wohl, daß an der Decke unsers Saals nichts, als die Bildnisse des Schutz-Gottes, und des Stif- ters unserer Gesellschaft, des grossen Pans,/ und des phrygischen Königes Midas, zu sehen sind. Wir haben vor gut befunden, zwey Fächer der De- cke unsers Saals mit diesen erbaulichen Gemähl- den zu zieren, und wofern es uns erlaubt ist, grosser Philippi, so werden wir dich dem allerdurchlauchtig- sten Stifter unserer Gesellschaft zur Seite setzen, weil niemand demselben in seinen Urtheilen näher kömmt, als du. Noch zur Zeit aber sind die übrigen Fächer der Decke unsers Saals weiß und leer, und es ist uns nimmer in den Sinn gekommen, dieselbe mit un- sern Gesetzen auszufüllen.
Urtheile demnach selber, mit was vor Ehrfurcht wir dich hier wachend träumen gesehen? Du hast Gesichter, O grosser Mann! und bekräftigest uns in den Gedancken, daß du den Geist der Weissa- gung habest. Wie sehr du auch, aus Bescheiden- heit, diese ausserordentliche, und in diesen letzten Zeiten so seltene und verdächtige Gabe verbir- gest, so haben wir doch in deinen Schriften einige Spuren derselben gefunden, und der heilige Kol- ler, in welchen du hier vor unsern Augen gerathen, überführt uns völlig, daß du ein Prophet bist.
Denn, grosser Philippi, wärest du Meister von dir selbst gewesen, und wäre nicht deine Zunge von dem dich reissenden Geiste regieret worden, so wür- dest du unstreitig menschlich und verständlich mit uns geredet haben. Aber so blendet uns die Ma- jestät deines Vortrags so sehr, daß wir nicht wissen was du haben wilt. Du sprichst: Unser erstes Gesetz
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wohl, daß an der Decke unſers Saals nichts, als die Bildniſſe des Schutz-Gottes, und des Stif- ters unſerer Geſellſchaft, des groſſen Pans,/ und des phrygiſchen Koͤniges Midas, zu ſehen ſind. Wir haben vor gut befunden, zwey Faͤcher der De- cke unſers Saals mit dieſen erbaulichen Gemaͤhl- den zu zieren, und wofern es uns erlaubt iſt, groſſer Philippi, ſo werden wir dich dem allerdurchlauchtig- ſten Stifter unſerer Geſellſchaft zur Seite ſetzen, weil niemand demſelben in ſeinen Urtheilen naͤher koͤmmt, als du. Noch zur Zeit aber ſind die uͤbrigen Faͤcher der Decke unſers Saals weiß und leer, und es iſt uns nimmer in den Sinn gekommen, dieſelbe mit un- ſern Geſetzen auszufuͤllen.
Urtheile demnach ſelber, mit was vor Ehrfurcht wir dich hier wachend traͤumen geſehen? Du haſt Geſichter, O groſſer Mann! und bekraͤftigeſt uns in den Gedancken, daß du den Geiſt der Weiſſa- gung habeſt. Wie ſehr du auch, aus Beſcheiden- heit, dieſe auſſerordentliche, und in dieſen letzten Zeiten ſo ſeltene und verdaͤchtige Gabe verbir- geſt, ſo haben wir doch in deinen Schriften einige Spuren derſelben gefunden, und der heilige Kol- ler, in welchen du hier vor unſern Augen gerathen, uͤberfuͤhrt uns voͤllig, daß du ein Prophet biſt.
Denn, groſſer Philippi, waͤreſt du Meiſter von dir ſelbſt geweſen, und waͤre nicht deine Zunge von dem dich reiſſenden Geiſte regieret worden, ſo wuͤr- deſt du unſtreitig menſchlich und verſtaͤndlich mit uns geredet haben. Aber ſo blendet uns die Ma- jeſtaͤt deines Vortrags ſo ſehr, daß wir nicht wiſſen was du haben wilt. Du ſprichſt: Unſer erſtes Geſetz
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wohl, daß an der Decke unſers Saals nichts, als die
Bildniſſe des Schutz-Gottes, und des Stif-
ters unſerer Geſellſchaft, des groſſen Pans,/ und
des phrygiſchen Koͤniges Midas, zu ſehen ſind.
Wir haben vor gut befunden, zwey Faͤcher der De-
cke unſers Saals mit dieſen erbaulichen Gemaͤhl-
den zu zieren, und wofern es uns erlaubt iſt, groſſer
Philippi, ſo werden wir dich dem allerdurchlauchtig-
ſten Stifter unſerer Geſellſchaft zur Seite ſetzen, weil
niemand demſelben in ſeinen Urtheilen naͤher koͤmmt,
als du. Noch zur Zeit aber ſind die uͤbrigen Faͤcher
der Decke unſers Saals weiß und leer, und es iſt uns
nimmer in den Sinn gekommen, dieſelbe mit un-
ſern Geſetzen auszufuͤllen.
Urtheile demnach ſelber, mit was vor Ehrfurcht wir
dich hier wachend traͤumen geſehen? Du haſt
Geſichter, O groſſer Mann! und bekraͤftigeſt uns
in den Gedancken, daß du den Geiſt der Weiſſa-
gung habeſt. Wie ſehr du auch, aus Beſcheiden-
heit, dieſe auſſerordentliche, und in dieſen letzten
Zeiten ſo ſeltene und verdaͤchtige Gabe verbir-
geſt, ſo haben wir doch in deinen Schriften einige
Spuren derſelben gefunden, und der heilige Kol-
ler, in welchen du hier vor unſern Augen gerathen,
uͤberfuͤhrt uns voͤllig, daß du ein Prophet biſt.
Denn, groſſer Philippi, waͤreſt du Meiſter von
dir ſelbſt geweſen, und waͤre nicht deine Zunge von
dem dich reiſſenden Geiſte regieret worden, ſo wuͤr-
deſt du unſtreitig menſchlich und verſtaͤndlich
mit uns geredet haben. Aber ſo blendet uns die Ma-
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[Liscow, Christian Ludwig]: Samlung Satyrischer und Ernsthafter Schriften. Frankfurt u. a., 1739, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/liscow_samlung_1739/465>, abgerufen am 22.11.2024.
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