſchen
euch beyden, Anlaß geben moͤchten, von welchem nie-
mand mehr Schaden haben wuͤrde, als unſere loͤbli-
che Geſellſchaft:
Und ich habe das Vertrauen zu
unſern hier gegenwaͤrtigen Mit-Bruͤdern, ſie werden
gleichfals reinen Mund halten.

Wann der Herr von Boxhorn, nach Verlauf ei-
niger Jahre, denn ſo lange wird ſeine Geſandſchaft
wohl waͤhren, wieder in unſerer Verſammlung er-
ſcheinet, werden wir ihm das, was heute hier vorge-
gangen, fuͤglicher beybringen koͤnnen. Er wird ſich
alsdann nicht ſo ſehr uͤber dein Schelten entruͤſten,
als uͤber deinen wunderlichen Eyfer, und die
Muͤhe, ſo wir gehabt haben, dich auf andere Gedan-
cken zu bringen, lachen: Und wird er dann ja end-
lich boͤſe, ſo wird er doch nicht um einer alten und
verjaͤhrten Beleidigung, Haͤndel mit dir anfan-

gen;
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0494" n="402"/><fw place="top" type="header">(<hi rendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/>
wenn es das Glu&#x0364;ck nicht &#x017F;o &#x017F;onderbar gefu&#x0364;get ha&#x0364;tte,<lb/>
daß er eben jetzo abwe&#x017F;end, nicht Gefahr laufen, an die-<lb/>
&#x017F;em <hi rendition="#fr">frohen Tage</hi> zwey der wu&#x0364;rdig&#x017F;ten Glieder un&#x017F;e-<lb/>
rer Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft auf einmahl einzubu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en? Oder, wel-<lb/>
ches fa&#x017F;t eben &#x017F;o arg, das <hi rendition="#fr">gute Ver&#x017F;ta&#x0364;ndniß</hi> zwi-<lb/>
&#x017F;chen dir, und dem Hrn. von Boxhorn, &#x017F;o zur Aufnah-<lb/>
me un&#x017F;erer Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft unumga&#x0364;nglich no&#x0364;thig i&#x017F;t, auf<lb/>
ewig ge&#x017F;to&#x0364;ret zu &#x017F;ehen? Noch &#x017F;ind wir vor die&#x017F;em Un-<lb/>
glu&#x0364;ck nicht ga&#x0364;ntzlich &#x017F;icher: Denn was will daraus<lb/>
werden, wann dem Herrn von Boxhorn zu Ohren<lb/>
ko&#x0364;mmt, was du ihm vor <hi rendition="#fr">&#x017F;cho&#x0364;ne Ehren-Titel</hi> beyge-<lb/>
leget ha&#x017F;t? Von mir &#x017F;oll ers gewiß nicht erfahren. Jch<lb/>
werde ihm auch, werther Philippi, dein <hi rendition="#fr">ver&#x017F;iegeltes<lb/>
Hand-Schreiben</hi> noch vor der Hand nicht zu&#x017F;chi-<lb/>
cken, weil ich be&#x017F;orge, es mo&#x0364;chten gleichfals <hi rendition="#fr">Anzu&#x0364;g-<lb/>
lichkeiten</hi> darinn &#x017F;eyn, die zu einem Streit, zwi&#x017F;chen<lb/>
euch beyden, Anlaß geben mo&#x0364;chten, von welchem nie-<lb/>
mand mehr Schaden haben wu&#x0364;rde, als un&#x017F;ere <hi rendition="#fr">lo&#x0364;bli-<lb/>
che Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft:</hi> Und ich habe das Vertrauen zu<lb/>
un&#x017F;ern hier gegenwa&#x0364;rtigen Mit-Bru&#x0364;dern, &#x017F;ie werden<lb/>
gleichfals <hi rendition="#fr">reinen Mund</hi> halten.</p><lb/>
            <p>Wann der Herr von Boxhorn, nach Verlauf ei-<lb/>
niger Jahre, denn &#x017F;o lange wird &#x017F;eine Ge&#x017F;and&#x017F;chaft<lb/>
wohl wa&#x0364;hren, wieder in un&#x017F;erer Ver&#x017F;ammlung er-<lb/>
&#x017F;cheinet, werden wir ihm das, was heute hier vorge-<lb/>
gangen, fu&#x0364;glicher beybringen ko&#x0364;nnen. Er wird &#x017F;ich<lb/>
alsdann nicht &#x017F;o &#x017F;ehr u&#x0364;ber dein <hi rendition="#fr">Schelten</hi> entru&#x0364;&#x017F;ten,<lb/>
als u&#x0364;ber deinen <hi rendition="#fr">wunderlichen Eyfer,</hi> und die<lb/>
Mu&#x0364;he, &#x017F;o wir gehabt haben, dich auf andere Gedan-<lb/>
cken zu bringen, lachen: Und wird er dann ja end-<lb/>
lich bo&#x0364;&#x017F;e, &#x017F;o wird er doch nicht um einer <hi rendition="#fr">alten</hi> und<lb/><hi rendition="#fr">verja&#x0364;hrten</hi> Beleidigung, Ha&#x0364;ndel mit dir anfan-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gen;</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[402/0494] (o) wenn es das Gluͤck nicht ſo ſonderbar gefuͤget haͤtte, daß er eben jetzo abweſend, nicht Gefahr laufen, an die- ſem frohen Tage zwey der wuͤrdigſten Glieder unſe- rer Geſellſchaft auf einmahl einzubuͤſſen? Oder, wel- ches faſt eben ſo arg, das gute Verſtaͤndniß zwi- ſchen dir, und dem Hrn. von Boxhorn, ſo zur Aufnah- me unſerer Geſellſchaft unumgaͤnglich noͤthig iſt, auf ewig geſtoͤret zu ſehen? Noch ſind wir vor dieſem Un- gluͤck nicht gaͤntzlich ſicher: Denn was will daraus werden, wann dem Herrn von Boxhorn zu Ohren koͤmmt, was du ihm vor ſchoͤne Ehren-Titel beyge- leget haſt? Von mir ſoll ers gewiß nicht erfahren. Jch werde ihm auch, werther Philippi, dein verſiegeltes Hand-Schreiben noch vor der Hand nicht zuſchi- cken, weil ich beſorge, es moͤchten gleichfals Anzuͤg- lichkeiten darinn ſeyn, die zu einem Streit, zwiſchen euch beyden, Anlaß geben moͤchten, von welchem nie- mand mehr Schaden haben wuͤrde, als unſere loͤbli- che Geſellſchaft: Und ich habe das Vertrauen zu unſern hier gegenwaͤrtigen Mit-Bruͤdern, ſie werden gleichfals reinen Mund halten. Wann der Herr von Boxhorn, nach Verlauf ei- niger Jahre, denn ſo lange wird ſeine Geſandſchaft wohl waͤhren, wieder in unſerer Verſammlung er- ſcheinet, werden wir ihm das, was heute hier vorge- gangen, fuͤglicher beybringen koͤnnen. Er wird ſich alsdann nicht ſo ſehr uͤber dein Schelten entruͤſten, als uͤber deinen wunderlichen Eyfer, und die Muͤhe, ſo wir gehabt haben, dich auf andere Gedan- cken zu bringen, lachen: Und wird er dann ja end- lich boͤſe, ſo wird er doch nicht um einer alten und verjaͤhrten Beleidigung, Haͤndel mit dir anfan- gen;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Die Verlagsangabe wurde ermittelt (vgl. http://op… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/494
Zitationshilfe: [Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/494>, abgerufen am 22.11.2024.