hangs der Urheile, und einer Bündigkeit in den Schlüssen, und endlich von der Rühnheit, mit welcher wir über alles, was in der Welt heilig und ehrwürdig ist, herfahren, als wenn er viele Jahre unter uns zugebracht hätte? Diese Erkänntniß unse- rer Verfassung, welche du, theurer Philippi, von dir blicken lässet, erfüllet unsere Hertzen mit einer unaus- sprechlichen Freude. Denn es ist unmöglich, aller- liebster Philippi, daß du eine Gesellschaft hassen könn- test, deren Hochachtung gegen dich so groß ist, daß sie durch ihre Gesetze alle ihre Glieder zur Nachahmung deiner ausserordentlichen Schreib-Art verbin- det. Bedencke aber einmahl, können die vier letzten Gesetze, die du im Geiste gesehen hast, und die wir vor die unsern erkennen, wohl einen andern Endzweck ha- ben? Sind sie nicht aus deinen, uns so lieben, Schrif- ten genommen?
Es scheinet fast, theurer Philippi, als wenn du die- ses erkennetest. Denn du tadelst nicht ein einziges, und wenn du vorgiebst, du erschreckest bey Erbli- ckung unsers Gesetzes, welches, nach deiner Rechnung, das siebende ist, über unsere Kühnheit; so glauben wir, dieses Erschrecken sey mehr eine Frucht deiner, auch wider deinen Willen sich in dir regenden, Nei- gung zu uns, deinen dir so ähnlichen Brüdern, als ein Zeichen, daß dir unsere Kühnheit mißfalle.
Es ist dieses nicht zu vermuthen von einem Manne, der mit Fug unter die kühnesten und verwegen- sten Scribenten seiner Zeit gerechnecht werden kan. Mit was vor Dreistigkeit, hast du nicht, hertzhaf- ter Philippi, dem Churhause Sachsen die Stifter
Mer-
(o)
hangs der Urheile, und einer Buͤndigkeit in den Schluͤſſen, und endlich von der Ruͤhnheit, mit welcher wir uͤber alles, was in der Welt heilig und ehrwuͤrdig iſt, herfahren, als wenn er viele Jahre unter uns zugebracht haͤtte? Dieſe Erkaͤnntniß unſe- rer Verfaſſung, welche du, theurer Philippi, von dir blicken laͤſſet, erfuͤllet unſere Hertzen mit einer unaus- ſprechlichen Freude. Denn es iſt unmoͤglich, aller- liebſter Philippi, daß du eine Geſellſchaft haſſen koͤnn- teſt, deren Hochachtung gegen dich ſo groß iſt, daß ſie durch ihre Geſetze alle ihre Glieder zur Nachahmung deiner auſſerordentlichen Schreib-Art verbin- det. Bedencke aber einmahl, koͤnnen die vier letzten Geſetze, die du im Geiſte geſehen haſt, und die wir vor die unſern erkennen, wohl einen andern Endzweck ha- ben? Sind ſie nicht aus deinen, uns ſo lieben, Schrif- ten genommen?
Es ſcheinet faſt, theurer Philippi, als wenn du die- ſes erkenneteſt. Denn du tadelſt nicht ein einziges, und wenn du vorgiebſt, du erſchreckeſt bey Erbli- ckung unſers Geſetzes, welches, nach deiner Rechnung, das ſiebende iſt, uͤber unſere Kuͤhnheit; ſo glauben wir, dieſes Erſchrecken ſey mehr eine Frucht deiner, auch wider deinen Willen ſich in dir regenden, Nei- gung zu uns, deinen dir ſo aͤhnlichen Bruͤdern, als ein Zeichen, daß dir unſere Kuͤhnheit mißfalle.
Es iſt dieſes nicht zu vermuthen von einem Manne, der mit Fug unter die kuͤhneſten und verwegen- ſten Scribenten ſeiner Zeit gerechnecht werden kan. Mit was vor Dreiſtigkeit, haſt du nicht, hertzhaf- ter Philippi, dem Churhauſe Sachſen die Stifter
Mer-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0475"n="383"/><fwplace="top"type="header">(<hirendition="#aq">o</hi>)</fw><lb/><hirendition="#fr">hangs der Urheile,</hi> und einer <hirendition="#fr">Buͤndigkeit in den<lb/>
Schluͤſſen,</hi> und endlich von der <hirendition="#fr">Ruͤhnheit,</hi> mit<lb/>
welcher wir uͤber alles, was in der Welt <hirendition="#fr">heilig</hi> und<lb/><hirendition="#fr">ehrwuͤrdig</hi> iſt, herfahren, als wenn er viele Jahre<lb/>
unter uns zugebracht haͤtte? Dieſe Erkaͤnntniß unſe-<lb/>
rer Verfaſſung, welche du, theurer Philippi, von dir<lb/>
blicken laͤſſet, erfuͤllet unſere Hertzen mit einer unaus-<lb/>ſprechlichen Freude. Denn es iſt unmoͤglich, aller-<lb/>
liebſter Philippi, daß du eine Geſellſchaft haſſen koͤnn-<lb/>
teſt, deren Hochachtung gegen dich ſo groß iſt, daß ſie<lb/>
durch ihre Geſetze alle ihre Glieder zur Nachahmung<lb/>
deiner <hirendition="#fr">auſſerordentlichen Schreib-Art</hi> verbin-<lb/>
det. Bedencke aber einmahl, koͤnnen die <hirendition="#fr">vier letzten<lb/>
Geſetze,</hi> die du im Geiſte geſehen haſt, und die wir vor<lb/>
die unſern erkennen, wohl einen andern Endzweck ha-<lb/>
ben? Sind ſie nicht aus deinen, uns ſo lieben, Schrif-<lb/>
ten genommen?</p><lb/><p>Es ſcheinet faſt, theurer Philippi, als wenn du die-<lb/>ſes erkenneteſt. Denn du tadelſt nicht ein einziges,<lb/>
und wenn du vorgiebſt, du erſchreckeſt bey Erbli-<lb/>
ckung unſers Geſetzes, welches, nach deiner Rechnung,<lb/>
das <hirendition="#fr">ſiebende</hi> iſt, uͤber unſere Kuͤhnheit; ſo glauben<lb/>
wir, dieſes <hirendition="#fr">Erſchrecken</hi>ſey mehr eine Frucht deiner,<lb/>
auch wider deinen Willen ſich in dir regenden, <hirendition="#fr">Nei-<lb/>
gung</hi> zu uns, deinen dir ſo <hirendition="#fr">aͤhnlichen Bruͤdern,</hi> als<lb/>
ein Zeichen, daß dir unſere Kuͤhnheit mißfalle.</p><lb/><p>Es iſt dieſes nicht zu vermuthen von einem Manne,<lb/>
der mit Fug unter die <hirendition="#fr">kuͤhneſten</hi> und <hirendition="#fr">verwegen-<lb/>ſten Scribenten</hi>ſeiner Zeit gerechnecht werden kan.<lb/>
Mit was vor <hirendition="#fr">Dreiſtigkeit,</hi> haſt du nicht, <hirendition="#fr">hertzhaf-<lb/>
ter</hi> Philippi, dem <hirendition="#fr">Churhauſe Sachſen</hi> die <hirendition="#fr">Stifter</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">Mer-</hi></fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[383/0475]
(o)
hangs der Urheile, und einer Buͤndigkeit in den
Schluͤſſen, und endlich von der Ruͤhnheit, mit
welcher wir uͤber alles, was in der Welt heilig und
ehrwuͤrdig iſt, herfahren, als wenn er viele Jahre
unter uns zugebracht haͤtte? Dieſe Erkaͤnntniß unſe-
rer Verfaſſung, welche du, theurer Philippi, von dir
blicken laͤſſet, erfuͤllet unſere Hertzen mit einer unaus-
ſprechlichen Freude. Denn es iſt unmoͤglich, aller-
liebſter Philippi, daß du eine Geſellſchaft haſſen koͤnn-
teſt, deren Hochachtung gegen dich ſo groß iſt, daß ſie
durch ihre Geſetze alle ihre Glieder zur Nachahmung
deiner auſſerordentlichen Schreib-Art verbin-
det. Bedencke aber einmahl, koͤnnen die vier letzten
Geſetze, die du im Geiſte geſehen haſt, und die wir vor
die unſern erkennen, wohl einen andern Endzweck ha-
ben? Sind ſie nicht aus deinen, uns ſo lieben, Schrif-
ten genommen?
Es ſcheinet faſt, theurer Philippi, als wenn du die-
ſes erkenneteſt. Denn du tadelſt nicht ein einziges,
und wenn du vorgiebſt, du erſchreckeſt bey Erbli-
ckung unſers Geſetzes, welches, nach deiner Rechnung,
das ſiebende iſt, uͤber unſere Kuͤhnheit; ſo glauben
wir, dieſes Erſchrecken ſey mehr eine Frucht deiner,
auch wider deinen Willen ſich in dir regenden, Nei-
gung zu uns, deinen dir ſo aͤhnlichen Bruͤdern, als
ein Zeichen, daß dir unſere Kuͤhnheit mißfalle.
Es iſt dieſes nicht zu vermuthen von einem Manne,
der mit Fug unter die kuͤhneſten und verwegen-
ſten Scribenten ſeiner Zeit gerechnecht werden kan.
Mit was vor Dreiſtigkeit, haſt du nicht, hertzhaf-
ter Philippi, dem Churhauſe Sachſen die Stifter
Mer-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/475>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.